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Dass dieser Satz in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eingehen würde, war Anfang September 1948, als der Parlamentarische Rat im Bonner Museum König zum ersten Mal zusammentrat, keineswegs abzusehen.
Zunächst sah es so aus, als ob das Thema Frauenrechte schlicht mit derselben Formulierung in das Grundgesetz gelangen würde, wie es schon in der Weimarer Verfassung fixiert worden war: "Männer und Frauen haben die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.", was im Grunde nicht viel mehr bedeutete, als dass Frauen das Wahlrecht hatten.
Frauen in der Mannschaft Sozialdemokratinnen im Parlamentarischen Rat und im Deutschen Bundestag 1948/49-1957
Anhand der konkreten Biografien von 26 sozialdemokratischen Frauen im Parlamentarischen Rat und in den beiden ersten Bundestagen zeigt Gisela Notz ein Stück Zeitgeschichte der Jahre 1948–1957 auf.
Aber es gab ja auch weibliche Mitglieder in der Versammlung. Immerhin vier Frauen waren in den insgesamt 65-köpfigen Parlamentarischen Rat entsandt worden: Frieda Nadig (SPD), Elisabeth Selbert (SPD), Helene Weber (CDU) und Helene Wessel (Zentrum).
Nadig, geboren 1897 in Herford, Gesundheitspflegerin beim Staatlichen Gesundheitsamt des Kreises Ahrweiler und Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt Ostwestfalen (Bielefeld), engagierte sich im Wiederaufbau des Bielefelder SPD-Ortsverbands und der SPD-Bezirksorganisation Ostwestfalen. Sie war Mitglied des Zonenbeirats, 1947 Mitglied des Nordrhein-Westfälischen Landtags. Ihr Schwerpunkt: Sozialpolitik.
Selbert, geboren 1896 in Kassel, promovierte Juristin, war bereits von der amerikanischen Militärregierung beauftragt worden, am Wiederaufbau von Justiz und Verwaltung mitzuarbeiten. Neben ihrer Tätigkeit als Strafverteidigerin bei Militärgerichten engagierte sie sich in der Wiederbegründung der SPD. Seit 1946 als Stadtverordnete sowie als Mitglied im Bezirks- und Parteivorstand der SPD und der Verfassungsberatenden Landesversammlung Groß-Hessen in Wiesbaden.
Weber, geboren 1881 in Elberfeld, hatte bereits der Weimarer Nationalversammlung angehört. Die Lehrerin war aktiv im Berufsverband katholischer Erzieherinnen im Katholischen Deutschen Frauenbund und Mitbegründerin und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Frauen der CDU/CSU. Sie war 1946 Mitglied des ersten ernannten Landtags von Nordrhein-Westfalen, ab 1947 des Zonenbeirats der Britischen Zone.
Wessel, geboren 1898 in Dortmund, Diplomwohlfahrtspflegerin, war bis 1933 Abgeordnete des Preußischen Landtags gewesen, nach Kriegsende engagierte sie sich in der Zentrumspartei, wurde 1946 zur Mitvorsitzenden gewählt und war Abgeordnete des Nordrhein-Westfälischen Landtags.
Sie alle waren starke, sozialpolitisch engagierte Frauen – die ambitionierteste war aber sicherlich Elisabeth Selbert.
Die Juristin arbeitete im Parlamentarischen Rat an der verfassungsrechtlichen Verankerung der politischen Parteien mit, so an Artikel 21 des Grundgesetzes „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit...“ und sie engagierte sich beim Thema Gleichstellung von Mann und Frau für eine neue Formulierung. Sie war davon überzeugt, dass der Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" ins Grundgesetz gehörte. So sollte der Staat verpflichtet werden, alle bestehenden Regelungen, beispielsweise im Ehe- und Familienrecht, dem Gleichheitsgebot anzupassen, und auch zukünftige Gesetzgebung danach auszurichten.
Dafür gab es zunächst keinen Beifall, auch nicht in den eigenen Reihen: Nicht nur die männliche Übermacht stellte sich in der verfassungsberatenden Versammlung gegen die von ihr gewünschte Eindeutigkeit, sondern auch die Frauen. Argumentiert wurde mit den vermeintlichen biologischen Unterschieden oder auch der Befürchtung, dass Frauen zum Kriegsdienst herangezogen werden könnten.
So wurde Selberts Antrag auf Aufnahme des Gleichstellungspassus’ im November 1948 durch den Ausschuss für Grundsatzfragen abgelehnt und dann noch einmal im Dezember – diesmal im Hauptausschuss.
Es zeigte sich, dass Elisabeth Selbert lediglich auf die Unterstützung ihrer Parteigenossin Frieda Nadig bauen konnte. Selbert vertraute darauf, dass sie weitere Verbündete finden würde und ging an die Öffentlichkeit. Wie ein »Wanderprediger«, so formulierte sie selbst, zog sie durchs Land - hielt Vorträge in Hamburg, München, Frankfurt und mobilisierte überparteiliche Frauenverbände, Gewerkschafterinnen und Politikerinnen aller Parteien.
Und die Kampagne wirkte: In großen Mengen gingen Protestschreiben ein. Berufsverbände der Frauen, Kommunalpolitikerinnen, weibliche Belegschaften aus unterschiedlichsten Betrieben, Betriebsrätinnen und viele einzelne Frauen wollten die volle Gleichberechtigung. Auch der zentrale Ausschuss für Frauenfragen der SPD unterstützte ihre Aktion und am 13. Januar 1949 forderten alle weiblichen Abgeordneten des Landtages von Nordrhein-Westfalen, also auch die von CDU und Zentrum, in einem Schreiben an den Parlamentarischen Rat die Annahme der Formulierung.
So befürwortete der Hauptausschuss am 18. Januar 1949 einstimmig die Aufnahme des Satzes „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in den Grundrechte-Katalog des Grundgesetzes. Elisabeth Selbert erlebte dies, so beschrieb sie es später, als »Sternstunde« ihres Lebens.
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Übrigens, 1994 kam es zu einer Grundgesetzänderung: Art. 3 Absatz 2 GG "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" wurde ergänzt um einen zweiten Satz: "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin."
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