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So sagte es Sigmar Gabriel auf der Westbalkan-Konferenz 2014 in Berlin. Doch scheint dies noch ein weiter Weg: In Belgrad wurde darüber diskutiert, wie dem EU-Beitrittsprozess in der Region neuer Schwung gegeben werden kann.
Bild: Bild: Zug Pristina Urheber: Wingtip Lizenz: Public Domain
Nachdem 2003 in Thessaloniki den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens und Albanien (ohne Kroatien und Slowenien) eine definitive Beitrittsperspektive versprochen wurde, stockt der Prozess nun seit geraumer Zeit. Die Gründe hierfür sind in erster Linie die problematischen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in den Westbalkan-Staaten wie auch die Erweiterungsmüdigkeit der EU. Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb ein Positionspapier erarbeitet, das Eckpunkte für eine erneuerte pro-europäische Initiative in der Region liefert.
Am 7. Februar 2016 fand dazu die Tagung „Die Europäische Idee auf dem Westbalkan festigen“ statt, um das Positionspapier vor Ort zu diskutieren. Organisiert wurde sie vom örtlichen Büro der FES in Zusammenarbeit mit dem Belgrade Fund for Political Excellence, eine Belgrader NGO, die sich insbesondere für die politische Bildung von Nachwuchskräften engagiert. Angereist waren aus der Region hochrangige Vertreter_innen aus Politik, Wissenschaft, Diplomatie sowie der Zivilgesellschaft. Aus Berlin waren Josip Juratović, MdB, gekommen, der zu den Autoren des Positionspapiers gehört sowie der Hamburger Metin Hakverdi, MdB. Auf drei Feldern gilt es demnach, die Initiative zurückzugewinnen: erstens, den EU-Beitrittsprozess im engeren Sinn neu zu beleben; zweitens, der wirtschaftlichen Entwicklung neue Impulse zu geben; und drittens, Demokratie und Zivilgesellschaft zu stärken.
Vor allem der dritte Punkt liegt Heinz Albert Huthmacher, Leiter des Belgrader FES-Büros am Herzen, denn, so Huthmacher: „Der EU-Beitritt darf kein Elitenprojekt sein!". Aus diesem Grund nahm sich eines der Panels explizit der besonderen Bedeutung von Zivilgesellschaft und Demokratie an. Die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure wurde denn auch in den zahlreichen Medienberichten in Print und Fernsehen hervorgehoben. Stichwort Medien: Hier liegt sicher eines der entscheidenden Handlungsfelder, denn unabhängige Medien haben in letzter Zeit einen immer schwereren Stand. Direkte und indirekte Einflussnahme nehmen zu – ein Indikator für wachsende autoritäre Tendenzen in der Region, was auch in Berlin und Brüssel berücksichtigt werden muss.
Das zweite Veranstaltungspanel befasste sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region. Auch in diesem Bereich stagnierte es in letzter Zeit, nachdem es zuvor leicht positive Anzeichen gegeben hatte. Aber politische Stabilität – und eine echte Beitrittsperspektive – kann es nur geben, wenn auch die wirtschaftlichen Grundlagen dafür gegeben sind. Serbiens Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um nur 0,8 Prozent gewachsen, das Pro-Kopf-Einkommen hat nicht einmal das Niveau der 1980er Jahre. Verständlicherweise macht sich in der Region Ernüchterung breit und es wird gefragt, ob es überhaupt vorwärtsgeht.
Umso wichtiger sind die Impulse von außen. Infrastrukturprojekte in der Region, gerade auch mit Förderung der EU, wie etwa der Ausbau der Verkehrskorridore, können hier einen Beitrag leisten sowie die Kooperation innerhalb der Region stärken. Ansonsten holen sich internationale Investoren die Aufträge, mit teils desaströsen Konsequenzen für Zivilgesellschaft, Wirtschaft und politische Kultur gleichermaßen, wie das Beispiel Belgrade Waterfront zeigt. Hier soll der Reißbrett-Fantasie einer Investorengruppe aus Abu Dhabi ein ganzer Stadtteil weichen, ohne Rücksicht auf die tatsächlichen wirtschaflichen Bedürfnisse vor Ort und gewachsene Sozialstrukturen – oder auch nur Erfolgsaussichten der Unternehmung.
Doch bei all den wichtigen Fragen hinsichtlich der wirtschaftlichen Fakten und der politischen Perspektiven sollte die „europäische Idee“ nicht vergessen werden. Oder, in den Worten Zoran Djindjics, des ersten demokratischen und tragisch ermorderten Ministerpräsidenten Serbiens: „Europa braucht eine Seele“. Ein bisschen Pathos kann sicher helfen, wenn es darum geht, dass Europa nicht seine Gemeinsamkeiten vergisst.
Links:
Das Positionspapier: Die Europäische Idee auf dem Westbalkan stärken der SPD-Bundestagsfraktion (auf Englisch, Deutsch und Serbo-Kroatisch verfügbar).
Felix Henkel und Bert Hoppe (Hrsg), Flucht und Migration: Debattenbeiträge aus den Ländern des Westbalkans, FES 2015
Dane Taleski und Bert Hoppe, Jugendliche in Osteuropa: Lost in Transition, FES 2015 Zwischen 2011 und 2014 wurden in 8 Ländern Südosteuropas und des Westbalkans repräsentative Jugendstudien durchgeführt. Ein Fazit: Viele Jugendliche wollen ihr Land verlassen.
Internationale Politik, Natasha Wunsch, 01.01.2016: Der Artikel „Doppelt unter Druck“ stellt die EU-Perspektive und wirtschaftliche Unterstützung für den Westbalkan in den Kontext der jüngsten Migrationen in der Region.
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