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Eine Positionierung aus Argentinien von Silvia Augsburger.
Bild: von Sol Avena
Seit Beginn der Quarantäne, die von der argentinischen Regierung als Präventivmaßnahme zur Verringerung der Ansteckung von COVID-19 verordnet wurde, wurden zahlreiche Morde an Frauen, sog. Femizide, gezählt. Die Zahlen variieren geringfügig: La Casa del Encuentro, das diese Zählung bereits seit mehreren Jahren verfolgt (noch bevor der Staat offizielle Zahlen zur Gewalt gegen Frauen vorlegte), berichtet 21 registrierte Femizide im Zeitraum 20. März bis 16. April. Fast ein Femizid pro Tag.
Diese erschreckende Zahl zwang die Regierung zum einen dazu, bestimmte Organisationen von der Quarantäne auszuschließen, damit sie sich um die Opfer sexistischer Gewalt kümmern können. Zum anderen verstärkte die Regierung die Telefonleitungen, die man für Hilferufe nutzen kann, und die Informationen in den sozialen Netzwerken dazu.
Während des ersten Monats der Quarantäne stiegen die Hilfeanrufe um 60 Prozent. Das zeigt, wie die Isolationsmaßnahmen die Gefahrensituationen, denen Frauen ausgesetzt sind, erhöht haben. Und es bestätigt, was wir Feministinnen bereits lange angenommen haben: Der private Raum des Zuhauses ist der unsicherste Ort für Frauen.
Die Maßnahmen, die lange vor Corona auf den verschiedenen Ebenen des Staates ergriffen wurden, um der Gewalt von Männern gegen Frauen zu begegnen, waren zwar richtig. Aber sie waren nicht ausreichend, um die Opfer zu schützen. Die meisten der während der Quarantäne ermordeten Frauen hatten bereits bei früheren Gelegenheiten den Staat um Hilfe gebeten. Ihr Femizid hatte zumeist eine Vorgeschichte von früherer Gewalt, ohne dass der Staat tätig wurde.
Eine wachsende Zahl von Entscheidungsträgerinnen und Beamtinnen auf verschiedenen Ebenen des Staates arbeitet mit großem Engagement und trotz knapper Ressourcen daran, den Bedürfnissen der Gewaltopfer gerecht zu werden. Jedoch sind Ressourcen, Infrastruktur und Ausbildung nach wie vor unzureichend. Es ist dringend notwendig, das Budget und die Maßnahmen des Staates zu erhöhen, um Frauen wirksam zu schützen, die Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt sind.
Die Femizide betreffen uns alle und führen uns die Welle männlicher Gewalt inmitten der Pandemie klar vor Augen. Sie sagen uns, dass alles, was wir bisher tun, nicht ausreicht, um sie zu stoppen. Denn während wir uns mit dem Notstand befassen, reproduziert die Gesellschaft unbeirrt ihren Modus, der Frauen diskriminiert und unterwirft. Macho-Gewalt ist der grausamste und vollständigste Ausdruck dieser Diskriminierung.
Solange wir die Diskriminierung nicht von der Basis der sozialen Pyramide tilgen, wird es an der Spitze der sozialen Pyramide weiterhin einen gewalttätigen Mann geben, der töten kann, wenn eine Frau nicht seinen Wünschen und Erwartungen entspricht. Der Frauenmörder ist kein kranker Mann; er ist verschärfter Ausdruck der Sozialisation, die den Mann zur Dominanz erzieht.
In diesen Zeiten, in denen wir so begierig darauf sind, die wirksame Behandlung und den Impfstoff zur Bekämpfung von COVID-19 zu finden, können wir einen Vergleich zwischen beiden Pandemien anstellen: zwischen der, die uns heute in Quarantäne hält, und der der sexistischen Gewalt, die alle 30 Stunden eine Frau tötet.
Während es gegen COVID-19 noch keinen Impfstoff gibt, haben wir den Impfstoff gegen sexistische Gewalt bereits: Er heißt Parität. Auch die Behandlungsmöglichkeiten sind verlässlicher und umfassender. Sie bestehen darin, sich um die Opfer zu kümmern, sie zu schützen, Gerechtigkeit zu fordern und die Täter zu verurteilen. Aber Impfstoff und Behandlung gegen sexistische Gewalt müssen angewendet werden!
