Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Fast geschafft? In der Friedrich-Ebert-Stiftung werden seit 2021 eine Modernisierung und ein Umbau der Magazinräume des gesamten Sammlungsbereichs vorbereitet. Die erste Phase des Projekts ist nun abgeschlossen. Wie es mit den Räumlichkeiten und dem Sammlungsgut in der zweiten Projekthälfte weitergeht, erfahrt ihr hier.
Immer seltener sind in diesen Tagen die Magazinräume des Sammlungsbereichs hell erleuchtet: Es ist wieder ruhiger geworden im Plakatlager, leerer sind die Regale im Videolager und komplett ausgeräumt ist mittlerweile das Fahnenlager. Seit 2021 laufen im Archiv der sozialen Demokratie die Vorbereitungen für eine Modernisierung und den Umbau der Magazinräume des gesamten Sammlungsbereichs, um einer besseren und bedarfsgerechteren Unterbringung der diversen Sammlungen aus Plakaten, Flugblättern, Fotos, Film und Ton, Textilien und sonstigen dreidimensionalem Archivgut gerecht zu werden. Neben einer Ausweitung der Lagerfläche stehen vor allem die konservatorische Sicherung und Bestandserhaltung des Archivguts im Fokus des Umbaus. Um die Räumlichkeiten im Vorfeld zu leeren, bearbeiten mehrere Projektmitarbeiter_innen seit Herbst 2022 in einem die Vorbereitung der Baumaßnahmen begleitenden Archivprojekt sämtliches Sammlungsgut in enger Absprache mit den für einzelne Objektarten zuständigen Teammanger_innen. Die erste Phase ist nun abgeschlossen – ein guter Zeitpunkt, um zurückzublicken auf das, was in den letzten Monaten erreicht wurde:
Während im Hintergrund die Planungen zu den Bauarbeiten weiter voranschreiten, haben die Mitarbeiter_innen des Projektteams bisher so einiges geschafft. In Phase I lag der Fokus vor allem darauf, Lager- und Aufbewahrungsformen der Objekte zu optimieren sowie angefallene Rückstände vorzuordnen, archivgerecht zu verpacken und gesondert zu erfassen. Sämtliche Sammlungsbestände wurden weitestgehend gesichtet, teilweise nach und nach, aber auch parallel in kleineren Teams bearbeitet. Ein Großteil der Objekte konnte hausintern für die Zeit des Umbaus in Magazinräume der Bibliothek, des Schriftgutbereichs und des 2019 errichteten Zwischenarchivs umziehen. Ganze Räume wie beispielsweise das Fahnenlager sind in den letzten Monaten vollständig geleert worden. Und auch die ersten Paletten mit Archivgut zur externen Zwischenlagerung stehen schon bereit.
Begonnen hatte alles mit einer gefühlt unendlichen Zahl an Plakaten, die wochenlang ausgelegt, nach Größe sortiert, dann in den entsprechenden Plakatmappen verstaut und anschließend in der Archivdatenbank inventarisiert wurden – von Plakaten zur letzten Reichstagswahl im Kaiserreich (12. Januar 1912) über Entwürfe für SPD-Plakate im Nachkriegsberlin der 1940er Jahre bis hin zu Landes- und Bundestagswahlen der 2010er-Jahre waren spannende und teils kuriose Motive dabei, die bei diesem Run durch Jahrzehnte der politischen Plakatwerbung immer mal wieder für ein Schmunzeln im Team sorgten. Auch Flugschriften und Fotos haben neue Archivverpackungen erhalten, während parallel zwei Projektmitarbeiter_innen 5.051 Filmdosen der analogen Filmsammlung auf das sogenannte Essigsäuresyndrom getestet und angerostete Filmdosen präventiv ausgetauscht haben. Die Ergebnisse der Bearbeitung können sich sehen lassen: 252 Mappen mit Plakaten, 772 Archivboxen mit Flugschriften, 130 Boxen mit Fahnen und sonstigen Textilien und über 90 Boxen mit Objekten aus der Sammlung Varia sowie weit über 1.520 Fotokartons mit Abzügen sind nach bisherigem Stand bereits im Inventar erfasst worden. Dazu kommen unzählige Anstecker, Postkarten, Aufkleber, Negativfilmstreifen, Diapositive, Tonbildfolgen sowie Video- und Tonbänder, die neue Archivtaschen und -hüllen erhalten haben.
