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Die Aktivistin Pat Black kämpft für mehr Sichtbarkeit vulnerabler und marginalisierter Gruppen, denn diese sind von den Folgen der COVID-19 Pandemie am meisten betroffen. Ein neuer W7-Blogbeitrag der FES.
Weltweit hatte die COVID-19-Pandemie immense Auswirkungen auf die Wirtschaft. Vulnerable und marginalisierte Gruppen waren am meisten betroffen. Diese globale Gesundheitskrise hat dazu geführt, dass weniger Frauen auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind und der Anteil der Frauen an der unbezahlten Sorgearbeit noch weiter angestiegen ist. Hierdurch wurde eine unsichtbare 'weibliche Armee' geschaffen, auf die sich viele Regierungen mittlerweile verlassen. Wenn die Zukunft geschlechtergerecht und inklusiv gestaltet werden soll, muss die Arbeit dieser Frauen anerkannt und sichtbar gemacht werden.
Wie hunderte andere Frauen bin ich Teil der wachsenden „unsichtbaren Armee“ von unbezahlten Sorgearbeitenden und Freiwilligen, die die Wirtschaft unserer Länder am Laufen hält. Schon vor der Pandemie wurde diese Arbeit in zunehmendem Maß von Frauen übernommen, und COVID-19 hat dafür gesorgt, dass dieser Trend weitergeht. Die Wirtschaftskraft von Frauen in allen Ländern der G7 ist dadurch noch weiter zurückgegangen. Zusätzlich zum wirtschaftlichen Statusverlust durch pandemiebedingte Arbeitsplatzverluste in vielen Wirtschaftssektoren – wie etwa dem Tourismus und dem Gastgewerbe – leiden Frauen darunter, dass die Gesellschaft sich in Zeiten von Schulschließungen immer stärker auf ihre unbezahlte Sorge- und Bildungsarbeit verlassen hat.
Bereits vor der Pandemie kümmerten Frauen sich in unbezahlter Arbeit
Viele dieser Frauen kommen aus den vulnerabelsten und am meisten benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen. Oft leben sie in Armut, weil sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen können und gegebenenfalls selbst gesundheitliche Probleme haben. Besonders die psychische Gesundheit leidet, weil in belastenden Situationen keinerlei Unterstützung vorhanden ist. Diese Frauen werden nicht oder nur schlecht finanziell entlohnt; ihre Gratisarbeit gilt als selbstverständlich. In manchen Ländern gibt es geringe Sozialleistungen, mit denen Pflegende unterstützt werden, aber der Betrag steht in keinem Verhältnis zur geleisteten Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Wie viele Staaten und Regierungen zollen diesem massiven volkswirtschaftlichen Beitrag Anerkennung? Man stelle sich eine Gesellschaft vor, in der dieses Freiwilligenheer nicht die Sorge, Pflege und Betreuung für all diese Gruppen übernimmt. Wer würde sich verantwortlich fühlen? Wer würde einspringen? Während der Pandemie sind in vielen Ländern die Gesundheitskosten explodiert und gleichzeitig die Steuereinnahmen zurückgegangen. Länder mussten Kredite aufnehmen, um die allgemeine Daseinsvorsorge aufrechterhalten und Unternehmen stützen zu können. Dadurch stieg die Staatsverschuldung. Ein großer Teil der Arbeit von Frauen geschieht jedoch unbezahlt. Die wahren Kosten der öffentlichen Daseinsvorsorge bleiben somit im Verborgenen.
Ganze Gesellschaften verlassen sich auf die Beiträge von zivilgesellschaftlichen Organisationen und insbesondere Frauenorganisationen, um die vulnerabelsten Teile der Gesellschaft zu unterstützen – besonders Frauen und Mädchen. Diese Gruppen leisten praktische oder finanzielle Unterstützung für Krankenhäuser, Schulen, Ausbildungsstätten, Frauenhäuser und Obdachlosenunterkünfte. Freiwilligenorganisationen, die von Frauen getragen werden, bieten zahllose Möglichkeiten, die wirtschaftliche Lage von Frauen zu verbessern. Studien, die von NGOs an ausgewählten Basisprojekten durchgeführt und dem Hochrangigen Politischen Forum der Vereinten Nationen vorgestellt wurden, beweisen dies.
Ähnlich wie Soldat_innen in bewaffneten Konflikten erfährt die unsichtbare Armee der weiblichen Sorgearbeitenden und Freiwilligen Konflikt und Gewalt, insbesondere in Zeiten von Isolation und Ausgangsbeschränkungen. Während der Pandemie war ein sprunghafter Anstieg an Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beobachten, den UN-Generalsekretär Guterres bereits als Schattenpandemie bezeichnete.
Wird diese unsichtbare Armee weiblicher Sorgearbeitender wieder einmal ganz unten auf der Prioritätenliste stehen, wenn die Länder ihre Volkswirtschaften wiederaufbauen? Werden digitale und finanzielle Unterstützung, Kredite und Fördermittel sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in allen Wirtschaftssektoren auch Frauen zur Verfügung stehen und praktisch für sie erreichbar sein? Insbesondere in Bereichen, in denen viele Frauen arbeiten oder wo sich besonders gute Möglichkeiten zu nicht-traditioneller Beschäftigung bieten (wie etwa dem MINT-Sektor), ist eine Priorisierung von Investitionen in die Stärkung von Frauen unerlässlich. Die Beiträge von Frauenorganisationen und Graswurzelbewegungen sollten von den Regierungen anerkannt, unterstützt und nicht zuletzt finanziell gefördert werden, damit bisherige Erfolge verstetigt und repliziert werden können und nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum somit gesichert werden kann. Die Regierungen müssen finanzielle Unterstützung durch universelle Leistungen und soziale Sicherungsmaßnahmen einführen oder erhöhen, um diesen unsichtbaren Frauen zu helfen, sich und ihre Familien aus der Armutsfalle zu befreien. Mit Bildungs- und Ausbildungsangeboten müssen sie in die Lage versetzt werden, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern, wobei die Aufmerksamkeit besonders auf den neuen, digitalen Sektoren liegen sollte. Ein wirtschaftlicher Wiederaufbau für alle darf keine vulnerable Gruppe zurücklassen. Eine geschlechtergerechte, inklusive Zukunft nach der Pandemie ist nur möglich, wenn alle Frauen sichtbar werden. Frauen können nur gestärkt werden, wenn sie wahrgenommen und in den regulären Arbeitsmarkt integriert werden. Staaten und Regierungen müssen den Wert unbezahlter Sorgearbeit und Pflege anerkennen, denn die Wirtschaft wächst nur, wenn mehr Frauen ihren Beitrag leisten können.
Pat Black (sie/ihr) setzt sich seit vielen Jahren in Großbritannien und international für Geschlechtergerechtigkeit ein. Als langjährige Freiwillige für die NGO Soroptimist International engagiert sie sich insbesondere für die Menschenrechte von Frauen.
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Dr. Johannes Crückeberg
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