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Keine karibischen Aussichten

Die Karibik stellt sich auf trockene Zeiten ein und drängt auch auf Innovationen. Denn die Dürre bedroht lebenswichtige Wasserquellen.



 

Im Juli 2023 bot sich Abenteuerlustigen im Somerset Falls Water Park in Portland, Jamaika, ein unerwarteter Anblick: Der einst reißende Fluss war auf mysteriöse Weise verschwunden. Bis in den Oktober hinein blieben, die in der normalerweise niederschlagsreichen Region aus. Der Premierminister Jamaikas Andrew Holness führte die jahrelange Dürre des Landes kürzlich auf starke Klimaänderungen zurück, die sich im Oktober 2022 verschärften. Die diesjährige Dürre beschränkt sich aber nicht nur auf Jamaika. Das Regionale Klimazentrum der Karibik meldete für die gesamte Region von Januar bis September 2023 geringe Niederschläge, verbunden mit einer beispiellosen Hitzewelle, die voraussichtlich bis ins Jahr 2024 andauern wird. Vor diesem Hintergrund fordern führende Politiker_innen aus der Karibik in jüngster Zeit mit Nachdruck, dass die diesjährigen Klimaverhandlungen unbedingt zu soliden Finanzierungslösungen führen müssen, die nicht nur Maßnahmen für den Umgang mit klimabedingten Verlusten und Schäden beinhalten, sondern auch das globale Anpassungsziel in den Fokus rücken. Jamaikas Landwirtschafts- und Fischereiminister Floyd Green hofft vor allem darauf, dass die COP28 die Bereitschaft erhöht, die Wasserversorgung für die beiden Sektoren Agrarwirtschaft und Fischerei zu finanzieren, die nach wie vor am meisten unter der anhaltenden Dürre leiden.„Wir haben zu lange gebraucht, unser Bewässerungssystem so auszubauen, dass wir mehr Ackerland bewirtschaften können. Hier sollte die Klimafinanzierung ansetzen. Ich habe die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) bereits aufgefordert, ein regionales Bewässerungsprogramm zu entwickeln, das mehr Mittel aus dem Grünen Klimafonds generieren kann“, erklärte Green.

 

Selbstgefälligkeit verhinderte eine bessere Infrastruktur

Die jamaikanische Umweltexpertin Eleanor Jones befürwortet zwar eine stärkere internationale finanzielle Unterstützung, kritisiert aber auch die Selbstgefälligkeit führender karibischer Politiker_innen:„Vor vielen Jahren hatten wir [in Jamaika] eine sehr gute Grundwasserversorgung für Kingston, wobei die Hälfte des Wassers in Aquiferen gespeichert wurde und die andere Hälfte aus Oberflächenwasser stammte. Doch im Lauf der Jahre sind viele unserer Grundwasserquellen (wie die Brunnen in der Stadt) verunreinigt worden. Wir müssen eine bessere Infrastruktur aufbauen, um unsere Wassersysteme zu erhalten“, betonte Jones.

Die Niederschlagsmuster verschieben sich weltweit rapide. Das internationale Zentrum für die Bewertung von Grundwasser (International Groundwater Resources Assessment Centre, IGRAC) weist darauf hin, dass das sich verändernde Niederschlagsverhalten – dazu gehören lang anhaltende Dürren ebenso wie starke Regenfälle – das Grundwasser sowohl qualitativ als auch quantitativ beeinträchtigen. Laut IGRAC besteht vor allem für kleine und flache Grundwasserleiter eine höhere Austrocknungsgefahr. In der Karibik ist dies besonders häufig der Fall.

Hinzukommen Probleme, die durch die Abhängigkeit von Grundwasserquellen entstehen, ähnliche Risiken durch die Abhängigkeit von den Flüssen hinzu. In Ländern wie Barbados und Jamaika sorgen die klimabedingten stärkeren Regenfälle dafür, dass die Grundwasserquellen kein Wasser mehr aufnehmen können. Bei häufigerem Starkregen fließt das Wasser lediglich über den Oberboden und sickert nicht in ihn ein. Dadurch werden die Grundwasserquellen teilweise aufgezehrt, wie Dr. Adrian Cashman erläutert, Vorsitzender des Technischen Ausschusses für den Karibikraum der Global Water Partnership (GWP):

„Wenn sich die Niederschlagsmuster verändern, könnten Länder wie Grenada, St. Lucia oder St. Vincent und die Grenadinen, die hauptsächlich auf Flüsse angewiesen sind, in enorme Schwierigkeiten geraten“, erklärt Cashman. Denn diese Länder hängen von Oberflächenwasserquellen ab, die durch Grundwasser gespeist werden. Sinkt in Dürreperioden der Wasserstand, könnte das problematisch werden. Um diesen Problemen entgegenzuwirken, arbeitet Cashman zusammen mit den Regierungen der Region an Strategien, mit denen die Überwachung und der Schutz der Wasserressourcen verbessert werden sollen. Ohne verbesserte Wasserspeichersysteme wird nach Cashmans Einschätzung die Karibik künftig einem erhöhten Dürrerisiko ausgesetzt sein.

