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Die USA taumeln nach zwei massiven Tiefschlägen durch COVID-19 und Wirtschaftskrise. Wie das passieren konnte, analysiert diese Publikation.
Bild: Proteste vor dem Weißen Haus von Knut Dethlefsen / FES Washington
Bild: Protestierende Frau: Living While Black von Knut Dethlefsen / FES Washington
Bild: Proteste vor dem Weißem Haus von Knut Dethlefsen / FES Washington
Bild: Protestierende: We Will Be Heard von Knut Dethlefsen / FES Washington
Der lange und stetige Aufschwung der USA geht nach zehn Jahren im März 2020 abrupt zu Ende. In nur zehn Wochen wandelt sich das Blatt. Statt Wachstum und historisch niedriger Arbeitslosigkeit steht das Land vor der schwersten Rezession seit der Großen Depression. Fast jeder vierte US-Amerikaner verlor bisher seinen Job, 16 Millionen ihre Krankenversicherung. Die Regierung ist dabei nur eingeschränkt handlungsfähig. Sie hat in der Corona-Krise angesichts von mehr als 100 000 Opfern versagt und nichts deutet darauf hin, dass sie die Wirtschaftskrise schnell in den Griff bekommen wird.
Wer genauer hinschaut, konnte sehen, dass es zwar der US-Wirtschaft vor der Krise gut ging, nicht aber den arbeitenden US-Amerikaner_innen. Denn das Land litt unter einer Reihe von Vorerkrankungen: es herrschten massive finanzielle Unsicherheit und soziale Ungerechtigkeit, institutionelles Misstrauen, eine polarisierte Gesellschaft und struktureller Rassismus. Diese machten die USA verletzlicher, als es die Wirtschaftsdaten vermuten ließen. Das Corona-Virus offenbart und verschärft nun die Konflikte. Dabei trifft es gerade nicht-weiße Amerikaner_innen.
So drastisch es klingen mag – viele Arbeitnehmer_innen stehen vor der Wahl, ihren Beruf unter Einsatz ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens auszuüben oder auf die Mittel für die Grund-bedürfnisse des täglichen Lebens verzichten zu müssen. Das gilt vor allem für nicht-weiße Beschäftigte, die einen höheren Anteil der „essentiellen“ Arbeitnehmer_innen ausmachen. Denn trotz staatlicher Hilfen und erweiterter Sozialleistungen ist die Infrastruktur zu ihrer Bereitstellung aus politischen Gründen in vielen Bundesstaaten so vernachlässigt worden, dass die Hilfen nicht schnell genug da ankommen, wo sie gebraucht werden. Auch die US-Gewerkschaften werden durch die Krise geschwächt, denn sie verlieren viele ihrer Mitglieder unter den öffentlich Beschäftigten. Die eigentlichen Gewinner der staatlichen Hilfspakete sind die großen Unternehmen.
Die USA erleben zur Zeit die schwersten Unruhen seit Jahren. Die kumulativen Effekte der Corona-Pandemie und ihrer Ausgangsbeschränkungen, gepaart mit Polizeigewalt, Rassismus, sich verschärfender sozialer Spannungen und einem Präsidenten, der unfähig und Unwillens ist, das Land zu beruhigen, haben die Proteste ausgelöst und angeheizt. »Ein Aufruhr (ist) die Sprache der Ungehörten«, wie der Bürgerrechtler Martin Luther King 1967 sagte. Der Satz hat heute nichts an seiner Aktualität und Brisanz verloren.
Viele der heutigen Probleme wären vermeidbar gewesen, wenn die richtigen Lehren aus der letzten Krise gezogen worden wären. Dabei käme es jetzt auf schnelle, an Arbeitnehmer-interessen ausgerichtete Konjunkturpakete an. Das wird angesichts der Republikanischen Mehrheit im Senat und des US-Präsidenten aber nicht einfach werden. Denn sie haben vor allem die Interessen der Unternehmen und der wohlhabenden Geldgeber im Auge, die ihnen die Wiederwahl im November sichern sollen. Einer der größten politischen Streitpunkte ist die finanzielle Unterstützung der Bundesstaaten. Diese wäre wesentlich, um aus der Rezession keine Depression werden zu lassen.
Aber es gibt auch Zeichen, die Hoffnung machen: Die Debatte um automatische Stabilisatoren wie Lohnzuschüssen zur Beschäftigungssicherung oder dauerhaft erweitertem Arbeitslosengeld für alle Beschäftigten gewinnt an Einfluss. Der voraussichtliche Demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden, der als Pragmatiker angetreten war, vollzieht gerade die Wende zu einer transformativen Agenda, die die Rolle des Staates erheblich erweitern würde. »Wir brauchen einige revolutionäre institutionelle Veränderungen«, sagte er kürzlich. Zudem setzt sich bei vielen US-Amerikaner_innen die Erkenntnis durch, dass Plattform-Beschäftigte besser sozial abgesichert werden müssen. Denn heute tragen Steuerzahler die Last, die Unternehmen wie Uber nicht schultern wollen. Den Gewerkschaften kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Eine Strategie, die bisher schon beim Thema Mindestlöhne Erfolg hatte, ist Bargaining for the Common Good (BGC). Die Idee dahinter ist, dass sich Gewerkschaften mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren für einzelne Kampagnen zusammenschließen. Dafür bietet sich neben dem Schutz von Plattform-Beschäftigten vor allem das Thema Arbeitsschutz an. Dieses hat durch Corona an Bedeutung gewonnen und könnte von Gewerkschaften erfolgreich genutzt werden, um Arbeitnehmer_innen zu organisieren.
Knut Panknin ist Programmkoordinator für Wirtschafts- und Sozialpolitik im Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington, D.C., USA.
Panknin, Knut
Warum die USA schwer mit der Corona-Wirtschaftskrise zu kämpfen haben / Knut Panknin. - Washington, DC : Friedrich-Ebert-Stiftung, Juni 2020. - 14 Seiten = 280 KB, PDF-File. - (Analyse). - (Globale und regionale Ordnung)Electronic ed.: Washington DC : FES, 2020ISBN 978-1-7349620-2-4https://library.fes.de/pdf-files/bueros/usa/16249.pdf
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Das Projekt „Gewerkschaften im Wandel 4.0“ wurde von der FES initiiert und hat zum Ziel, die Interessenvertretung von Beschäftigten im digitalen Kapitalismus zu verstehen. weiter