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Der seit über 20 Jahren begangene "Tag der Bibliotheken" ist ein willkommener Anlass, um die Bibliotheken von heute zu würdigen und auf ihre innovativen Angebote und Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Dieser Tag empfiehlt sich jedoch auch für einen Blick zurück auf die Geschichte bibliothekarischer Einrichtungen.
Vor dem Hintergrund ihrer großen Sammlung zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung nimmt die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung diesen Tag zum Anlass, an die Geschichte der heute nahezu vergessenen Bibliotheken der Arbeiterbewegung zu erinnern, die zugleich einen nicht unerheblichen Teil der Geschichte der öffentlichen Bibliotheken darstellt.
Tatsächlich reicht die Arbeiter-Bibliotheksgeschichte in Deutschland bis in die Anfänge der Arbeiterbewegung zurück. Sie beginnt mit ersten Büchersammlungen der Handwerker-(Bildungs)Vereine, die anfangs vordergründig der beruflichen Fortbildung dienten. Später gewinnt die Selbstbildung als wesentlicher Schritt auf dem Weg zur politischen und sozialen Emanzipation an Bedeutung, und im Kampf der Arbeiterklasse gegen Ausbeutung und Unterdrückung durch die Herrschenden ist nicht von ungefähr von der Bibliothek als "geistige Rüstkammer" die Rede.
Seit den 1830er Jahren wurden zahlreiche Bünde und Arbeitervereine gegründet, von denen viele eigene, wenn auch noch recht kleine Bibliotheken unterhielten und Leseabende durchführten oder zumindest die Einrichtung von Volksbibliotheken forderten. Infolge der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, aus dem später die SPD hervorging, wurde die Bildungsarbeit weiter intensiviert. Das 1878 verhängte "Sozialistengesetz" behinderte jedoch stark die politische Bildung – das Arbeiterbibliothekswesen nahm erst nach dessen Aufhebung im Jahr 1890 einen neuen Aufschwung. Neben den sozialistischen Arbeiterbibliotheken entstanden seit den 1860er Jahren zugleich auch Gewerkschaftsbibliotheken, die zunächst die Fachbildung in den Mittelpunkt stellten, bald jedoch auch alle Wissensgebiete inklusive der Schönen Literatur abdeckten. (Wolfgang Thauer, Peter Vodosek: „Geschichte der öffentlichen Bücherei in Deutschland“, 2. erw. Aufl. 1990, S. 38-40)
Ein jähes Ende fanden diese Einrichtungen der Arbeiterbildung im Nationalsozialismus, wie im Vorwort von Rüdiger Zimmermann zu einer Darstellung der Arbeiterbibliotheken in Thüringen zu lesen ist: "Besonders die Arbeiterbibliotheken gerieten ins Fadenkreuz der Nazicliquen. Das herrschende Merkmal des Umgangs der Nationalsozialisten mit den Büchern der Arbeiterbewegung war planvolles systematisches Ausrauben, Ordnen, Katalogisieren, Verwerten, wobei „Verwerten“ nicht ausschloss, dass man massenweise als minderwertig erachtetes Kleinschrifttum vernichtete." Sie erfuhren damit ein ähnliches Schicksal wie die große Parteibibliothek der SPD, in deren Tradition die FES-Bibliothek steht und deren Erbe sie seit ihrer Gründung im Jahr 1969 verwaltet und pflegt.
Heute, da Bibliotheken längst nicht mehr der einzige Ort sind, an dem Informationsbedürfnisse befriedigt werden können, und sie sich vielmehr als wesentlicher Faktor einer kulturellen Daseinsvorsorge immer wieder neu behaupten müssen, scheint die Arbeiterbibliotheksgeschichte vielleicht nur noch von historischem Interesse zu sein. Andererseits machen die aktuell immer stärker Raum greifenden populistischen Bewegungen, die zunehmend schriller vorgetragene Kritik an den vermeintlichen Mainstream-Medien oder Diskussionen über eine mögliche Einschränkung der Informationsfreiheit es notwendig, mit dem Aus- und Aufbau alter und neuer "geistiger Rüstkammern" nicht nachzulassen.
Arbeiterbildungs- und -kultureinrichtungen waren gleichfalls angesprochen, als Willy Brandt bei der Grundsteinlegung des "Archivs der sozialen Demokratie", worunter zu dieser Zeit sowohl das eigentliche Archiv als auch die Bibliothek verstanden wurde, vor genau fünfzig Jahren über die Rolle und Relevanz der Arbeiterbewegung formulierte: "Was zunächst der Ausdruck des Protestes einer unter unwürdigen sozialen Verhältnissen lebenden, politisch bevormundeten Klasse war, hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer politischen Kraft entwickelt, ohne die das Ringen um Demokratie in unserem Staat nicht vorstellbar ist. In entscheidenden Augenblicken deutscher Geschichte waren Demokratie und Humanität in erster Linie bei den Kräften aufgehoben, die aus der Arbeiterbewegung hervorgegangen waren." Dass dies so weiterhin gilt, auch daran wollen wir an diesem "Tag der Bibliotheken" erinnern!
Zur Entstehung, Bedeutung und Zerschlagung der Arbeiterbibliotheken am Beispiel Thüringens:
Zu dem Bemühen um eine professionelle Betreuung der Arbeiterbibliotheken:
Beispiel eines Bestandsverzeichnisses einer Arbeiterbibliothek:
Literatur zum Schlagwort "Arbeiterbibliothek":
Die Abbildungen auf dieser Seite entstammen den folgenden Publikationen:
Zehn Jahre Bibliotheksarbeit von Gustav Hennig, Leipzig 1908
Kleiner Leitfaden für Arbeiterbibliotheken von Ernst Mehlich, Leipzig 1910
Der Schlosser machte sich an Kant heran von Peter Heinz. In: Gewerkschaftsleben, 1984, Nr. 11, S. 30-31
Leihbibliotheken, Arbeiterbibliotheken, Bücherhallen, Leipzig 1989
Sozialdemokratie und Volksbildung von Felicitas Marwinski, München 1994
Bibliotheken von Arbeiterbildungsvereinen im Königreich Württemberg von Elke Brünl, Wiesbaden 2010