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Das Klimafinanzierungziel bleibt weit hinter dem Nötigen zurück. Auch sonst sind die Ergebnisse mager, geprägt von der wachsenden Unfähigkeit, gemeinsam Lösungen zu erzielen.
In Baku wurde ein Minimalkonsens erzielt und der drohende Kollaps der multilateralen Klimapolitik gerade noch abgewendet. Zwar war man sich einig bei der Quantifizierung des internationalen Finanzierungsbedarfs von jährlich 1,3 Billionen US-Dollar im Globalen Süden. Allerdings reichte die Kompromissbereitschaft sowohl der Industriestaaten als auch der Schwellenländer einschließlich der Erdöl- und Erdgas-Exporteure nicht aus, eine tragfähige und faire Lösung zu finden. Das legt schonungslos offen, dass das auf Freiwilligkeit beruhende Pariser Abkommen nur funktioniert, wenn alle Vertragsstaaten genügend politischen Willen aufbringen, dessen Ziele zu erreichen. Dass dies zunehmend weniger der Fall ist und die fossilen Profiteure immer ungenierter die Verhandlungen torpedieren, unterminiert das Vertrauen in den Multilateralismus, vertieft die Gräben und wirft dunkle Schatten voraus.
Das neue Klimafinanzierungsziel beläuft sich zwar auf 1,3 Billionen US-Dollar jährlich bis 2035, ist bislang aber nur mit einer Zusage von 300 Milliarden pro Jahr seitens der Industrieländer unterlegt. Hinzu kommt, dass auf diese Kernquote neben Zuschüssen und vergünstigten Krediten auch alle anderen, vor allem private Investitionen angerechnet werden können, die durch öffentliche Mittel gehebelt bzw. kofinanziert werden. Um die Lücke zu den 1,3 Billionen zu schließen, wird lediglich an die Kooperation aller Staaten appelliert, u.a. bei der Reform von Weltbank und Internationalem Währungsfonds sowie der Erschließung neuer Finanzierungsquellen. Hierfür wurde eine „Baku to Belém Roadmap to 1,3 trillion“ beschlossen. Zwar war wohl nicht zu erwarten gewesen, dass in Baku verbindliche Beschlüsse über die Bereitstellung von über einer Billion US-Dollar jährlich getroffen werden. Dafür fehlte sowohl den Delegationen als auch der COP das Mandat, etwa mit Blick auf die Reform der internationalen Finanzarchitektur. Gleichwohl wären ambitionierte Absichtserklärungen, mehr Verantwortungsübernahme von China und den Golf-Staaten sowie eine konstruktivere Verhandlungsführung seitens der COP-Präsidentschaft geboten gewesen. Stattdessen wurden die Verhandlungen von Insidern als vergiftet und die Haltung vor allem Saudi-Arabiens als destruktiv geschildert.
Entsprechend ernüchternd fallen auch die anderen Ergebnisse aus: Der „Baku Climate Unity Pact“ ist verglichen mit dem „UAE Consensus“ der vorausgegangenen COP sehr dünn: In Bezug auf Klimaschutz („Mitigation Work Program“) wurde der Status quo nur mit großer Mühe gehalten. Der Operationalisierungsbeschluss zum kompensatorischen Handel von Emissionsminderungsmaßnahmen ist schwach und lässt Greenwashing befürchten. Bei Klimaanpassung wurden rein prozedurale Entscheidungen getroffen. Das Arbeitsprogramm zur Just Transition tritt weiter auf der Stelle, und beim Arbeitsprogramm zum Gender-Aktionsplan kam man über einen Beschluss zu dessen Fortführung für weitere 10 Jahre, jedoch ohne inhaltliche Festlegung, nicht hinaus. Von einem ausbalancierten oder gar ambitionierten Entscheidungspaket im Sinne einer schrittweisen Intensivierung der gemeinsamen Anstrengungen, wie sie das Pariser Abkommen vorsieht, kann keine Rede sein. Das hinterlässt der brasilianischen COP-Präsidentschaft ein schweres Erbe.
Leidtragende sind zuallererst die ärmsten Länder des Globalen Südens, langfristig aber wir alle, denn die Erderwärmung wird weiter zunehmen und immer höhere Schäden verursachen, die an keiner Grenze haltmachen. Resignation ist keine Alternative – die internationale Klimapolitik braucht einen Neustart: Es ist an der Zeit, neue Kooperationsformate zu finden, bei denen die Willigen aus Nord und Süd enger zusammenarbeiten und sich nicht länger darauf verlassen müssen, dass fast 200 Vertragsstaaten mit divergierenden Interessen mehr als nur einen Minimalkonsens erzielen. Das COP-Format bleibt weiter nötig, reicht aber nicht aus, um den Klimawandel einzudämmen und seine Folgen abzumildern. Nur über vertiefte bi- und plurilaterale Kooperationen kann es gelingen, Vertrauen wiederherzustellen und noch größeren Schaden abzuwenden. Hierauf sollte die neue Bundesregierung den Schwerpunkt legen. Der Finanzierungsbedarf wird dadurch nicht kleiner, es besteht aber die Chance, Mittel effektiver einzusetzen und schneller neue finanzielle Quellen zu erschließen. Im Mittelpunkt muss dabei endlich die verursachergerechte Bepreisung von fossilen Energien stehen. Dabei müssen soziale Härten abfedert und faire Wettbewerbsbedingungen sicherstellt werden. Letzteres kann über Grenzausgleichsabgaben für Importe aus Staaten ohne effektive Emissionsabgaben erfolgen. Deren Erlöse könnten in internationale Ausgleichsmechanismen zugunsten von armen Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden fließen. In den Ländern des Globalen Nordens kann ein Klimageld diese Funktion übernehmen.
In Baku war oftmals die Rede von „disenabling factors“, also Faktoren, die die Transformation behindern. Zu den größten Hürden zählen die tektonischen Verschiebungen der Geopolitik hin zu einer neuen Systemkonkurrenz sowie die Abwehrschlacht(en) der fossilen Industrien. Diese können die Transformation zwar verzögern, aber nicht aufhalten. Damit sinken allerdings die Chancen eines gesteuerten und solidarischen Übergangs, was zu Lasten der Schwächsten geht. In dem Maße, in dem die Narrative von Klimagerechtigkeit, Risikovermeidung und vom klimafreundlichen Wohlstand verhallen, wächst die Gefahr, dass das Recht des Stärkeren an die Stelle eines solidarischen Ringens um die beste gemeinsame Lösung tritt. Es ist in unser aller Interesse, diesem Trend rasch und entschieden entgegenzuwirken.
Thomas Hirsch ist Direktor von Climate & Development Advice, einem internationalen Beratungsnetzwerk, das auf Klimaschutz und Entwicklungspolitik spezialisiert ist.
Seit 2008 begleitet und analysiert er die Weltklimakonferenzen: Bei der COP29 auch für die Friedrich-Ebert-Stiftung.
Zentrale Genderkoordinatorin
Dr. Stefanie Elies
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Redaktion
Dorina Spahn
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