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Als die 39-jährige SPD-Abgeordnete Marie Juchacz am 19. Februar 1919 diesen Satz an die anwesenden „Herren und Damen“ der Weimarer Nationalversammlung richtete, erfasste sie die historische Bedeutung dieses Augenblicks. Sie war die erste von Frauen und Männern ab 21 Jahren gewählte Abgeordnete, die vor einem demokratischen Parlament in Deutschland das Wort ergriff.
Die „Selbstverständlichkeit“, von der Juchacz sprach, war allerdings eine moralische, keineswegs eine historische. Das Wahlrecht für Frauen musste in einem mühsamen Ringen um Gleichberechtigung durch die Frauenbewegung und die Sozialdemokratie gegen viele Bedenken und Widerstände durchgesetzt werden.
Bei dem ausgewählten Objekt handelt es sich zwar nicht um eine Aufnahme der Rede vor der Weimarer Nationalversammlung, um das Frauenwahlrecht geht es dennoch. Es ist die Originalaufnahme einer Ansprache, die Marie Juchacz 1928 in ihrer Funktion als Parteivorstandsmitglied hielt.
Den genauen Text und viele weitere Originalmitschnitte des SPD-Parteivorstandes finden Sie in unserem Tonarchiv.
Es war ebenfalls keine Selbstverständlichkeit, dass Marie Juchacz diese exponierte politische Stellung erreicht hatte. Sie stammte aus Landsberg an der Warthe (heute: Gorzów Wielkopolski), war in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen und hatte erste Berufserfahrungen als Dienstmädchen, Krankenpflegerin und Schneiderin gesammelt. Sie kam als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern 1906 nach Berlin, wo sie Anschluss an die Sozialdemokratie fand. 1913 zog sie weiter nach Köln, um dort für die regionale SPD-Gliederung als Frauensekretärin zu arbeiten. Im Ersten Weltkrieg engagierte sie sich außerdem in der Kriegsfürsorge. Nach der Parteispaltung von 1917 wurde sie – als Nachfolgerin von Clara Zetkin – vom SPD-Parteivorstand zurück nach Berlin geholt, zudem leitete sie nun zusammen mit Heinrich Schulz die sozialdemokratische Frauenzeitschrift Die Gleichheit. Über diese Aufgaben sowie ihre Berufs- und Lebenserfahrungen qualifizierte sie sich als Fürsprecherin der Arbeiterinnen und Arbeiter in sozialen Fragen. Juchacz war es auch, die im SPD-Vorstand beharrlich auf die Wichtigkeit der sozialen Arbeit und der Fürsorge hinwies und damit der Gründung der Arbeiterwohlfahrt im Dezember 1919 den Weg bereitete. Bis 1933 war sie als Vorsitzende dieser auch langfristig erfolgreichen Wohlfahrtsorganisation und als Reichstagsabgeordnete eine führende sozialpolitische Protagonistin.
Aufgrund ihrer Bekanntheit rückte sie unmittelbar nach der Machtübernahme ins Visier der Nationalsozialisten, die eine Zerschlagung und Enteignung der Arbeiterwohlfahrt und der SPD anstrebten. Marie Juchacz musste im Mai 1933 aus Deutschland fliehen, zunächst ins Saargebiet, 1935 ins Elsass und nach Kriegsbeginn über Paris, Marseille und Martinique in die USA, wo sie in New York und bei den Quäkern in Iowa Zuflucht fand. Sie führte in dieser Zeit eine umfangreiche persönliche und politische Korrespondenz, die im Archiv der sozialen Demokratie vorhanden ist. Nach Kriegsende initiierte sie in New York sogar einen Ableger der Arbeiterwohlfahrt, um gezielt Hilfspakete nach Deutschland zu senden. 1949 kehrte sie selbst nach Deutschland zurück und begleitete als Ehrenvorsitzende noch bis zu ihrem Tod am 28. Januar 1956 mit Briefen, Gesprächen und Reden den Neuaufbau der Arbeiterwohlfahrt. Auch diese Dokumente finden sich im großen Bestand des AWO-Bundesverbands, der vom AdsD archivalisch erschlossen wurde.
Archiv der sozialen Demokratie
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Weitere Informationen und Literturhinweise zum Thema Frauenwahlrecht gibt es hier... weiter
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Sesede Terziyan (Theater- und Filmschauspielerin, Mitglied des Ensembles des Maxim Gorki Theaters, Berlin) liest die Rede, die Marie Juchacz am 19. Februar 1919, als erste Frau überhaupt, in der Weimarer Nationalversammlung hielt, auf einer Veranstaltung des AdsD. weiter