 

Tragfähige Lösungen und Innovationen

Deshalb machen sich einige Akteure wie Dr. James Hospedales, der Gründer von EarthMedic, für das „Rainwater Harvesting“ (Regenwassersammlung) als neues Konzept für die Anpassung der karibischen Länder an den Klimawandel stark. „Wir [die Karibik] müssen kreativere Wege finden, um die Wasserspeicherung zu optimieren. Regenwassersammlung und Abwasserrecycling können Teile der Lösung sein. Das Know-how ist in der Region vorhanden; das Problem ist die Finanzierung. Ich habe früher in Windhoek in Namibia gelebt. Das ist ein Wüstengebiet, aber fast 30 Prozent des in der Stadt verbrauchten Wassers stammt aus der Regenwassersammlung“, so Hospedales. Außerdem betont er, dass unbedingt auch andere Alternativen ausgelotet werden müssen – wie zum Beispiel der Bau solarbetriebener Entsalzungsanlagen oder die Einführung bewährter Wasserspeicherungsverfahren für trockenere Monate. Eine Option für die karibischen Länder könne sein, „entlang der Flussläufe eine Reihe von kleinen Wasserauffangsystemen zu bauen, die während der Trockenzeit Wasser für mehrere Wochen speichern können.“„Die zunehmende Hitze und Luftfeuchtigkeit beschleunigt allerdings auch den Brutzyklus der Mücken, und auch die Übertragungsrate zwischen den Menschen nimmt zu“, gibt Hospedales zu bedenken – eine weitere Herausforderung für die innovativen Wasserspeicherungslösungen der Zukunft. Tragfähige Lösungen traut Hospedales deshalb nur einem „Multi-Stakeholder-Konzept“ zu, bei dem „die Experten für öffentliche Gesundheit mit den Kommunikationsfachleuten, die Stadtplaner und die Sachverständigen für Wassersysteme miteinander sprechen müssen.“

 

@COP28: "Mit einer Stimme sprechen"

Im September 2023 war die Republik Guyana Gastgeberin eines hochrangigen Klimawandel-Dialogs zwischen der Karibik und den kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern (Small Island Development States, SIDS), bei dem vor allem die Anpassungsmaßnahmen und die Finanzierung von Verlusten und Schäden als entscheidende Voraussetzungen für einen Erfolg der diesjährigen COP28 benannt wurden. Der Premierminister von Grenada unterstützte die gemeinsame Entscheidung und betonte, dass die Staats- und Regierungschefs der Region auf der Weltklimakonferenz COP28 bei diesen Themen nur dann etwas erreichen werden, wenn sie „mit einer Stimme sprechen“ und „auf den Konferenzfluren der COP28 gehört werden“.

Während der COP28 werden die Staats- und Regierungschefs der Karibik dafür zwei Wochen Zeit haben und am Ende feststellen können, ob ihre Geschlossenheit zum Erfolg geführt hat. Mit wichtigen Verhandlungen über die Anpassungsfinanzierung, einem völlig neu konzipierten „Gesundheitstag“ und einem globalen Anpassungsziel wird es auf jeden Fall viele Gelegenheiten geben, um zu sondieren, wie stark sie sich bei der Konferenz in Dubai Gehör verschaffen können.

 

Aus dem Englischen von Christine Hardung

 


Über die Autorin

Kelesha Williams ist eine mehrfach preisgekrönte Journalistin aus Jamaika. Sie arbeitet derzeit bei Television Jamaica, Jamaikas führendem Fernsehsender. Sie berichtet leidenschaftlich über Umwelt, Klimakrise und biologische Vielfalt. Sie hatte die Möglichkeiten über internationale Konferenzen in New York und Kanada berichten können.

Das kann sie nun fortsetzen, denn auch in diesem Jahr arbeiten wir mit Climate Tracker zusammen und unterstützen sie dabei, an deren Programm teilzunehmen. Sie wird von Climate Tracker weitergebildet, berichtet für uns über die COP28 und ist auch bei Veranstaltungen der Friedrich-Ebert-Stiftung dabei.

Die im Artikel zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Äußerungen der Gastautor_innen spiegelt nicht die Haltung der Friedrich-Ebert-Stiftung wider.


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