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Im September 2017 begann ich meine Berufsausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung. In den letzten Monaten habe ich viel Neues gelernt, unter anderem, wie man der Frage begegnet: "Du arbeitest in einer Bibliothek? Was hat man denn da groß zu tun?"
Bild: von SCY lizenziert unter CC0 1.0
Zunächst einmal allgemein: Als Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste in einer Bibliothek ist man mit der Beschaffung, Erschließung und Bereitstellung von Medien verschiedenster Art betraut. Dazu gehören die Neuanschaffung von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und eBooks, sowie die Organisation des Fernleihverkehrs. Auch Ausgabeformen wie Mikrofilme werden bearbeitet, gepflegt und natürlich zur Ausleihe zur Verfügung gestellt. Daneben gibt es noch viele andere Aufgaben, wie Veranstaltungsplanung und Mitarbeit in gesonderten Projekten, je nachdem wie die jeweilige Bibliothek aufgebaut ist, welchen Schwerpunkt sie hat und welche Zielgruppe sie ansprechen will.
Vor allem unsere Bestände, die es sonst in keiner anderen Bibliothek zu finden gibt. Wir sind spezialisiert auf die Geschichte und Gegenwart der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung, insbesondere der Sozialdemokratie. Unsere umfangreichen historischen Bestände aus dem 19. und 20. Jahrhundert sind in diesem Bereich einzigartig. Als Dienstleister sind wir einerseits für unsere Kolleg_innen und für die Stipendiat_innen der Stiftung verantwortlich. Andererseits stellen wir unseren Bestand aber auch externen Nutzer_innen aus Wissenschaft und Forschung sowie der interessierten Öffentlichkeit zur Recherche und Information zur Verfügung. Ob vor Ort im Lesesaal als Präsenzbestand oder über die Fernleihe: unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass unsere Bestände unter die Leute kommen.
Eine öffentliche Bibliothek, beispielsweise eine Stadtbibliothek, versorgt die Bürger ihrer Stadt mit Literatur und Medien aus den Bereichen Belletristik und verschiedenen Fachgebieten, sowie Kinder- und Jugendliteratur. Solche Publikationen können meist ohne Probleme neu beschafft werden, wenn sie verloren gehen oder stark beschädigt sind. Bei uns finden sich im Magazin jedoch einige sehr alte Bestände, die aufgrund ihrer Seltenheit sehr kostbar sind. Man findet sie heute kaum bis gar nicht mehr im Handel, der Zahn der Zeit hat bereits an ihnen genagt und der Inhalt kann durchaus einen Schauder erzeugen, denn das, was man da gerade in den Händen hält, zeugt von tatsächlich stattgefundenen Begebenheiten und historischen Ereignissen. Diese historischen Quellen aufzubewahren und für die Menschen zu Recherche- und Forschungszwecken zugänglich zu machen, unterstützt die wissenschaftliche Bearbeitung von Themen aus Politik und Gesellschaft, weshalb trotz des Schauders nicht auf diese Bestände verzichtet werden kann und soll. Neben diesen Quellen aus unserem Spezialgebiet gibt es auch hochaktuelle Bestände, zum Beispiel in Form von Zeitschriften. Auch sie leisten einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen und journalistischen Arbeit in und außerhalb der Stiftung und erfahren eine rege Nachfrage.
Der FaMI-Beruf ist durchaus zukunftsorientiert. Wie schon gesagt, stellt das Aufbewahren bedeutender Literatur einen zentralen Punkt dar. Die schrittweise „Verdrängung“ von Gedrucktem findet jedoch schon lange statt: Alte Publikationen, die selten und physisch angegriffen sind, werden zunehmend digitalisiert. Das heißt, sie werden eingescannt und gegebenenfalls bearbeitet, sodass sie für die Zukunft bestmöglich gesichert und vor allem nutzbar sind. In unserer Spezialbibliothek wurde beispielsweise das Zentralorgan der SPD, die Zeitung „Vorwärts“, von 1876 bis 1933 erfolgreich digitalisiert, weitere Projekte folgen. Es findet nicht nur eine rückwirkende Digitalisierung statt. Angesichts der Erwerbung von Lizenzen für eJournals und auch der Beschaffung von eBooks, stellt sich deutlich heraus, dass der zukünftige Weg der Bibliotheken vor allem ein digitaler ist. Und wer würde sagen, dass die digitale Welt nicht zukunftsorientiert sei? Wissenschaftliche Bibliotheken beherbergen gesichertes Wissen, so wie auch andere verwandte Institutionen wie Archive und Fachinformationszentren. Mit Sicherheit werden sie sich jedoch verändern, den Bedürfnissen und Anforderungen der Gesellschaft folgend. Analog dazu: Selbst das Streamen hat das Kino bis heute noch immer nicht verdrängen können.
Ich habe noch nicht einmal ein Jahr meiner Ausbildung zurückgelegt und bisher nur einen Teil der verschiedenen Arbeitsbereiche durchlaufen. Doch obwohl ich erst noch an der Oberfläche meines zukünftigen Berufes kratze, sind mir bereits schon jetzt so viele komplexe Vorgänge, Zusammenspiele, Vorgehensweisen und Herausforderungen begegnet, dass ich gespannt bin und nur erahnen kann, was noch alles hinter den Regalen meiner Spezialbibliothek auf mich wartet.