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Emmanuel Macron hat Marine Le Pen finsteren Weg zurück in eine nationalistische Vergangenheit wirtschaftlicher und kultureller Abschottung verhindert – zumindest vorerst. Doch wird Frankreich damit wieder eine progressive Kraft in Europa?
Bild: Eiffelturm von Alfvanbeem lizenziert unter CC0 1.0
Brexit, Ungarn und Polen auf dem Weg in die „illiberale Demokratie“, Le Pen – viele haben den Super-GAU, Europas Ende, schon kommen sehen. Stattdessen: Österreich und Alexander Van der Bellen, die Niederlande und Mark Rutte, Frankreich und Emmanuel Macron – alles wird gut, die Populisten können besiegt werden! Jedes Wahlergebnis wird gerade gefürchtet, auf den Gesamtzustand Europas oder der Welt projiziert, zu Apokalypse oder Rettung stilisiert. Emmanuel Macron hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er für mehr Europa ist, die Moral aus der Geschicht‘ scheint also zu lauten: Mit proeuropäische Positionen können doch Wahlen gewonnen werden!
Die Seufzer der Erleichterung dürfen nicht vergessen lassen, dass die wirtschaftliche Lage, die Ängste und das Misstrauen derjenigen, die gar nicht, ungültig oder Le Pen gewählt haben, mit dem Wahlabend nicht aus der Welt sind. Macron kommt in der politischen Realität einer gespaltenen französischen Gesellschaft, kontroverser wirtschaftspolitischer Reformen und des permanenten Ausnahmezustandes an. Er spricht zwar von einem „europäischen Traum“, muss aber erst einmal zuhause anpacken. Seine Pläne für Europa ähneln teils denen seines glücklosen Amtsvorgängers Francois Hollande, teils sind sie noch offen. Eine von der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierte Podiumsdiskussion in Hannover versuchte am Tag nach der Wahl in Frankreich, die europäischen Perspektiven einzuordnen.
In der Diskussionsrunde wurde betont, dass Macron die Zusammenarbeit mit Deutschland suchen wird und damit das deutsch-französische Tandem als europäischen Integrationsmotor wieder wichtiger werden könnte. Hier steht neben der Wirtschaftspolitik eine Weiterentwicklung der Außen- und Verteidigungspolitik der EU im Fokus. Die Bundesregierung wird dafür aufgeschlossen sein, nicht zuletzt, um als „widerwilliger Hegemon“ ihre neue Machtfülle und damit Verantwortung in Europa zu teilen. Anders als Angela Merkels und Wolfgang Schäubles sofortige reflexhafte Ablehnung eines europäischen Finanzministers, muss Deutschland Macron in wirtschaftspolitischen Fragen, insbesondere auch bei europäischen Investitionsprogrammen und dem Umgang mit Staatsschulden, entgegenkommen. Das Konfliktpotential mit der deutschen finanzpolitischen Orthodoxie liegt auf der Hand. Die Alternative wäre aber, dass Frankreich den Schulterschluss mit den südlichen Mitgliedstaaten sucht, Deutschland mauert und Europa nicht vom Fleck kommt.
Abseits der verfahrenen Diskussion um eine sozialere europäische Wirtschaftsordnung gibt Macrons Schwung Anlass zur Hoffnung auf mehr Optimismus in der EU. In den österreichischen, niederländischen und französischen Wahlen, in zunehmender Reue über des Brexits oder in leichten Popularitätszuwächsen der EU eine Wende sehen zu wollen, ist trügerisch. Optimismus nach Macrons Vorbild bedeutet, Begriffe wie Souveränität und Patriotismus oder die Kritik an politischen und institutionellen Fehlentwicklungen der europäischen Integration positiv und kreativ zu besetzen – und sie nicht der destruktiven, pessimistischen Fundamentalopposition der Populisten zu überlassen.
Macrons Wahlprogramm schlägt mehrmonatige Konsultationsphasen in allen EU-Mitgliedstaaten zwischen Regierung und Bevölkerung vor, um Europas Zukunft zu beraten. Er selbst hat mit „En Marche!“ eine positive, europafreundliche Bewegung geschaffen. Mehr Bürgerbeteiligung hat sich die EU schon lange auf die Fahnen geschrieben, und wenn Bewegungen aus der Bevölkerung heraus Startschwierigkeiten haben, ist es gut, wenn sie „von oben“ gefördert werden. Breite Bewegungen, die über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg Europas Zukunft diskutieren und mitgestalten, bleiben immer noch ein fehlendes Puzzleteil europäischer Demokratie.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Urban Überschär
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