Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Ein Beitrag von Peter Ruhenstroth-Bauer, Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe, anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni.
Bild: Phase 3 Albergue Fundar 1 von Cristal Montanez lizenziert unter CC BY-SA 2.0 Venezuelan refugees walking to Cúcuta. The children are very tired and the families are looking for a place to rest. Unfortunately, due to the COVID-19 all the shelters are closed.
Hinter uns liegt ein Jahrzehnt der Krisen und Fluchtbewegungen. Rund 100 Millionen Menschen mussten in den letzten zehn Jahren fliehen, entweder innerhalb ihres Herkunftslandes oder über Landesgrenzen hinweg. Seit 2010 hat sich die Zahl der Menschen auf der Flucht verdoppelt. Im Jahr 2010 waren es noch 41 Millionen. Inzwischen sind es 79,5 Millionen.
Hauptursache für diese unvorstellbar hohen Zahlen ist die Kombination aus Langzeitkonflikten wie etwa in Syrien, Afghanistan oder Südsudan und neueren Krisen wie in Venezuela oder Myanmar. Aus diesen Ländern stammen etwa zwei Drittel aller Geflüchteten. Hinzu kommen die gravierenden Folgen des Klimawandels, der vielen Menschen die Lebensgrundlage entzieht, Konflikte um Ressourcen entfacht und damit die Fluchtbewegungen immer weiter in die Höhe treibt. Dramatische Auswirkungen haben auch die vergessenen Krisen wie im Jemen, in Kolumbien, der Demokratischen Republik Kongo oder in Myanmar. Sie produzieren Millionen von Binnenvertriebenen. Mehr als 24,1 Millionen Jemenit_innen brauchen humanitäre Unterstützung. In Kolumbien sind derzeit rund acht Millionen Menschen im eigenen Land vertrieben.
Auch die sich momentan akut verschärfende Situation in der Sahelzone - Burkina Faso, Mali und Niger - verdeutlicht, dass die Konflikte um Macht und Ressourcen stetig wachsen. Über drei Millionen Menschen der Sahelzone wurden inzwischen zur Flucht gezwungen – sowohl innerhalb der Region als auch in die Nachbarländer. Bewaffnete Gruppen töten wahllos und terrorisieren die Zivilbevölkerung. Viele Menschen sind bereits mehrfach vertrieben worden oder entschließen sich aus Verzweiflung - trotz der anhaltenden Gewalt und mangelnder Sicherheit - in ihre Heimat zurückzukehren. Die Situation droht nun auch auf die Küstenländer Benin, Côte d'Ivoire, Ghana und Togo überzugreifen.
Die Ursachen liegen in den Ideologien der bewaffneten Gruppen, ihrer geographischen Nähe und ihren illegalen Finanzierungsmethoden begründet und sind eng mit den Verhältnissen in Kamerun, Libyen und Nigeria verknüpft.
Auch die Sicherheitslage ist durch das breite Spektrum der Waffenakteure - darunter auf der einen Seite nationale Armeen, internationale Streitkräfte und eine UN-Friedensmission, und auf der anderen Seite aufständische bzw. bewaffnete Gruppen, Menschenhandel und kriminelle Banden- undurchschaubar geworden. Die anhaltende Unsicherheit und gewaltsame Eskalation zwischen den Konfliktparteien, sowie das Fehlen einer funktionierenden Straßeninfrastruktur, Überschwemmungen und unwegsames Gelände machen den Zugang der humanitären Hilfe in dieser Region extrem schwierig.
Die Situation wird durch die COVID-19-Pandemie zusätzlich verschärft. Sie hat bereits Gebiete erreicht, die Geflüchtete und Binnenvertriebene aufnehmen. Trotz einer geringen Anzahl bisher entdeckter Fälle weist der stetige Anstieg der Infektionsraten auf eine bevorstehende Katastrophe hin, die die Kapazitäten des nationalen Gesundheitssystems bei weitem übersteigt.
