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Am 9. November 1918 liefen in der Druckerei des Vorwärts die Rotationspressen den ganzen Tag auf Hochtouren. In nicht weniger als sechs rasch aufeinander folgenden Extraausgaben informierte das „Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ an diesem Tag über die turbulenten Ereignisse der Novemberrevolution: die Ausrufung der Republik in Bayern und Braunschweig (reguläre Ausgabe), die Ausrufung des Generalstreiks (erste Extraausgabe), die Abdankung des Kaisers (zweite Extraausgabe) und schließlich die Ernennung des SPD-Parteivorsitzenden Friedrich Ebert zum Reichskanzler (dritte Extraausgabe).
Der Vorwärts spielte damit als Informationsmedium und Propagandainstrument der SPD, aber auch als Publikationsorgan der neuen Regierung eine wichtige Rolle in der Novemberrevolution. Es war daher kein Zufall, dass das Verlagsgebäude wenige Wochen später während des Spartakus-Aufstands heftig umkämpft und teilweise schwer beschädigt wurde.
Im elektronischen Lesesaal der Bibliothek der FES ist die „Historische Presse der deutschen Sozialdemokratie online“ verfügbar. Das Digitalisierungsprojekt wurde außerdem durch den Vorwärts-Blog begleitet.
Unsere Bibliothek bietet darüber hinaus viele weitere Parteipublikationen zur Ausleihe an, sowie einen Überblick über die Arbeiterpresse, so z.B. "Die Presse der deutschen Sozialdemokratie: Eine Bibliographie", "Die Arbeiterpresse: Organisation, Probleme, Wirkung : Ein historischer Überblick" oder "Internationale Bibliographie zur deutschsprachigen Presse der Arbeiter- und sozialen Bewegungen von 1830 – 1982".
Bereits seit seiner Gründung 1876, als die Zeitungen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins (ADAV) zusammengelegt worden waren, galt der Vorwärts als das sozialdemokratische Leitmedium schlechthin, das eine alternative Öffentlichkeit zur bürgerlichen Presse anbot und zu einem überregionalen Identifikationspunkt der Arbeiterbewegung wurde. Zur Zeit der Sozialistengesetze im Züricher und Londoner Exil herausgegeben, erschien der Vorwärts ab 1890 in Berlin. Als der SPD-Parteivorstand 1903 den Neubau in der Lindenstraße 3 eröffnete, zog dort auch die Vorwärts-Redaktion und -Druckerei ein.
Das repräsentative Gebäude demonstrierte ganz offenkundig das Selbstbewusstsein der deutschen Sozialdemokratie und seiner Presse. So erschienen im Sommer 1914 insgesamt 94 sozialdemokratische Zeitungen mit einer Auflage von etwa 1,4 Millionen Exemplaren. Allein der Vorwärts machte in diesem Jahr 10 Prozent der Auflage der gesamten SPD-Presse aus. Hinzu kamen Zeitungen speziell für bestimmte Zielgruppen wie die „Gleichheit“, die die bedeutendste Zeitung der sozialdemokratischen Frauenbewegung darstellt.
In den Kriegs- und Revolutionsjahren folgten weitere Neugründungen von den SPD-Abspaltungen USPD und KPD, etwa die „Freiheit“ und die „Die rote Fahne“. Während der Weimarer Republik war die SPD zeitweise im Besitz von 169 Zeitungen und 104 Druckereien, die zusammen fünf Prozent der Auflage aller Zeitungen in Deutschland ausmachten.
Mit dem Erfolg der unpolitischen Massenpresse und der Etablierung weiterer Medien wie Rundfunk und Film während der 1920er-Jahre geriet der Vorwärts mit seiner rein politischen Ausrichtung unter Druck. Die Redaktion reagierte mit der Einführung neuer Rubriken wie etwa einem Sportteil sowie der Herausgabe weiterer zielgruppenspezifischer Formate, die als Beilagen vertrieben wurden.
Gegen Ende der Weimarer Republik entwickelte sich der Vorwärts wieder zu einem primär politischen Organ, indem er sich wie andere SPD-Zeitungen entschieden gegen den Nationalsozialismus stellte. Die letzte Ausgabe des Vorwärts erschien am 28. Februar 1933, kurz danach wurde der Vorwärts wie viele weitere Redaktionen und Druckereien durch die SA besetzt. Als Exilausgabe wurden fortan „Der neue Vorwärts“ bzw. die „Sozialistische Aktion“ vertrieben.
Schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gelang der Wiederaufbau der sozialdemokratischen Presselandschaft. Im Jahr 1947 existierten bereits 17 SPD-Zeitungen mit einer Gesamtauflage von knapp 2,5 Millionen Exemplaren und einem Marktanteil von 14 Prozent. Der Vorwärts selber konnte erst 1948 mit einer Lizenz der britischen Alliierten in Hannover unter dem Titel „Neuer Vorwärts“ wieder erscheinen.
Die Zeitungskrise der 1960er und 1970er Jahre erfasste auch die SPD-Presse. Als erstes großes sozialdemokratisches Blatt musste 1966 das traditionsreiche „Hamburger Echo“ schließen, 1972 folgte die Einstellung des SPD-nahen „Telegraf“ aus Berlin. Der Vorwärts hingegen erlebte in der Zeit der sozial-liberalen Koalition einen erneuten Boom, bis auch er in den 1980ern in eine Krise geriet und schließlich am 16. April 1989 aus dem freien Verkauf genommen und in ein monatlich erscheinendes Mitgliedermagazin verwandelt wurde, das aktuell mit einer Auflage von über 370.000 Exemplaren verbreitet wird.
Die SPD-Zeitungen bilden eine herausragende Quelle für die historische Forschung. Gerade für die Zeit vor 1933 können der Vorwärts und viele regionale SPD-Zeitungen häufig als eine Art Ersatzüberlieferung gelten, da durch die Wirren des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs die Dokumente vieler SPD-Gliederungen und ihrer Mitglieder vernichtet wurden oder nicht mehr auffindbar sind. Viele Informationen sind deshalb allein über Ankündigungen oder Berichte in den damaligen SPD-Zeitungen zu finden.
Mit ihrer über 140-jährigen Geschichte bilden der Vorwärts und die anderen sozialdemokratischen Zeitungen das gedruckte Gedächtnis der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Der Vorwärts begleitet seit seiner Entstehung die Entwicklung der Partei. Die Zeitung bietet damit einen komprimierten Einblick in die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie, deren innerparteiliche Diskussionen, thematischen Schwerpunktsetzungen und richtungsweisenden Entscheidungen bis zum heutigen Tag.
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