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Deutschland im Akademisierungswahn?

Ist der Master besser als der Meister? Wie verändert sich das Verhältnis zwischen akademischer und beruflicher Bildung? Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die gesellschaftliche Entwicklung? Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen zweier Diskussionsveranstaltungen mit Julian Nida-Rümelin, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, in der FES Berlin und München erörtert.

 

Bild: Foto: Yvonne Blos/Marei John-Ohnesorg

Diskussionsveranstaltung am 24. Juli 2015 in der FES Berlin

Abwertung nicht-akademischer Berufe?

Prof. Dr. Nida-Rümelin ist der prominenteste Kritiker der steigenden Akademisierung in Deutschland. Er kritisiert, dass das Bildungsziel „Abitur und Studium“ zur gesellschaftlichen Norm geworden sei, da immer mehr junge Frauen und Männer ein Studium aufnehmen, während immer weniger eine Ausbildung beginnen. Zudem finde laut Nida-Rümelin eine zunehmende gesellschaftliche Abwertung nicht-akademischer Berufe statt. Während das deutsche Berufsbildungssystem im Ausland als Exportschlager gilt, da man in ihm den Grund für die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland sieht, sei es in Deutschland selbst deshalb immer weniger von Bedeutung, so Nida-Rümelin.

Karrierechancen sind nicht vorgegeben

Haben Akademiker_innen wirklich immer die besseren Verdienst- und Karrierechancen? Vorsicht ist geboten bei der Nutzung von Statistiken und Daten, wenn es darum geht, Aussagen darüber zu treffen, ob Akademiker_innen wirklich bessere Berufs- und Verdienstchancen haben als Nichtakademiker_innen. Hier lohnt oft ein zweiter Blick, denn zwischen den verschiedenen Branchen bestehen erhebliche Unterschiede. So kann es zum Beispiel sein, dass ein gelernter Mechatroniker mit Meistertitel sehr viel mehr verdient als eine Geisteswissenschaftlerin mit Universitätsabschluss. Die Diskussionsteilnehmer_innen kamen zu dem Schluss, dass eine bessere Aufklärung über die wahren Gehalts- und Karrierechancen – sowohl von Akademiker_innen als auch von Nichtakademiker_innen –  notwendig ist.

Internationale Vergleiche sind schwierig

Vorsicht ist auch bei OECD-Statistiken über Akademiker_innenquoten geboten; diese können nicht einfach auf jedes Land übertragen werden, da die Bildungssysteme von Land zu Land sehr unterschiedlich sind. Die Kritik der OECD an der niedrigen Akademiker_innenquote in Deutschland ist daher nicht gerechtfertigt, da diese Quoten die hohe Qualität der beruflichen Ausbildung in Deutschland nicht berücksichtigen.

Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung

Schließlich waren die Diskussionsteilnehmer_innen sich weitgehend darüber einig, dass berufliche und akademische Bildung als gleichwertig anerkannt werden müssen, da sie zur Vielfalt im deutschen Bildungssystem beitragen. So müssten zum Beispiel Studienabbrecher_innen Wege in die berufliche Bildung eröffnet werden, ohne dass die Wahrnehmung entsteht, dass dies einen gesellschaftlichen Abstieg bedeutet. Jede_r sollte individuell den für sich bestmöglichen Berufsweg einschlagen können. Dies ist am besten mit einem durchlässigen Bildungssystem zu erreichen, das Umstiege in beide Richtungen ermöglicht.

Ansprechpartnerin im Bereich Bildungs-und Hochschulpolitik der FES: Yvonne Blos

 

Veranstaltung am 1. Juli 2015 in München

Befindet sich Deutschland im Akademisierungswahn? Zumindest sei man auf dem Weg dorthin, konstatierte der Philosoph Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität und Staatsminister a.D., in seinem Input-Vortrag zur gleichnamigen Diskussionsveranstaltung am 1. Juli 2015 in München.

Inwiefern es einen Richtungswechsel in der deutschen Bildungspolitik braucht oder ob vielleicht gar keine Bildungskrise vorliegt, diskutierten dann gemeinsam mit Prof. Nida-Rümelin, Dr. Christof Prechtl, Geschäftsführer und Leiter der Abteilung Bildung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Isabell Zacharias, MdL und hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Toni Hinterdobler, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, sowie Simone Burger, Regionsgeschäftsführerin und Vorsitzende des DGB München.

Einen ausführlichen Veranstaltungsbericht finden Sie hier.

Ansprechpartnerin im BayernForum der Friedrich-Ebert-Stiftung: Alina Fuchs


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