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Dr. Manfred Öhm, Dr. Rudolf Traub-Merz

Wunsch nach Gesundheitsversorgung in der informellen Arbeitswelt

Zugang zu Gesundheitsversorgung ist der zentrale Wunsch von informell Beschäftigten in Afrika. Dies gilt unabhängig von Einkommen, Wohnort, Geschlecht, Alter oder Bildungsstand, wie eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung belegt. Eine Verbesserung des Gesundheitswesens zeigt sich als effektiver Weg zur Verringerung von Ungleichheit und Armut.

Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle ist ein wichtiges „Nachhaltiges Entwicklungsziel“ (SDG) der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Viele afrikanische Staaten haben sich dazu bekannt, die öffentliche Gesundheitsversorgung zu verbessern und entsprechende Reformschritte eingeleitet. Eine große Herausforderung ist dabei, den Zugang zu sozialer Sicherheit von formalen Beschäftigungsverhältnissen zu entkoppeln, denn 80 bis 90 Prozent der Menschen in den Staaten Afrikas befinden sich in informeller Beschäftigung. Diese Menschen erhalten nur Zugang zur Gesundheitsversorgung über den Eintritt in ein Versicherungsverhältnis oder über eine Gesundheitsversorgung, die kostenlos oder zumindest subventioniert ist.

Die repräsentativen Umfrageergebnisse aus Benin, Côte d´Ivoire, Kenia, Sambia und Senegal zeigen, dass die Gesundheitsversorgung der zentrale Wunsch informell beschäftigter Menschen ist. Zwischen 47 Prozent und 71 Prozent nennen Gesundheit an erster oder zweiter Stelle unter verschiedenen erfragten öffentlichen Gütern. Dies gilt in allen Ländern unabhängig von Einkommen, Wohnort, Geschlecht, Alter oder Bildungsstand. Große Unterschiede zeigen sich allerdings in der Bewertung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung und im Risiko, durch anfallende Gesundheitskosten den Haushalt massiv zu belasten. Während in einigen Ländern persönliche Verschuldung oder der Verkauf von Eigentum zur Finanzierung von Krankenbehandlung alltäglich sind, führen Krankenversicherungen, z. B. in Sambia, zur weitgehenden Vermeidung dieser Risiken.

Bessere Gesundheitsversorgung ist ein effektiver Weg zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit

Arme Menschen laufen ein höheres Risiko der Verschuldung durch ihre Krankenbehandlung – ihre Armut hält sie daher davon ab, sich ausreichend um ihre Gesundheit zu kümmern. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist daher ein wichtiges Merkmal sozialer Ungleichheit – das in den untersuchten Ländern unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Daten aus Kenia und Sambia belegen eindeutig, dass kostenlose Gesundheitsversorgung und allgemeine Krankenversicherungen die Gesundheitsversorgung verbessern können – der Zusammenhang von Gesundheitsversorgung und Armut wird entkoppelt!

Die repräsentativen Umfragen zeigen allerdings auf, dass die Menschen aus verschiedenen Gründen wenig Vertrauen in ihre Regierungen setzen. Eine alarmierende Zahl von über 50 Prozent der Befragten, in einigen Ländern sogar über 60 Prozent, bezweifeln, dass die Regierenden die Bereitschaft haben, den Zugang zur Gesundheitsversorgung und prioritären staatlichen Leistungen zu verbessern. Ein grundsätzliches Vertrauen in die Leistungsfähigkeit staatlicher Institutionen und entsprechenden Instrumente scheint jedoch gegeben. Trotz des Mangels an Vertrauen in ihre Regierungen bekunden informell Beschäftigte ein großes Interesse an Krankenversicherungen und sind bereit, einen Versicherungsbeitrag zu zahlen. Obwohl in den meisten Ländern erst wenige Menschen Mitglied einer Krankenversicherung sind, benennen über 70 Prozent der Befragten in Senegal und Côte d´Ivoire das Interesse an einer Krankenversicherung, in Benin und Sambia immerhin mehr als die Hälfte der Befragten.

Der Ausbau allgemeiner Krankenversicherungen gehört an die Spitze der nationalen und internationalen entwicklungspolitischen Agenda.

Afrikapolitische Initiativen und Kooperationsvereinbarungen mit den Staaten Afrikas sollten eine inklusive und nachhaltige Entwicklung fördern und den Ausbau allgemeiner Krankenversicherung zur Top-Priorität machen. Man folgt damit dem nun empirisch belegten Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung und nutzt ein enormes Potenzial, die Lebenssituation der Menschen in informeller Beschäftigung effektiv zu verbessern.

Während Debatten über die Schaffung von Perspektiven für Menschen in den Staaten Afrikas zunehmen, lassen Forschung und Entwicklungspolitik bisher weitgehend außer Acht, dass die meisten Menschen in Informalität leben und arbeiten. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat aus dem Grund in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) ein Projekt zum Thema informelle Beschäftigung, soziale Sicherung und politisches Vertrauen in Subsahara-Afrika ins Leben gerufen. Kern des Projektes sind breit angelegte repräsentative Umfragen zu Einstellungen und Erwartungen informell Beschäftigter bezüglich sozialer Sicherung, dem Staat und Gewerkschaften. Für die vorliegende Studie wurden dazu jeweils mindestens 1.200 Personen in Benin, Côte d´Ivoire, Kenia, Senegal und Sambia befragt. Diese und weitere in dieser Publikation dargestellten Ergebnisse bieten wichtige Informationen für Entwicklungspolitik und Forschung.

 

 

Traub-Merz, Rudolf; Öhm, Manfred

Access to health services

A key demand of informal labour in Africa - Findings from representative country surveys in Sub-Saharan Africa
Berlin, 2021

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