Die unmittelbaren sozioökonomischen Auswirkungen werden längerfristige Folgen für die Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen in der gesamten Sahelzone haben, die sich unverhältnismäßig stark auf die Vertriebenen auswirken, dauerhafte Lösungen gefährden und die Wahrscheinlichkeit weiterer Konflikte erhöhen.
Die Sahelzone und ihre zahlreichen Konflikte liegen weit entfernt von uns. Zeitweise erreichen uns die katastrophalen Zustände über die mediale Berichterstattung, bis der Nachrichtenwert sinkt und sie letztlich in Vergessenheit geraten. Die überfüllten Lager auf den griechischen Inseln sind der Beweis – Millionen von geflüchteten Menschen rennen um ihr Leben. Sie nehmen in Kauf, auf dem Mittelmeer zu ertrinken, statt dort auszuharren, wo ihnen Gewalt oder Tod drohen.
Rund 80 Prozent aller Vertriebenen finden derzeit Schutz in Regionen oder Ländern, die von akuter Ernährungsunsicherheit oder sogar Unterernährung betroffen sind. Ein unhaltbarer Zustand, sowohl für die Geflüchteten, als auch die Aufnahmeländer.
Aber auch auf unserem Kontinent ist es kritisch, wenn Länder wie Griechenland oder Italien nicht die notwendige Solidarität der Gemeinschaft erfahren.
In Griechenland Hier derzeit 36.000 Menschen in Aufnahmezentren, die ursprünglich für 5.400 Menschen konzipiert waren. In Moria, dem größten Flüchtlingscamp auf der griechischen Insel Lesbos, leben rund 20.000 Menschen auf engstem Raum. Ursprünglich war Moria für die Aufnahme von nur 2.500 Menschen geplant. 5400 unbegleitete Kinder und Jugendliche leben in Griechenland, rund 2000 davon auf den Inseln. Abstand halten und regelmäßiges Händewaschen, die Grundregeln der COVID19-Prophylaxe sind hier so gut wie unmöglich. Dies verdeutlichen u.a. die katastrophalen hygienischen Zustände in Moria, wo sich mehr als 500 Bewohner_innen eine Dusche und 160 Menschen eine Toilette teilen müssen.
Die UNO-Flüchtlingshilfe steht als nationaler Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) vor der Herausforderung, diese Menschen immer wieder in Erinnerung zu rufen. Sie mobilisiert die Zivilgesellschaft in Deutschland, um die weltweiten, lebensrettenden Einsätze des UNHCR, aber auch Projekte für Flüchtlinge in Deutschland finanziell zu unterstützen.
Der Weltflüchtlingstag am 20. Juni stellt die 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht in den Mittelpunkt und würdigt den Mut und die Widerstandsfähigkeit, die sie täglich aufbringen. Ein einzelner Tag reicht jedoch nicht aus, um das Ausmaß der globalen Situation von Geflüchteten in den Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit zu rücken. Mit dem globalen Pakt für Geflüchtete ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz im Umgang mit den weltweiten Fluchtbewegungen gelegt worden. Dabei spielen die Zivilgesellschaften eine wichtige Rolle. Sie können politische Prozesse auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene anstoßen, mögliche Schutzmechanismen der Zukunft vorbereitend diskutieren und entsprechende Förderstrukturen zu bilden.
Autor:
Peter Ruhenstroth-Bauer ist Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe, dem deutschen Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR).
Unterstützung und Informationen:https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/spenden-withrefugees/
Wir sprachen mit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelferin Zehida Bihorac über die Situation in Bosnien und Herzegowina.
Wir sprachen mit Marie von Manteuffel von Ärzte ohne Grenzen über die drohende Gesundheitskatastrophe in den Flüchtlingslagern in Griechenland.
Die EU darf ihre Augen nicht vor dem Sterben im Mittelmeer verschließen. Sie muss eine humane Lösung für Migration finden.
Anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni sprachen wir mit Marie von Manteuffel von Ärzte ohne Grenzen über die Lage im Mittelmeer.
Ansprechpartnerinnen
Susan Javad
030 26935-8313Susan.Javad(at)fes.de
Vanicha Weirauch
030 26935-8333Vanicha.Weirauch(at)fes.de