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Die Bergische Arbeiterstimme war das zentrale Medium der Arbeiterbewegung im Kreis Solingen. Zunächst als SPD-Zeitung ins Leben gerufen, wechselte sie in den Wirren der Weimarer Jahre zur USPD und später zur KPD. Das Blatt sollte auch für die Arbeiterschaft in Leverkusen eine zentrale Rolle einnehmen.
Mit dem Ende der repressiven, bismarckschen Sozialistengesetze verbesserten sich die Rahmenbedingungen für die Arbeiterbewegung im Deutschen Kaiserreich. In Solingen machte sich die lokale Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) an die Gründung einer eigenen Parteizeitung. Nach einer ersten Probenummer erschien die Bergische Arbeiterstimme ab dem 1. Juni 1890 regelmäßig. Obwohl die Zeitung ihr organisatorisches Zentrum in Solingen hatte, reicht ihr Verbreitungsgebiet auch in den unteren Teil des gleichnamigen Kreises und somit auch in das heutige Stadtgebiet von Leverkusen hinein. Inhaltlich deckte das Blatt die gesamte lokale Nachrichtenlage ab. Erster Herausgeber und geistiger Vater der Arbeiterstimme war Georg Schumacher, der von 1884 bis 1898 den Kreis Solingen im Reichstag vertrat. Als Kopfblatt der Neugründung fungierte die sozialdemokratische Remscheider Arbeiterzeitung. Bereits kurz nach der Gründung wurde das Medienunternehmen zu einer Genossenschaft umgewandelt. Erwirtschaftete Gewinne wurden nicht an die Genossenschafter*innen ausgezahlt, sondern direkt reinvestiert oder zur Unterstützung nahestehender Organisationen verwendet.
Die konstant gestiegenen Auflagenzahlen der Bergischen Arbeiterstimme verdeutlichen, dass im gesamten Kreis Solingen die Arbeiterbewegung im Fahrtwind einer expansiven Industrialisierung der Region erstarkte. Dabei entwickelte sie zunehmend ein eigenes Klassenbewusstsein heraus. Die ländliche und katholische Prägung des südlichen Kreises muss dennoch betont werden. Während Solingen als überwiegend protestantische Hochburg des Sozialismus im Deutschen Kaiserreich galt, lassen sich die Vorgängergemeinden Leverkusens als rheinisch-katholisch und damit zentrumsnah einstufen. Trotz einer intensiven Industrialisierung war der Leverkusener Raum zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer noch stark von dörflichen und ländlichen Strukturen geprägt. Für die SPD kam erschwerend hinzu, dass der Fabrikbetrieb von einer hohen Fluktuation geprägt war und die Arbeiter*innen sich nur schwer politisch mobilisieren ließen, weil ihnen oftmals die lokale Verankerung fehlte. Zwar organisierte sich die Arbeiterschaft in Schlebusch bereits 1868, jedoch blieben sozialdemokratische Aktivitäten bis zur Aufhebung der Sozialistengesetze und weit darüber hinaus im Leverkusener Raum verhältnismäßig gering. Erst 1904 konnte sich mit dem Volksverein der Bürgermeisterei Küppersteg die erste sozialdemokratische Organisationseinheit dauerhaft konstituieren. Es folgten ähnliche Neugründungen in Schlebusch (1904), Opladen (1909), Bergisch Neukirchen (1911) und Hitdorf (1914). Selbst im zentrumsdominierten Opladen, Hitdorf und Rheindorf wurde der sozialdemokratische Einfluss ab den Reichstagswahlen 1903 deutlich bemerkbar. Trotz dieses Aufwärtstrends war der obere Kreis – und somit vor allem Solingen – für den Erfolg der SPD im Leverkusener Raum immer noch ausschlagend. Demzufolge blieben die Mitgliederzahlen im unteren Kreis während der gesamten Dauer des Kaiserreiches gering und jegliche Aktivitäten beschränkten sich auf wenige Sozialdemokraten.
Auch bei der Bergischen Arbeiterstimme machte sich die hohe Bedeutung des oberen Kreises gegenüber dem unteren Kreis bemerkbar. Zwei der drei Geschäftsstellen der Zeitung befanden sich Anfang des 20. Jahrhunderts im oberen Kreis. Inhaltlich und redaktionell gehörte die Arbeiterstimme dem linken Flügel der SPD an. Demzufolge wurden Auseinandersetzungen mit den Obrigkeiten und den anderen Lokalzeitungen von dem Medium nicht gescheut. Die hohe Konfliktbereitschaft mit den staatlichen Autoritäten führte unter anderem dazu, dass die Redakteure der Zeitung zum Teil Gefängnisstrafen verbüßen mussten, viel Geld für Gerichtsverfahren gezahlt und die Zeitung phasenweise gezwungen wurde, ihren Betrieb einzustellen. Die Redakteure der Arbeiterstimme wechselten recht häufig, was dem Erfolg des Blattes allerdings keinen Abbruch tat. Da während des Kaiserreiches den Reichstagsabgeordneten keine Diäten gezahlt wurden, bestritten viele SPD-Parlamentarier ihren Lebensunterhalt mit redaktionellen Tätigkeiten innerhalb der Parteipresse. Daher zählten auch Philipp Scheidemann und Wilhelm Dittmann zu den Redakteuren der Zeitung.
Grundsätzlich lässt sich die Bedeutung der Bergischen Arbeiterstimme für die lokale und deutschlandweite Arbeiterbewegung als durchaus hoch einschätzen. Die Mitarbeiter*innen des Blattes standen im engen Kontakt zur Führungsspitze der Partei oder gehörten dieser sogar oftmals an. Auf lokaler Ebene diente sie als zentrales Instrument der Parteiarbeit und zählte zu den führenden Zeitungen im Kreis Solingen. In den Wirren des endenden Ersten Weltkrieges entfremdete sich ein Großteil des Redaktionsstabes der Bergischen Arbeiterstimme von der einstigen Mutterpartei und schloss sich der der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) an. Dieser Parteiwechsel war nur möglich, weil die Zeitung einer unabhängigen Genossenschaft gehörte. Die Zugehörigkeit zur SPD-Absplitterung sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein. Bereits im November 1920 schloss sich das Blatt der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Damit folgte das Medium erneut den parteipolitischen Entwicklungen im Kreis. Sowohl die SPD als auch später die USPD reagierten auf den Verlust der eigenen Parteizeitung mit der Herausgabe eines jeweils neuen Blattes. Für den Erfolg der Kommunisten im Solinger Raum war die Bergische Arbeiterstimme ein zentrales Organ. 1933 musste die Zeitung im Zuge der nationalsozialistischen Machtergreifung dauerhaft ihren Betrieb einstellen.
Jamie David Duponcheel
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