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Mit Karriereplattformen und softwarebasierten Rekrutierungsverfahren hat die digitale Beschäftigungsindustrie an Einfluss auf Stellenbesetzungsprozesse gewonnen. Für Bewerber_innen bedeutet dies einen partiellen Kontrollverlust über ihre Daten.
Stellensuche in der Zeitung und Versand der Unterlagen per Post: Heutzutage nimmt kaum noch eine Bewerbung diesen analogen Weg. In den letzten Jahren haben digitale Plattformen und Apps Einzug in die Prozesse der Personalrekrutierung gehalten. Vakante Stellen werden über Jobbörsen wie Indeed und Google Jobs ausgeschrieben, Bewerber_innen präsentieren sich auf Karrierenetzwerken wie LinkedIn und Xing, und dazwischen haben sich zahlreiche private Agenturen mit digitalen Vermittlungsleistungen etabliert. Mit Rekrutierungs-Software lässt sich die Stellenbesetzung zum Teil automatisieren. Von der Vorsortierung der Bewerbungsunterlagen bis hin zu digitalen Persönlichkeitstests findet diese ein breites Anwendungsfeld.
Für alle Beteiligten hat sich durch die digitalen Anwendungen die verfügbare Informationsbasis erhöht: Bewerber_innen haben Zugang zu mehr Jobangeboten und Unternehmen zu einem größeren Bewerber_innenpool. Gleichzeitig, so führt Prof. Hans J. Pongratz von der LMU München im Wiso-direkt aus, ergibt sich ein neues Problemfeld: Für Bewerber_innen wird zunehmend intransparent, wer Zugang zu ihren Informationen hat und welche davon Unternehmen zur Stellenbesetzung nutzen. Neben freiwillig gemachten Angaben fallen beim Nutzen von Apps und Plattformen weitere Daten an: Sprachmuster der Kommunikation mit Chatbots, Resultate von Online-Tests und Nutzungsspuren auf Karrierenetzwerken. Die Dienste XING-E-Recruiting und LinkedIn Recruiter bieten die Aufbereitung solcher Nutzungsdaten für Rekrutierungszwecke an. Arbeitgeber müssen diese zwar gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) löschen, wenn eine Einstellung nicht erfolgt. Sofern Bewerber_innen nicht ausdrücklich unter Berufung auf die DSGVO widersprechen, können jedoch private Personalvermittlungen ihre Daten speichern, aktualisieren und erneut für Anfragen von Arbeitgebern verwenden.
Bewerber_innen verlieren damit im digitalen Raum an Kontrolle über ihre Selbstdarstellung und letztlich auch über den Bewerbungsprozess. Für sie ist intransparent, welche Informationen dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen und ihre Angaben untergraben könnten, wenn ihre Aussagen etwa mit ihren Verhaltensdaten auf Karrierenetzwerken abgeglichen werden. Gleichzeitig ist die Meidung von Karriereplattformen und digitalen Bewerbungsverfahren unattraktiv, weil dies unmittelbar die Einstellungschancen vermindern würde. Damit kommt Prof. Hans J. Pongratz zu der Schlussfolgerung, dass es einer „Neubestimmung von Regeln und Richtlinien für Bewerbungs- und Auswahlverfahren“ bedarf. Notwendig sei ein Rechtsanspruch auf Transparenz der Verfahren zur Sammlung und Auswertung von Daten. Erst wenn ein geeigneter Ordnungsrahmen gefunden ist, können die neuen digitalen Möglichkeiten gleichermaßen zum Nutzen von Bewerber_innen und Arbeitgebern beitragen.
Über den Autor
Prof. Dr. Hans J. Pongratz forscht und lehrt am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören digitale Arbeitsformen und die Situation von (Solo-) Selbstständigen.
Ansprechpartner in der FES: Andreas Wille
Pongartz, Hans J.
Informationskontrolle auf dem digitalisierten Arbeitsmarkt / Hans J. Pongartz. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik, 2021. - 4 Seiten = 100 KB, PDF-File. - (WISO direkt ; 2021,21)Electronic ed.: Bonn : FES, 2021ISBN 978-3-96250-935-4
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Das schwedische Projekt “Equal Entry” sammelt wissenschaftliche Erkenntnisse zur besseren Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen.
von Paul Nemitz und Matthias Pfeffer
von Justin Nogarede
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