Ernst Toller vor Gericht

Heute vor 98 Jahren fiel das Urteil im Hochverratsprozess gegen den expressionistischen Dichter und USPD-Politiker.

Porträt von Ernst Toller

Bild: von Archiv der sozialen Demokratie

Ernst Toller hat heute an Bekanntheit eingebüßt; in der Weimarer Republik war er einer der maßgeblichen Vertreter des literarischen Expressionismus und der bekannteste deutsche Bühnenautor. Seine Schauspiele wurden mit großem Erfolg, aber auch begleitet von Skandalen aufgeführt. Seine Geschichtsrevue „Hoppla, wir leben“ thematisiert die verratene Novemberrevolution und eröffnete Erwin Piscators Theater am Nollendorfplatz in Berlin.

Ernst Toller, geb. 1893, meldet sich 1914 als Kriegsfreiwilliger. Er kämpft bei Verdun, wird seiner Tapferkeit wegen ausgezeichnet. 1916 erleidet er einen völligen Zusammenbruch und wird in der Folge als nicht mehr „kriegsverwendungsfähig“ entlassen. Er beginnt ein Studium in München, macht Bekanntschaft mit Rainer Maria Rilke und Thomas Mann.

Toller beteiligt sich an der Novemberrevolution in Bayern. Als begnadeter Redner ist er einer der führenden Protagonisten der am 7. April 1919 ausgerufenen Münchner Räterepublik. Nach der Ermordung Kurt Eisners übernimmt er den Vorsitz der bayerischen USPD und wird Befehlshaber der „Roten Armee“.  Freikorpsverbände und Armee-Einheiten der Reichsregierung setzen der Räterepublik ein Ende, es wird ein Kopfgeld von 10.000 Mark auf Toller ausgesetzt. Schließlich wird er am 4. Juni 1919 aufgespürt und verhaftet.

Am 14. Juli 1919 wird Ernst Toller wegen angeblichen Hochverrats angeklagt. Sein Verteidiger ist Hugo Haase, zugleich Vorsitzender der USPD. Als Zeuge treten u.a. die Schauspielerin Tilla Durieux, der berühmte Mediziner Professor Sauerbruch und der bekannte Soziologieprofessor Max Weber auf, der seinem ehemaligen Studenten Toller die „absolute Lauterkeit“ eines radikalen Gesinnungsethikers bescheinigt.

Toller hat „Glück“: anders als andere Führer der Räterepublik und nicht zuletzt dank prominenter Fürsprecher wie z.B. Thomas Mann entgeht er der Todesstrafe und wird zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt.

Als ihm 1920 die Begnadigung angeboten wird, lehnt er sie ab mit der Begründung, dass er gegenüber den anderen Gefangenen nicht bevorzugt werden wolle.  Im Juli 1924 wird er aus der Haft entlassen.  Er muss Bayern verlassen. Nach unruhigen Jahren mit Reisen quer durch die Welt, immer im Kampf um Frieden und Gerechtigkeit, nimmt sich Toller 1939 in New York das Leben.

 

Der „Vorwärts“ berichtet zwischen dem 15. und 17. Juli 1919 ausführlich über den Prozess. Die Artikel finden Sie  hier, hier und hier

 

Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung besitzt umfangreiche Literatur von und über Ernst Toller; darunter zwei Titel mit persönlicher Widmung von ihm.


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