Nach und nach sind in den letzten Wochen und Monaten alte Verpackungsformen übersichtlichen und einheitlichen grauen Archivkartons gewichen. Die Wahl der richtigen Verpackung sollte jedoch wohl überlegt sein und wurde schon im Vorfeld des Projektstarts intensiv recherchiert. Um für alle Bestände die bestmögliche Wahl treffen zu können, hatten die Teammanger_innen Muster von verschiedenen Anbietern geordert und geprüft. Einfach nur ein Karton? Weit gefehlt! Archivverpackungen gibt es in allen möglichen Formen und Größen. Nicht nur sollten sie bestimmten Normen und Anforderungen an Materialität, Stabilität und Altersbeständigkeit entsprechen, um als „archivgerecht“ zu gelten. Auch mussten sich die Teammanager_innen im Vorfeld genaustens überlegen, für welche Objekte welche Verpackungen überhaupt infrage kommen und wie diese am Ende in die geplanten Regale und Schränke in den ertüchtigten Magazinräumen passen. Denn um jeden Zentimeter an verfügbarer Stellfläche nutzen zu können, kommt es bei der Verpackung manchmal schon auf wenige Millimeter an. Auch galt es zu beachten, dass insbesondere die übergroßen Verpackungen durch alle (wirklich alle) Türen des Magazinbereichs passen. Das mag im ersten Moment so selbstverständlich wirken, machte jedoch im Umgang mit so manchen Objekten auch Kompromisslösungen notwendig.
Die Auswahl der richtigen Verpackung für die sehr diversen Bestände von der kleinen Flugschrift im DIN A4-Format über Plakate in DIN A0, von hunderte meterlangen Filmspulen oder mehreren Meter breiten Transparenten bis hin zu den teilweise musealen Objekten der Variasammlung war eine der vielen Herausforderungen innerhalb des Projekts. Alleine innerhalb der Varia wurden bisher über 80 lose Objekte verzeichnet – darunter etwa ein SPD-Parteitagsschild mit 1,20 Meter Durchmesser, diverse Protest- und Fassadenschilder verschiedener SPD-Unterbezirke und Gewerkschaften, fast ein Dutzend Möbelstücke sowie eine Schreibmaschine und zahlreiche weitere historische Geräte vom Filmprojektor bis zum Kofferplattenspieler. Nicht zu vergessen die mindestens 48 Fahnenstangen, die als Zubehör zu den historischen Fahnen in der Textilsammlung des AdsD gehören. Diese Objekte wurden größtenteils in widerstandsfähigen Vliesstoff eingeschlagen, in denen auch Museen ihre Kunstwerke sicher verpacken – so sind die Archivalien einerseits vor Staub, Schmutz und Licht geschützt und reagieren gleichzeitig nicht mit anderen Objekten und Materialien in ihrer Umgebung.
Dass sich im Projekt die Herangehensweise größtenteils von klassischen Arbeitsprozessen im Archiv unterscheidet und sich so abseits des regulären Alltags im Archiv nicht alles genau planen lässt, mag an dieser Stelle nicht besonders überraschen. Hier war in den letzten Monaten auch immer wieder ein bisschen Flexibilität, stetiges Evaluieren und Anpassen der Arbeitsprozesse sowie ab und zu auch eine Prise Improvisation gefragt – kontinuierliches learning by doing sozusagen. So werden etwa die Archivalien nicht einzeln verzeichnet, sondern im Verbund der Verpackungseinheit im Sammlungsinventar erfasst. Diese Form der eher rudimentären Inventarisierung hat sich als effektivste Lösung herausgestellt, um dem zeitlich und ressourcentechnisch begrenzten Projektrahmen bestmöglich gerecht werden zu können. Eine tiefe Erschließung aller zu bearbeitenden Bestände ist innerhalb des Umbauprojekts schlicht nicht möglich – vielmehr arbeiten die Projektmitarbeiter_innen auf Hochtouren daran, mittels des Sammlungsinventars zumindest einen Großteil der Rückstände in Zukunft für die Nutzer_innen des AdsD recherchierbar zu machen.
