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Will Europa seiner globalen Verantwortung gerecht werden, muss es auch die komplexen Zusammenhänge zwischen europäischer Politik und Migration bzw. Flucht verstehen. Ein neuer Sammelband möchte diese Debatte anstoßen.
Bild: Word Cloud von Wordle
Bisher versucht die Politik, Fluchtursachen in den Krisenregionen vor Ort zu »bekämpfen«. Aber wenn Europa seiner globalen Verantwortung gerecht werden will, muss es auch die komplexen Zusammenhänge zwischen europäischer Politik und Migration bzw. Flucht verstehen. Das bildet die Grundvoraussetzung für Maßnahmen, die tatsächlich dazu beitragen können, die Zerstörung der Lebensgrundlage von Menschen zu verhindern. Genau hier setzt eine neue FES-Publikation an, in der das Thema aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven untersucht wird - und die nun auch auf Englisch und Spanisch vorliegt.
Bislang reagiert die Politik auf die steigende Zahl von Menschen auf der Flucht und in der Migration mit kurzfristigen Maßnahmen. Das geschieht z. B., indem Staaten ihr entwicklungspolitisches Engagement in den Aufnahmeregionen verstärken, Schmugglernetzwerke zerstören oder sicherheitspolitisch beim Grenzmanagement zusammenarbeiten. Viele dieser Maßnahmen zielen also nicht auf die Fluchtursachen in den Herkunftsländern ab, sondern darauf, die Flucht- und Migrationsbewegungen nach Europa einzudämmen.
Stattdessen sollte »Fluchtursachenbekämpfung« bei der Frage ansetzen, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Das enge Konzept des politischen Flüchtlings bildet die Realität von Menschen auf der Flucht nur unzureichend ab. Für viele ist die Entscheidung, ihr Zuhause zu verlassen, eine notwendige Anpassungsstrategie an sich verschlechternde Lebensbedingungen und hat tiefliegende politische, ökologische und wirtschaftliche Ursachen. Zahlreiche Faktoren machen das Leben in vielen Teilen unseres Planeten zunehmend unerträglich oder sogar unmöglich. Menschen fliehen vor Konflikten und Kriegen, und je länger die Gewalt andauert, desto länger sind sie zu einem oftmals prekären Leben als »Flüchtlinge« gezwungen. Naturkatastrophen wie Dürren gefährden immer mehr Existenzen und befeuern Konflikte über knappe Ressourcen. Diskriminierung bis hin zur offenen Verfolgung lassen Menschen oft keine andere Wahl, als zu fliehen. Armut, Ungleichheit und Perspektivlosigkeit besonders unter Jugendlichen grassieren in vielen Gesellschaften.
In einer zunehmend globalisierten Welt hat die europäische Politik z. T. erhebliche Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Menschen nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb Europas. Diese komplexen Zusammenhänge zwischen europäischer Politik und Migration bzw. Flucht müssen offengelegt und verstanden werden. Nur so können politische Alternativen entworfen werden, die tatsächlich dazu beitragen, die Zerstörung der Lebensgrundlage von Menschen zu verhindern.
Der vorliegende Band schärft dieses Verständnis und bietet Vorschläge für eine verantwortungsbewusste Politik der »Fluchtursachenbekämpfung«. Die Autor_innen identifizieren Fluchtursachen »Made in Europe« in sieben Politikbereichen, nämlich in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, europäischen Waffenexporten, der Klimapolitik, der internationalen Steuerpolitik und Staatsverschuldung, dem menschenrechtswidrigen Handeln europäischer Unternehmen, in der europäischen Agrar- und Fischereipolitik und in der Handelspolitik.
Die Beiträge zeigen unterschiedliche Perspektiven auf ein und dasselbe Phänomen – Menschen auf der Flucht bzw. in der Migration. Vor allem zeigen sie, dass Europa nicht nur eine humanitäre Verantwortung gegenüber den Menschen trägt, die hier Schutz suchen, sondern auch gegenüber den Menschen, deren Lebensgrundlage durch die europäische Politik bedroht wird. Dieser Verantwortung müssen sich die europäischen Staaten stellen.
Der Beitrag ist zuvor auf dem Themenportal Flucht, Migration und Integration erschienen.
Ansprechpartner in der StiftungFelix Braunsdorf
Publikation auf Deutsch: Fluchtursachen "Made in Europe": über europäische Politik und ihren Zusammenhang mit Migration und Flucht / Felix Braunsdorf (Hg.). - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Globale Politik und Entwicklung, November 2016.
Publikation auf Englisch
Publikation auf Spanisch
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Ansprechpartnerinnen
Susan Javad
030 26935-8313Susan.Javad(at)fes.de
Vanicha Weirauch
030 26935-8333Vanicha.Weirauch(at)fes.de