Der KZ-Entlassungsschein von Kurt Schumacher

Dieser unscheinbare Entlassungsschein dokumentiert das Ende von Schumachers Haftzeit und steht stellvertretend für die nationalsozialistische Verfolgung von Sozialdemokrat_innen und Gewerkschafter_innen. Am 20. September 1944 wurde Kurt Schumacher, später erster SPD-Vorsitzender der Nachkriegszeit, aus dem Konzentrationslager Neuengamme entlassen. Damit endeten für Schumacher über zehn Jahre Haft durch die Nationalsozialist_innen. In Freiheit konnte er auch nach seiner Entlassung vorerst nicht leben, da er sich nicht vom ihm zugewiesenen Aufenthaltsort Hannover entfernen durfte.
 

In unserem umfangreichen Fotoarchiv befinden sich zahlreiche Aufnahmen von Kurt Schumacher, die online auf  dem iServer recherchierbar sind.

In der Bibliothek der FES finden sich darüber hinaus zahlreiche Publikationen zu Kurt Schumacher.

Die Nationalsozialist_innen verfolgten während ihrer Herrschaft systematisch ihre politischen Gegner_innen. Viele Sozialdemokrat_innen, auch der SPD-Parteivorstand, verließen Deutschland und gingen ins Exil. Tausende jedoch wurden inhaftiert, viele wurden getötet oder starben aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen. Bereits unmittelbar nach dem nationalsozialistischen Machtantritt begann für viele Sozialdemokrat_innen der NS-Terror. So dokumentiert beispielsweise ein Foto aus unserem Fotoarchiv, wie der SPD-Reichstagsabgeordnete Bernhard Kuhnt schon am 9. März 1933, also wenige Wochen nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, von der SA im Viehwagen durch die Straßen von Chemnitz gefahren wurde, um sozialdemokratische Wahlaufrufe und Parolen aus dem Straßenbild zu entfernen.

Kurt Schumacher war als Vorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Stuttgart, später als Abgeordneter des Landtags von Württemberg und des Reichstags schon früh in den Fokus der Nationalsozialist_innen geraten. Durch seine berühmte Rede am 23. Februar 1932 vor dem Reichstag wurde der Kriegsinvalide Schumacher endgültig zum Feindbild der Nationalsozialist_innen, indem er Joseph Goebbels, der die SPD als „Partei der Deserteure“ bezeichnet hatte, entgegnete:

"Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen. Wenn wir irgendetwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Tatsache, dass ihm zum ersten Mal in der Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist."

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialist_innen wurde Schumacher ab Juni 1933 per Steckbrief gesucht. Schumacher tauchte in Berlin unter, wurde jedoch am 6. Juli 1933, kurz nach dem Verbot der SPD, verhaftet. Zunächst wurde er im Gefängnis Plötzensee festgehalten, wenig später in das Konzentrationslager Heuberg, im Dezember 1933 dann ins Konzentrationslager Oberer Kuhberg in Ulm überführt. Im Juli 1935 wurde er schließlich in das Konzentrationslager Dachau verlegt, wo er fast acht Jahre inhaftiert sein sollte.

Erst im März 1943 wurde er entlassen. Als Aufenthaltsort wurde ihm nach seiner Haft Hannover zugewiesen, um zu vermeiden, dass er alte Kontakte zu sozialdemokratischen Gegner_innen des Nazi-Regimes wieder aufnahm. In Hannover arbeitete er fortan als Buchhalter in einer Leimfabrik und wohnte bei seiner Schwester und deren Mann.

Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde Schumacher wie viele ehemalige sozialdemokratische Funktionär_innen und Mandatsträger_innen im Rahmen der "Aktion Gitter" erneut verhaftet und im Konzentrationslager Neuengamme festgehalten, das er jedoch diesmal bald wieder verlassen konnte.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft stieg Schumacher rasch zu einer prägenden Person der deutschen Sozialdemokratie auf, wurde erster SPD-Vorsitzender der Nachkriegszeit und Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Kurt Schumacher starb am 20. August 1952 in Bonn.

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