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COP27: Die Karibikstaaten fordern gemeinsam Gerechtigkeit angesichts klimabedingter Schäden und Verluste

Für die kleinen Inselstaaten ist die Unterstützung bei klimabedingten Schäden und Verlusten letztlich das, was zumindest aus diplomatischer Sicht der Klimagerechtigkeit am nächsten kommt.

 

Für die Länder der Karibik ist der Weg zur COP27 einer, der nach weit verbreiteter Ansicht zu Klimagerechtigkeit führen muss. Das gilt insbesondere, da das Thema Schäden und Verluste (Loss and Damage) auf der Tagesordnung steht. Denn für die kleinen Inselstaaten ist die Unterstützung bei klimabedingten Schäden und Verlusten letztlich das, was zumindest aus diplomatischer Sicht der Klimagerechtigkeit am nächsten kommt. Dieser Weg wird für die Länder, die sich auf die Versammlungen im ägyptischen Ferienort Scharm El-Scheich vorbereiten, kein einfacher sein, auch wenn die jüngsten politischen Weichenstellungenin der EU und den USA die Erwartungen steigen lassen. 

Vereinfacht ausgedrückt bezieht sich der Begriff „Schäden und Verluste“ auf die Auswirkungen des Klimawandels, die trotz Anpassungs- und Abfederungsmaßnahmen auftreten. Erst kürzlich erklärte António Guterres unmissverständlich, dass eine „Untätigkeit in Bezug auf Schäden und Verluste zu noch mehr Vertrauensverlust und noch mehr Klimaschäden führen wird“.

Guterres bezeichnet die Unterstützung bei Schäden und Verlusten außerdem als „moralische Verantwortung“, insbesondere der reichen G20-Länder, die für etwa 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Die Verhandlungsführer der Karibik teilen Guterres’ Meinung  und werden daher die Finanzierung von Schäden und Verlusten, v.a. angesichts der Sturmfluten der letzten Jahre, ganz oben auf ihre Forderungsliste setzen. Denn die kleinen Inselentwicklungsländer (SIDS) tragen zusammengenommen weniger als ein Prozent zu den gesamten Treibhausgasemissionen der Welt bei, erleben aber mittlerweile jedes Jahr Sturmfluten von noch nie dagewesenem Ausmaß.

Nach einer Analyse von Oxfam wurden die wirtschaftlichen Kosten extremer Wetterereignisse im vergangenen Jahr weltweit auf 329 Milliarden Dollar geschätzt. Das war fast doppelt so viel wie die gesamte Hilfe, die die reichen Nationen in diesem Jahr an die Entwicklungsländer geleistet haben. Oxfam schätzt außerdem, dass sich die Kosten für Schäden und Verluste allein in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf mindestens 290 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen werden und bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu 580 Milliarden Dollar pro Jahr erreichen könnten. Dabei sind in dieser Schätzung noch nicht einmal die nichtwirtschaftlichen Verluste, wie der Verlust von Menschenleben, Kulturen und unserer einzigartigen karibischen Lebensweise, berücksichtigt.

Die Allianz kleiner Inselstaaten, die in diesem Jahr von Antigua und Barbuda angeführt wird, wies kürzlich darauf hin, dass „die Notwendigkeit dieses multilateralen Fonds unter anderem direkt mit der unzureichenden globalen Reaktion in Sachen Klimaschutz in Bezug auf die Ziele des Klimaübereinkommens von Paris zusammenhängt“. Auch der neu ernannte Exekutivsekretär des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), Simon Stiell, der sein Amt in diesem Jahr antreten wird, bezeichnete das Treffen als „die erste Gelegenheit für die Welt Fortschritte nachzuweisen“, seit das Übereinkommen von Paris unterzeichnet wurde. 

Die Gründerin von GirlsCARE in Jamaika, Ayesha Constable, erklärte, dass Klimagerechtigkeit nicht nur bedeute, etwas gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu unternehmen, sondern auch „die Auswirkungen des Kolonialismus anzugehen“ und „die Handlungsverantwortung kolonialen Schultern aufzubürden“. „Wir wollen Klimaschutzmaßnahmen, die die Bedürfnisse aller Länder und Gruppen berücksichtigen. Wir wollen Finanzmittel, die nicht an den wirtschaftlichen Status der SIDS, sondern an ihre Klimaanfälligkeit geknüpft sind, und wir wollen Technologien, die nicht in Europa entwickelt und patentiert werden und den SIDS nur durch hochverzinsliche Zuschüsse von Entwicklungsbanken zur Verfügung stehen", erklärte Ayesha. In der Karibik haben zivilgesellschaftliche Gruppen dasselbe Ziel vor Augen wie Ayesha. Sie  drängen nun verstärkt darauf, die Gespräche über Klimagerechtigkeit auszuweiten und fordern die Regierungen nachdrücklich dazu auf, Klimagerechtigkeit in die Praxis umzusetzen. Ayesha und viele andere junge Wortführer_innen in der Karibik wünschen sich, dass unsere Staats- und Regierungschef_innen sowie Führungsverantwortliche „nicht davor zurückschrecken, sich auf höchster diplomatischer Ebene für Gerechtigkeit einzusetzen“.

Letztes Jahr haben Antigua und Barbuda gemeinsam mit Tuvalu eine Kommission kleiner Inselstaaten für Klimawandel und Völkerrecht gegründet. Deren Ziel ist es, Schadenersatzansprüche vor internationalen Gerichten geltend zu machen. Diese Woche kündigte die Republik Vanuatu an, dass auch sie ihre Pläne weiter verfolgt, ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) einzuholen, um so die Staaten zu drängen, die Rechte gegenwärtiger und künftiger Generationen vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. In vielerlei Hinsicht symbolisiert diese Verlagerung in ein anderes Forum die Frustration dieser Staaten als auch den Mangel an Fortschritten in Bezug auf Schäden und Verluste im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen bis heute. Ich hoffe, dass wir in Scharm El-Scheich auf die so dringend benötigten Finanzmittel drängen und einen kleinen Schritt in Richtung Gerechtigkeit machen können.

 

Dizzanne Billy, Trinidad und Tobago

Dizzanne Billy ist eine Umweltschützerin und freie Autorin aus Trinidad und Tobago, die die Erweiterung von Climate Tracker in den karibischen Raum federführend mitgestaltet und die dazugehörige Gruppe der Stipendiat_innen bei der COP27 leitet.

Ansprechpartnerin

Yvonne Blos
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