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Nach den Enthüllungen der „Paradise Papers“ hatte sich die EU den Kampf gegen Steuerflucht und Geldwäsche auf die Fahnen geschrieben. Passiert ist bislang zu wenig.
Bild: briefkastenfirma von Attac Admin lizenziert unter CC BY 2.0
Der Begriff „Steueroase“ weckt schillernde Assoziationen, dabei ist die Realität der Briefkastenfirmen und Unternehmenskonstruktionen recht profan. So hatte der kürzlich verstorbene IKEA-Gründer Ingvar Kamprad sein Vermögen nicht etwa auf exotischen Inseln versteckt, sondern privat lange in der Schweiz gelebt und in den Niederlanden eine steuerlich begünstigte Firma namens „Inter Ikea Systems“ gegründet, der alle IKEA-Niederlassungen Lizenzgebühren bezahlen, um Gewinn und Steuerlast zu drücken. In der aktuellen Rangliste der Schattenfinanzplätze des Netzwerks Steuergerechtigkeit liegt die Schweiz auf Platz eins, die Niederlande auf Platz vierzehn – und Deutschland auf Platz sieben.
Die „Panama Papers“ hatten 2016 für Furore gesorgt. Detailliert listeten sie die Steuertricks zahlreicher Politiker, Prominenter und Wirtschaftsgrößen auf. Die 2017 nachgeschobenen „Paradise Papers“ ergänzten das Bild. Die EU kündigte ein entschlossenes Vorgehen gegen Steuerflucht, Geldwäsche und Steueroasen an. Im Dezember 2017 veröffentlichte sie eine schwarze Liste mit 17 Staaten – die sie im Januar aber schon wieder auf neun zusammenstrich. Dabei gehen Schätzungen davon aus, dass zwischen sieben und 32 Billionen Dollar in Schattenfinanzplätzen geparkt sind, wodurch weltweit jährlich ein dreistelliger Milliardenbetrag an Steuern verlorengeht. Die Geldzuflüsse in Schattenfinanzplätze steigen weiterhin. Die Kampfansage der Politik ist bisher ein Rohrkrepierer.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Das Geld fehlt für öffentliche Investitionen in Bildung, Gesundheit oder Infrastruktur – Grundpfeiler eines Gemeinwesens, die wiederum für Einzelne die Rahmenbedingungen schaffen, um wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Nun hat die EU zwar mit dem automatischen Austausch von Steuerinformationen schon einen wichtigen Schritt getan, während Deutschland etwa mit dem Ankauf von Steuer-CDs Schlagzeilen machte. Die Bilanz einer von Markus Henn für die Friedrich-Ebert-Stiftung verfassten Studie zu Steuerflucht zeigt aber, dass die bisherigen Maßnahmen noch lange nicht ausreichen.
Als Handhabe gegen individuelle Steuerhinterziehung und Geldwäsche fordert die Studie Verbesserungen bei der Automatisierung des internationalen Informationsaustauschs zu Vermögen und Steuerdaten, Klarheit für Banken, mit wem als „wirtschaftlich Berechtigtem“ sie Geschäfte machen, mehr Transparenz bei der Eigentümer- und Begünstigtenstruktur von Firmen, Stiftungen oder Trusts und die Stärkung von Steuerverwaltungen. Bei der fairen Besteuerung internationaler Unternehmen gilt es zunächst, Verrechnungspreise und Zinsen für unternehmensinterne Geschäfte neu zu regeln und Zwischengesellschaften, also Briefkastenfirmen, auszuschalten. Quellensteuern, die Erträge am Ursprungsort statt am Unternehmenshauptsitz besteuern, und Wegzugssteuern auf die Verlagerung von Hauptsitzen in Niedrigsteuerländer sollten gestärkt werden. Darüber hinaus könnte eine Gesamtkonzernsteuer eingeführt werden, die durch eine Komplettbetrachtung von Konzerngewinnen abenteuerliche Unternehmenskonstruktionen zwischen mehreren nationalen Steuersystemen unattraktiv macht.
Außerdem sollten Steuerabkommen nicht länger ausgenutzt werden können und multilateral gestaltet werden. Steuerwettbewerb zwischen Staaten und das Beharren jedes Landes auf seinen Regulierungsvorteilen muss aufhören. Ohne entschlossene und geschlossene internationale Zusammenarbeit wird sich also kein Land entscheidend bewegen. Markus Henn stellt daher die Möglichkeit des Scheiterns aller Bemühungen in den Raum. Als hochentwickelter Binnenmarkt wäre zunächst einmal die EU gefragt, ihren internen Steuerwettbewerb zu beenden. Immerhin hat die SPD das Problem der Steuergerechtigkeit in Europa erkannt und in den Sondierungsgesprächen für eine große Koalition auf eine Vereinheitlichung der Unternehmenssteuer in der EU über Mindestsätze gedrängt.
Ansprechpartner in der Stiftung
René Bormann
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