Um eine Gesellschaft ohne Gewalt aufzubauen, brauchen wir eine paritätische Demokratie: eine Demokratie, in der Menschen unabhängig von Geschlecht, Identität und sexueller Orientierung die gleichen Chancen haben und Gleichbehandlung erfahren; ohne Stereotypen, ohne vorher festgelegte Rollen, ohne Ausschlüsse. Bei der paritätischen Demokratie geht es darum, überall eine Parität zwischen Männern und Frauen herzustellen, Männer und Frauen hinsichtlich ihrer tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten gleichzustellen.
Parität beginnt im Privaten, ist jedoch weit entfernt: Haushalts- und Betreuungsaufgaben obliegen nach wie vor hauptsächlich Frauen und werden vom Staat vernachlässigt. Nur ein winziger Prozentsatz der Kinder im Alter von null bis zwei Jahren hat in Argentinien Zugang zu öffentlichen Kindergärten. Kostenlose Betreuungsplätze für ältere Menschen sind praktisch nicht vorhanden. Die häusliche Verantwortung ist das zentrale Hindernis, das Frauen den Zugang zu den wichtigsten Entscheidungsräumen des Staates oder zu den am meisten wertgeschätzten und am besten bezahlten Positionen in der Privatwirtschaft verwehrt.
Nicht-Parität im Privaten ist aber nicht nur Hindernis für Parität im öffentlichen Raum, sondern sie ist auch die Folge der nicht-Parität im öffentlichen Raum. Deshalb muss in alle Entscheidungsräume des Staates - in die drei Gewalten und auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene - Einzug halten, wie auch in den Medien, in den Vereinsvorständen, in den Gewerkschaften und auch, wie UN Women fordert, in den Krisenausschüssen, die zur Umsetzung der Sofortmaßnahmen gegen die Pandemie gebildet wurden und werden.
Aber die Parität tut sich schwer. In Santa Fe müssen wir nun, da eine neue Legislaturperiode beginnt, den Senat der Provinz auffordern, das Paritätsgesetz zu verabschieden. Dieses wurde zum zweiten Mal von der Abgeordnetenkammer gebilligt und schläft wegen des fehlenden politischen Willens der Senatsmitglieder - 18 Männer und nur eine Frau - im Senat.
Bemerkenswerterweise gehen Vertreter der Provinzstaatsmacht gegen Gewalt gegen Frauen vor. Aber ist es nicht auch Gewalt, den Eintritt von Frauen in die Staatsgewalt zu blockieren, indem die Umsetzung des Paritätsgesetzes verhindert wird? Ist es nicht auch Gewalt, das Provinzgesetz zur integralen Sexualerziehung zu verhindern - das mächtigste Instrument, um respektvolle und einvernehmliche sexuelle Beziehungen zu fördern und sexuellen Kindesmissbrauch zu verhindern?
Wie wir in diesen Tagen der staatlich verordneten Quarantäne wiederholt gelesen und gehört haben, kann diese Pandemie, diese Krise, in der wir heute leben, eine Chance sein, umzudenken und eine bessere Gesellschaft aufzubauen. Eine gerechtere und gleichberechtigtere Gesellschaft. Die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, der Spitze des Eisbergs der geschlechtsspezifischen Ungleichheit, ist ein unverzichtbarer Teil dieses Aufbaus.
Die Parität zwischen Männern und Frauen ist unser größtes und mächtigstes Instrument. Es ist der Impfstoff gegen sexistische Gewalt. Wenn wir es überall anwenden, werden wir keine ermordeten Frauen mehr zählen müssen.
Autorin:
Silvia Augsburger ist eine der führenden Köpfe von Ojo Paritario, eine politisch plurale Plattform in Argentinien aus einzelnen Abgeordneten, Senatorinnen und Akademikerinnen sowie Vertreterinnen aus NGOs, Basisgruppen usw. aus sozialdemokratischen, peronistischen und teils liberalen Parteien/Gruppen. Das Ziel der Plattform ist Parität auf allen Ebenen. Die Autorin ist Sozialistin und war Kommunal- und Provinzpolitikerin.
Der Text ist eine Übersetzung. Den spanischen Originalbeitrag "Pandemia, violencia machista y paridad" finden Sie hier.
Aus der Praxis einer Anwältin für Gewaltschutz. Ein Beitrag von Asha Hedayati.
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Wie kann eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in den Parlamenten geschaffen werden? Daten und Fakten dazu bietet unsere neue…
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030 26935-8313Susan.Javad(at)fes.de
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030 26935-8333Vanicha.Weirauch(at)fes.de