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Vertrauen ist gut, Europa ist besser

Trotz Brexit oder gerade wegen des Brexits? Das Vertrauen der Bürger_innen in die verbliebenen europäischen Mitgliedsstaaten erlebt derzeit einen erheblichen Aufschwung.

Bild: Abbdildung: Vertrauen in Mitgliedstaaten von FES/ policy matters Abbdildung: Vertrauen in Mitgliedstaaten

Das letzte Jahrzehnt bescherte der Europäischen Union merklich weniger Erfolge als erhofft. Stattdessen häuften sich mit der Finanz-, Wirtschafts-, Euro-, Ukraine- und Flüchtlingskrise die Hiobsbotschaften in Brüssel. Das „Sahnehäubchen“ obendrauf gab es für die ohnehin schon brüchige Gemeinschaft letztes Jahr mit der britischen Entscheidung die Union zu verlassen. Kurz gesagt: Nichts als Pleiten, Pech und Pannen für die EU. Nicht gerade förderlich um der immer stärker werdenden Europaskepsis vieler Europäerinnen und Europäer etwas entgegenzusetzten.

Dabei ist das mit dem Vertrauen so eine Sache. Demokratisches Regieren basiert auf dem Vertrauen der Regierten. Diese müssen der Überzeugung sein, dass demokratisch legitimierte Entscheidungen wirksam umgesetzt werden können und auch umgesetzt werden. Nicht zuletzt ist auch die EU auf der Basis des Vertrauens der Mitgliederstaaten untereinander gegründet worden und auch der Zusammenhalt der verbliebenen Mitglieder baut auf dieses Vertrauensverhältnis. So stellt sich nun mehr denn je die Frage in wie weit die Entscheidung Großbritanniens die EU zu verlassen tatsächlich den Glauben in die verbliebenen Mitgliedsstaaten weiter angekratzt hat?

Wie stark ist der Zusammenhalt der EU nach dem Brexit?

Explizit dieser Frage widmet sich eine repräsentative Acht-Länder-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Im Rahmen einer zufallsgestützten Auswahl befragte das Meinungsforschungsinstitut „policy matters“ im Frühjahr 2017 Wahlberechtigte in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien, Schweden sowie in der Tschechischen und Slowakischen Republik zu ihren Wahrnehmungen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Erwartungen an die EU. Und siehe da, die Ergebnisse sind überraschend positiv: Zunächst ist in den Bevölkerungen der acht Erhebungsländer das Vertrauen in die beiden Führungsnationen Deutschland und Frankreich ziemlich groß, das in Frankreich gegenüber der letzten Umfrage 2015 sogar deutlich gestiegen. Anscheinend bewährt sich hier der „Macron-Effekt“ im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen, denn vor allem die Franzosen setzen nach dessen Wahl zum Staatspräsidenten wieder mehr Vertrauen in ihr Land. Die positive Einschätzung bestätigt auch das Eurobarometer der Europäischen Kommission, wonach das Vertrauen in die EU auf dem höchsten Stand seit 2010 ist.

Eine neue Chance nach der Krise

Richard Hilmer, Autor der Studie und Geschäftsführer von „policy Matters“, erklärt  den positiven  Aufschwung ein gutes Jahr nach dem Brexit-Votum folgendermaßen: „Die Mitgliedschaft in der EU-Gemeinschaft wird heute wieder verstärkt eher als Chance denn als Risiko gesehen, und eine Mehrheit ist davon überzeugt, dass die EU wieder einem ihrer Kernanliegen, Wohlstand zu schaffen, gerecht wird.“ Dennoch: Es bestehen weiterhin ausgeprägte Vertrauensdefizite zwischen einzelnen Mitgliedsländern wie etwa die Beispiele Italien und Polen veranschaulichen. Das Verhältnis zu Italien hat sich zwar gegenüber 2015 spürbar verbessert, nach wie vor überwiegt aber bei einer Mehrheit der Staatsbürger_innen der sieben anderen Länder eine gewisse Skepsis.. Dies gilt stärker noch für Polen, dessen aktuelle Politik selbst die Bevölkerungen der Visegrád-Partner Tschechien und Slowakei mehrheitlich reserviert gegenüberstehen (s. Abbildung).

Insgesamt zeigt die Studie jedoch: Der Brexit hat den Zusammenhalt  der Europäer_innen eher gefördert und das Vertrauen in die restlichen Mitgliedsstaaten nicht erschüttert. In Zeiten der Krise(n) sind das endlich mal gute Nachrichten für das gemeinsame europäische Projekt. Scheint ganz so als bewahrheite sich hier die praktische Lebensweisheit „in jeder Krise liegt eine Chance.“ Wenn es nach den Bürger_innen geht, gilt dies auch für die Europäische Union.

Ansprechpartner in der Stiftung

Arne Schildberg

Weiterführende Links

Europa-Studie: Was hält Europa zusammen? Die EU nach dem Brexit.

Englische Version der Europa-Studie: What holds Europe togehter? The EU in the wake of Brexit.


Dr. Johannes Crückeberg

030 26935-8332
Johannes.Crueckeberg(at)fes.de

Marcus Hammes

0228 883-7149
Marcus.Hammes(at)fes.de

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