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Die erste Woche der COP24 ist vorbei, die kollektive Aufregung groß. Jetzt geht es ums Ganze: um die Bestandteile des Pariser Regelbuchs.
Bild: COP24 in Katowice von Annamaria Lehoczky
Die meisten von uns erinnern sich noch sehr gut an die Hauptbotschaften des Anfang Oktober vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) veröffentlichten Sonderbericht zum 1,5 Grad Ziel: wollen wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels verhindern und unsere Ökosysteme sowie die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen weltweit erhalten, müssen wir alles daran setzen, die globale Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Damit einher geht eine Umstrukturierung aller Sektoren unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaften. Physikalische oder chemische Hindernisse gebe es dafür laut Aussage der Wissenschaftler_innen nicht. Allein der politische Wille wird entscheiden, ob es uns gelingt, das Temperaturziel zu erreichen und unseren Planeten vor dem Schlimmsten zu bewahren. Soweit – so müsste man zumindest meinen – ist also alles klar. Das Ziel ist definiert und eigentlich weiß die Weltgemeinschaft auch sehr genau, was getan werden und welche konkreten Schritte eingeleitet werden müssen.
Dieser Klarheit scheint aber nicht alle Verhandlungsparteien der COP 24 erreicht zu haben. Der letzte Tag der ersten Woche endete nämlich mit einem Eklat größeren Ausmaßes: eine Gruppe von Staaten - geführt von den USA, Saudi Arabien, Kuweit und Russland, wehrten sich mit Händen und Füßen dagegen, dass der Ausschuss für wissenschaftliche und technologische Beratung SBSTA, der die Entscheidung des Plenums vorbereitet, den Bericht des Weltklimarats zum 1,5 Grad Ziel würdigte, indem er ihn „begrüßte“ („to welcome“). Sie wollten ihn lediglich „zur Kenntnis nehmen“ („to note“) und somit dessen Wirkung und politische Botschaften schwächen. Trotz längerer Diskussionen und starker Interventionen beispielsweise der EU zu Gunsten einer positiven Berücksichtigung des Berichts konnte keine Einigung erreicht werden. De facto bedeutet das einen Aufschub der Debatte in die nächste Verhandlungsrunde der Intersession Period, die im Juni in Bonn stattfinden wird. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben? Zwar ist es durchaus besser, dass es die schwache Formulierung „zur Kenntnis nehmen“ nicht in das Dokument geschafft hat und man stattdessen lieber noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt darüber sprechen möchte. Gleichzeitig wird dadurch aber ein extrem problematisches Signal in die Welt gesendet. Wenn bestimmte Nationen nicht einmal die warnenden Stimme führender Wissenschaftler_innen ernst nehmen und sich der Dringlichkeit sofortigen Handelns nicht bewusst sind, wie kann es dann möglich sein, das Pariser Klimaabkommen umzusetzen und die darin enthaltenen Ziele zu erreichen?
Hinzu kommt, dass auch die Arbeiten am Regelwerk nicht besonders gut vorangekommen sind und dieses droht, durch Interventionen einiger Staaten verwässert zu werden. Das so genannte Paris Rulebook muss am Ende der COP 24 verabschiedet werden, damit das Pariser Klimaabkommen ab 2020 auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Einige wichtige Dinge, wie beispielsweise Informationen zur Höhe der Emissionen und ihrem Verlauf in den nationalen Klimaschutzbeiträgen der Länder (NDCs, Nationally Determined Contributions) sind in der Fassung des Textes vom 8. Dezember nicht mehr enthalten. Auch andere extrem wichtige Aspekte wie beispielsweise Menschenrechte, die innerhalb der Präambel des Pariser Klimaabkommens berücksichtigt wurden, wurden auf Initiative einiger Staaten aus dem aktuellen Textentwurf herausverhandelt – und das kurz vor dem 70. Geburtstag der Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 2018. Auch Just Transition musste weichen. Obwohl das Thema bei der COP 24 nicht nur durch die „Solidarity and Just Transition Silesia Declaration“ weit oben auf der politischen Agenda steht, konnte es dem Rotstift der Verhandler_innen vorerst nicht standhalten.
Ein weiterer schwieriger Punkt ist das Thema Klimafinanzierung: besonders Entwicklungsländer verlangen hier bessere Planungsmöglichkeiten und konkrete Zusagen der Industrieländer, um Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen überhaupt finanzieren zu können. Auch in Bezug auf klimabedingte Schäden und Verluste (Loss & Damage) konnte man aufgrund des Widerstands einiger Staaten keine Fortschritte erzielen. In der ersten Verhandlungswoche gab es aber auch positive Momente. Die Arbeit der „Indigenous People’s Platform“ konnte beendet werden und auch im Bereich Landwirtschaft, wo zu einem Arbeitsprogramm debattiert wurde, konnten echte Fortschritte erzielt werden.
Die Schwierigkeiten in der ersten Verhandlungswoche waren abzusehen und müssen nicht bedeuten, dass die Verhandlungen insgesamt zu einem schlechten Ergebnis kommen. Die Verhandlungen sind sehr komplex und brauchen daher Zeit. Wenn in dieser Woche die Minister_innen in Kattowitz eintreffen, haben sie viel zu tun. Zum einen sollten sie klarmachen, dass der IPCC Bericht zum 1,5 Grad Ziel ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Referenzpunkt für die Operationalisierung des Pariser Klimaabkommens ist und dementsprechend berücksichtigt werden muss. Auch politische Entscheidungen zum Regelwerk werden notwendig sein, die dafür sorgen, dass einer Verwässerung entgegengewirkt wird und Staaten so konkret wie möglich über ihre Anstrengungen beispielsweise im Bereich der Emissionsminderung berichten müssen. Für die politische Phase der COP24 wird außerdem erwartet, dass es endlich zu Ankündigungen der Ambitionssteigerung kommt. Nur so wird es möglich sein, das 1,5 Grad Ziel einzuhalten. Die Scheitern einer progressiven Aufnahme des IPCC Berichts in einem der zentralen Dokumente der COP24 setzen die Minister_innen in dieser Woche unter Druck. Die wissenschaftliche Evidenz des IPCC Berichts ist nicht von der Hand zu weisen und die Hoffnung bleibt, dass in der zweiten Verhandlungswoche auch danach gehandelt wird.
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Deutschlands Start in die Klimakonferenz läuft denkbar schlecht, so Manuela Mattheß im IPG-Journal.
Manuela Mattheß für FES Connect: Vier Dinge, die wir kurz vor der Weltklimakonferenz 2018 über Just Transition wissen müssen (auf Englisch).
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Das Projekt „Gewerkschaften im Wandel 4.0“ wurde von der FES initiiert und hat zum Ziel, die Interessenvertretung von Beschäftigten im digitalen Kapitalismus zu verstehen. weiter