Die große Vielfalt der Archivalien, ihrer Materialien und den damit einhergehenden unterschiedlichen Bedürfnissen an Verpackung und Lagerung erforderte immer wieder spezifisches Wissen von Expert_innen und die Beratung durch Restaurator_innen. Durch die Räumarbeiten in den Magazinen sind die Bestände seit Monaten in Bewegung und manches ist empfindlicher als anderes. Immer wieder muss evaluiert werden: Welcher Umgang ist für die jeweiligen Archivalien der beste? Dass Archivgut sich altersbedingt verändert oder Objekte hin und wieder auch Beschädigungen aufweisen, kommt vor. Bestandserhaltung – also alle Maßnahmen, die der dauerhaften Erhaltung des Archivguts dienen – ist und bleibt ein zentrales Anliegen des Projekts. Das Erkennen und Vorbeugen von Schäden war in den letzten Monaten daher ein wichtiges Thema, das das Team unter anderem mit Kolleg_innen des Archivberatungs- und Weiterbildungszentrum des Landschaftsverbandes Rheinland intensiv diskutieren konnte. Im Umgang mit Archivgut up-to-date zu bleiben und von den Erfahrungen anderer zu lernen, bedeutete auch den regelmäßigen Austausch mit anderen Archiven zu suchen. Der Besuch im Historischen Archiv der Stadt Köln bot einen spannenden Einblick in die dortigen Werkstätten, Arbeitsabläufe und Depotstruktur sowie einen wichtigen Austausch über technische Fragen wie Belüftung und Klimatisierung.
Dank der Vielfalt (und manchmal auch schieren Masse) an Archivalien wurde den Projektmitarbeiter_innen in den letzten Monaten definitiv nicht langweilig. Das Team ist eng zusammengewachsen, hat viel Neues entdeckt, noch mehr gelernt und vor allem so einige kuriose Funde gemacht. Da waren die „Proletarier-Zünder“ aus dem frühen 20. Jahrhundert, eine Spieluhr, auf der sich Karl Marx mit erhobener Faust zur Melodie der „Internationalen“ dreht und die innerhalb des Teams nur als „singender Marx“ bekannt ist, oder ganze 26 Gipsmedaillen mit dem Gesicht von Kurt Schumacher – einst ein Wettbewerb für eine 2-DM-Umlaufmünze.
Das tatsächliche „in die Hand nehmen“ und die damit einhergehende Prüfung der Erhaltungszustände hat in den letzten Monaten jedoch auch konkrete Handlungsbedarfe aufgewiesen. So hat die umfangreiche Testung der anlogen Filme gezeigt, dass Teile der Sammlung bereits stärker durch das Essigsäuresyndrom bedroht sind. Aufgrund einer Reaktion des Trägermaterials mit der Feuchtigkeit der Luft kommt es bei den analogen Filmobjekten zu einer unvermeidbaren Zersetzung des Trägermaterials. Diese Prozesse lassen sich mit derzeitigen Mitteln allenfalls bremsen, aber nicht vollständig aufhalten. Die eingehende Bearbeitung und Prüfung der Filmdosen hat eine Dringlichkeit aufgezeigt, der das AdsD nun in den kommenden Jahren mit verstärkten Filmdigitalisierungsmaßnahmen entgegenwirken wird. Weitere Digitalisierungsprojekte zu anderen AV-Medien sind ebenfalls in Vorbereitung, um die audiovisuellen Bestände auch für die Zukunft zu sichern und zugänglich zu machen. Auch in Bezug auf die Textilsammlung – insbesondere die historische Fahnensammlung – konnten die Restaurierungsbedarfe zusammengetragen werden, die für Nachfolgeprojekte geprüft werden.
Klingt nach viel Arbeit und das war es auch! Es liegt aber auch noch so einiges vor dem Team in der zweiten Phase des Umbauprojekts: Hausintern umgelagertes Material wird in den kommenden Monaten weiterbearbeitet und erfasst. Auch Verpackungsformen werden wieder optimiert. Und natürlich wird auch weiterhin der Austausch zu Kolleg_innen anderer Institutionen gesucht und Besuche von Konferenzen und Fortbildungen sind geplant, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen. Die Mitarbeiter_innen des Umbauprojekts sind mittlerweile ein eingespieltes Team, das sich mit viel Elan langsam aber sicher auf die Zielgerade zubewegt – wir bleiben definitiv am Ball und sind gespannt, was die Sammlungen des AdsD in der zweiten Projektphase für uns bereithalten!
Laura Valentini
10. Dezember, 18 Uhr c.t. | Universität Bonn und im Livestream
Auftaktveranstaltung zum 100-jährigen Jubiläum der FES | Donnerstag, 21. November 2024, 17.30 bis 19.45 Uhr | Friedrich-Ebert-Stiftung, Godesberger…
Lesung und Gespräch mit Gün Tank über weibliche Arbeitsmigration |
09.10.2024 | 18.00–19:30 Uhr | Berlin