Widerstand auf grünem Papier – Sopade Deutschlandberichte

Die Deutschlandberichte der Sopade, die aufgrund des verwendeten dünnen Durchschlagpapiers auch "grüne Berichte" genannte wurden, waren ein Hauptbestandteil der Widerstandsarbeit der deutschen Sozialdemokrat_innen im Exil. Sie wurden in den Jahren zwischen 1934 und 1940 veröffentlicht, um den Widerstand unter der NS-Diktatur zu unterstützen und befreundete Organisationen der Arbeiterbewegung im Kampf gegen den Nationalsozialismus von "außen" zu informieren.

Nicht nur die Deutschlandberichte, auch alle weiteren Dokumente der Sopade befinden sich in unserem Archiv. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Parteipublikationen – die so genannte „Graue Literatur“ – in unserer Bibliothek verfügbar.

Seit Anfang 2020 stehen zudem alle Originalausgaben der Deutschlandberichte auch online zur Verfügung.

Das Jahr 1933, die Errichtung der NS-Diktatur in Deutschland, stellte die tiefste Zäsur in der Geschichte der Arbeiterbewegung dar. Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. In rascher Folge kommt es am 2. Mai zur Zerschlagung der Gewerkschaften und am 22. Juni zum Verbot der SPD. Trotz persönlicher Gefährdung stimmt die SPD-Fraktion im Reichstag als einzige Partei mutig mit Nein gegen das sogenannte Ermächtigungsgesetz. Otto Wels’ Entgegnung auf die Rede Hitlers gehört zu den Höhepunkten des deutschen Parlamentarismus.

Teile des SPD-Parteivorstandes konnten im Frühjahr 1933 nach Prag emigrieren. Dort setzte er seine politische Arbeit als SOPADE (Sozialdemokratische Partei Deutschlands im Exil) fort und unterstützte Widerstandsnetze in Deutschland. Seine Aufgaben waren: Aufrechterhaltung  der illegalen Parteistrukturen, Unterstützung von politische Verfolgten und Aufklärung über den verbrecherischen Charakter der NS-Diktatur. Die SOPADE druckte Broschüren, Zeitungen (z.B. der „Neue Vorwärts“), Flug- und Tarnschriften, Hand- und Klebezettel.

Sie errichtete Grenzsekretariate in den Grenzregionen der Nachbarländer von Deutschland. Die Grenzsekretariate waren die wichtigsten Schaltstellen für die Widerstandarbeit des Exilvorstands. Hierüber wurden die Druckwerke ins Reich geschleust und Nachrichten aus Deutschland heraus gebracht, hier wurden Berichterstatter und Kuriere koordiniert. Aus den überbrachten Darstellungen wurden dann unzensierte Lageberichte zur politischen und wirtschaftlichen Situation in NS-Deutschland zu den sogenannten Deutschland-Berichten zusammengefasst. Sie konnten in der Zeit von 1934 bis 1940 erscheinen und erreichten Auflagen zwischen 500 und 1.700 Exemplaren.

Diese Berichte und die genannten Druckschriften unterstützten einerseits den Widerstand im Reich und waren gleichzeitig eine unschätzbare Quelle für befreundete Organisationen der Arbeiterbewegung im Kampf gegen den Nationalsozialismus von „außen“ und natürlich für alle Forschenden bis heute.

Die SOPADE musste 1938 ihren Sitz nach Paris verlegen, kriegsbedingt flüchteten die Vorstandsmitglieder dann 1940 nach London, wo sie bis Kriegsende 1945 blieben.

Der Widerstand der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung war fast immer gewaltfrei. Der Zweite Weltkrieg mit seinen Millionen Toten und die Deportation und Ermordung der Juden führte einzelne Sozialdemokrat_innen und Gewerkschafter_innen zum militärischen Widerstand und zum Kreisauer Kreis und sie beteiligten sich an den Umsturzplänen des 20. Juli 1944. Zu erinnern ist hier an den sozialdemokratischen Politiker und Gewerkschafter Wilhelm Leuschner (1890-1944), der nach dem Attentat auf Hitler 1944 hingerichtet wurde. Viele Mitglieder von Sozialdemokratie und Gewerkschaften gaben ihre grundsätzliche Gegnerschaft gegen die NS-Diktatur nicht auf. Doch sicher war nur eine kleine Minderheit bereit zum aktiven Widerstand in Anbetracht des NS-Terrors, da dieser Folter, Mord, Konzentrationslager oder Zuchthaus bedeutete. Nicht hoch genug kann vor diesem Hintergrund der persönliche Mut und die Opferbereitschaft jedes einzelnen gewürdigt werden. Ohne Unterstützung von Bevölkerungsgruppen außerhalb der Arbeiterbewegung war eine erfolgreiche Bekämpfung des Nationalsozialismus „von innen“ nicht möglich. Erst die Niederlage im Krieg befreite Deutschland von der nationalsozialistischen Herrschaft. Geradezu prophetisch für die weitere Entwicklung klingen da die Worte des SPD-Vorsitzenden Otto Wels, der schon auf der SPD-Reichskonferenz am 26. April 1933 sagte: „Aber wird die Organisation durch Kräfte von außen zerschlagen, dann bleibt immer noch in Millionen Köpfen und Herzen die Idee, und sie sichert auch die Wiedergeburt der Organisation.“

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In unserer Bibliothek

Klaus Behnken (Hg.), Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) 1934–1940. 7 Jahrgangsbände als Nachdruck, Frankfurt am Main 1980.

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