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Durch globale Solidarität und gezielten Sozialdialog setzen sich Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen ein – von südafrikanischen Weinplantagen bis hin zu Textilfabriken in Indien und Bananenplantagen in Ecuador.
Wenn südafrikanische Landarbeiter_innen im Weinanbau nicht mehr „unter dem Tisch“, sondern mit ihren Arbeitgeber_innen am Verhandlungstisch sitzen, ist dies ein Durchbruch. Dieser kam nicht von allein: Es benötigte das Engagement von Betriebsrät_innen eines großen deutschen Einzelhandelkonzerns, der einen Großteil seines Weins aus Südafrika bezieht, damit der Sozialdialog zustande kam. Nun haben die Beschäftigten sauberes Trinkwasser.
Indische Textilarbeiter_innen protestierten gegen einen Riesen der internationalen Textilbranche, als Betriebsrät_innen in Deutschland entlassen werden sollten. Als in Bangladesch Näherinnen für angemessene Löhne streikten, meldeten sich Betriebsrät_innen aus Deutschland beim Textilkonzern. Solidarität geht also in beide Richtungen, und sie lässt sich entlang von Wertschöpfungsketten organisieren. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse der Kooperation des Fachbereichs Handel von ver.di mit Näherinnen in Südasien und Lebensmittelproduzent_innen in Brasilien und Südafrika, die Gegenstand der internationalen Konferenz „Solidarität entlang von Wertschöpfungsketten“ von FES, ver.di und TIE am 8. und 9. Oktober war.
Durch jahrelange Beziehungspflege ist es möglich, einen Teil der verantwortlichen Unternehmen zu Verhandlungen zu bewegen, um Missstände vor Ort abzustellen. Damit dies nicht länger vom guten Willen der Unternehmen abhängt, sondern flächendeckend geschieht, betonte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke, wie wichtig es sei, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz konsequent zur Anwendung zu bringen. Nur dann können sich Unternehmen nicht länger von ihrer Verantwortung drücken.
Die Gewerkschaft selbst ist gefordert, dies zu begleiten. Kein leichtes Unterfangen, denn es sind Tausende von Lieferketten, die in den erweiterten Zuständigkeitsbereich des Handels fallen. Hier operative Strukturen zu schaffen und die Gewerkschaftssekretär_innen und Betriebsrät_innen nicht zu überfordern, erfordert gemeinsame Anstrengungen. Denn die Erwartungen sind klar: Gewerkschafter_innen aus Costa Rica und Ecuador betonten, dass eine Zurücknahme des Gesetzes unmittelbare und gravierende Folgen für ihre Kolleg_innen auf den Bananenplantagen hätte. Sie würden eines Schutzes beraubt, unter dem sie jetzt in einem für sie persönlich teilweise gefährlichen Umfeld es wagten, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Das Gesetz sei gleichzeitig Schutzschild und Hebel, so Jorge Acosta von ASTAC aus Ecuador.
Als Mittel, um mit den Unternehmen in den Dialog zu kommen, hat sich das Instrument des Gesundheitsmappings erwiesen. Beschäftigte kommen dabei zusammen und bilden an der Skizze eines menschlichen Körpers ab, unter welchen gesundheitlichen Beschwerden sie leiden. Dabei stellt sich oft heraus: was vorher als individuelles Problem betrachtet wurde, ist ein kollektives Thema. Dies kann im Anschluss gemeinsam bearbeitet und Teil des Forderungskataloges gegenüber dem Unternehmen werden. Auch hier hilft das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, denn wenn sich die Plantagenbesitzer_innen dem Dialog verweigern, kann über eine Vermittlung durch ver.di-Betriebsrät_innen das einkaufende deutsche Handelsunternehmen Druck ausüben. Dass dies oft notwendig ist, zeigt, dass es häufig entlang der Lieferkette eben keine Gewerkschaftsfreiheit und Tarifverhandlungen gibt.
Teilnehmer_innen der Konferenz waren sich zudem einig: der Druck auf Arbeitnehmer_innen steigt überall – in indischen Textilfabriken, deutschen H&M-Filialen oder brasilianischen Orangensaftplantagen. Eine zusätzliche Ursache hierfür sind digitale Anwendungen, die es den Unternehmen ermöglichen, zeitnahe Produktion einzufordern und diese zu steuern sowie die Tätigkeiten der Beschäftigten genau zu erfassen und zu überwachen. Grund genug also, um der Einführung und Anwendung digitaler Technologien Aufmerksamkeit zu schenken, diese zu verhandeln und sich international auszutauschen. Mehr noch: es wäre an der Zeit, für Fragen der Technologienutzung und der Gesundheit am Arbeitsplatz einen transnationalen Verhandlungsraum zu schaffen. So könnten Gewerkschaften in Nord und Süd nicht nur punktuell sondern grundsätzlich über die schwieriger werdenden Arbeitsbedingungen verhandeln.
Mirko Herberg leitet das Projektteam Internationale Gewerkschaftspolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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