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„100 Jahre nach Gründung unserer Stiftung ist die Lage der Demokratinnen und Demokraten der Welt ernst: Wir brauchen auch heute wieder Demokratieretter:innen!“ Mit diesem Appell eröffnet die Geschäftsführerin der Friedrich-Ebert-Stiftung Sabine Fandrych im Hamburgischen Besenbinderhof die Festveranstaltung zum Internationale Frauentag. Sie unterstreicht, dass dieser Festtag anlässlich der weltweiten Errungenschaften demokratischer Frauenbewegungen genutzt werden muss, um sich den politischen Kräften entgegenzustellen, die Frauen-, Menschen- und Minderheitenrechte beschneiden und nationalistische bzw. autoritäre Strukturen aufbauen wollen.
In diesem Sinne tauschten sich auf dem ersten Panel, mit dem Aufruf „Demokratie braucht Demokratinnen – weltweit!“, internationale Gestalter:innen aus Politik und Wissenschaft über aktuelle antifeministische Entwicklungen in Deutschland, Europa und der Welt aus.
Aylin Nazlıaka, die stellv. Parteivorsitzende der türkischen republikanischen Volkspartei CHP, Serpil Midyatli, die stellv. Parteivorsitzende der SPD, Andrea Pető, ungarische Professorin und Genderforscherin und die französische Journalistin Cécile Calla diskutierten über kurz- und langfristige Strategien, um rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Angriffen auf Frauenrechte entgegenzutreten.
Sie betonen, dass sich Demokrat:innen, Feminist:innen, Frauen- und Menschrechtler:innen über Partei- und Generationengrenzen hinweg organisieren müssen.
Es gelte, in unterschiedlichen politischen, zivilgesellschaftlichen und kulturellen Kontexten gemeinsam, energisch und immer wieder auf Gleichstellungsgrundsätze in den Verfassungen hinweisen. Auch der Schutz von Frauen vor Gewalt und die Selbstbestimmung vulnerabler Gruppen müsse fortlaufend eingefordert werden.
Andrea Petö warnte eindringlich vor der zunehmenden Täter-Opfer-Umkehr durch antifeministische Positionen in Politik und Gesellschaft, die durch eine mediale Landnahme antifeministischer Bewegungen weltweit befeuert wird.
Sie verweist darauf, dass die pilzartigen Netzwerke dieser Strömungen in den westlichen und östlichen Demokratien bereits seit mehreren Jahren eng verwoben und finanziell sehr gut ausgestattet sind.
Die Journalistin Cécile Calla berichtete über die aktuellen hohen Zustimmungswerte für die Rechtspopulistin Marine Le Pen in Frankreich.
Ihr Erfolg steht beispielhaft für die Wirkung von verführerischen Versprechen an französische Frauen, dass im Rahmen von Mutterschaft und klassischer Frauenrolle soziale und gesellschaftliche Anerkennung und Schutz gewährleistet werden würden.
Rechtspopulistische Influencerinnen und Politikerinnen vereinnahmen dabei das Narrativ des Feminismus für ihre politischen Ziele. Es geht im Kern darum, verstärkt Frauen für eine rassistische, antifeministische und national zurückgezogene Politik zu gewinnen.
Aylin Nazlıaka berichtet als türkische Oppositionspolitikerin und Frauen-Aktivistin über den Bruch der türkischen Regierung mit der Istanbul-Konvention. Gleichzeitig stellt sie klar, dass es in der Türkei eine starke, historisch gewachsene Frauenbewegung gibt, die ungebrochen als Grass-Roots-Bewegung dafür sorgt, dass Antifeminismus aufgezeigt und in politische Forderungen übersetzt wird. Die Erfolge der CHP bei den türkischen Kommunalwahlen 2024, die viele Bürgermeisterinnen hervorgebracht hat, zeugt von der Standfestigkeit des türkischen Feminismus.
Die stellv. Vorsitzende der SPD Serpil Midyatli mahnt an, dass gesellschaftliche und strukturelle Gleichstellung von Frauen und Mädchen nur durch starke rechtliche Regelungen und Bündnisse verwirklicht werden können.
Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit sind hier vor allem für Frauen mit Migrationsgeschichte entscheidend. Schulische und politische Bildung müssen geschlechter- und herkunftsbezogene Ungleichheiten und ihre strukturelle Bearbeitung zentral in den Themenkanon mit aufnehmen, um antifeministische Tendenzen zu durchbrechen.
Die Panelistinnen diskutierten mit der Genderkoordinatorin der FES, Stefanie Elies, erste strategische Leitplanken zur Stärkung von Demokratie und Geschlechtergerechtigkeit in der derzeitigen politischen Lage. Um Rechtsextremismus und Antifeminismus in Europa und der Welt wirksam entgegenzuwirken ist die transnationale Abstimmung über gemeinsame Forderungen und die regelmäßige Adressierung in die nationalen und internationalen politischen Arenen nötig. Auch die gezielte Aufklärung über das Ausmaß und die Stabilität internationaler antifeministischer Netzwerke seitens der Wissenschaft, der Medien und der politischen Bildung ist strategisch wichtig.
In der zweiten Diskussionsrunde brachte die Leiterin des Regionalbüros für Bremen, Hamburg & Schleswig-Holstein, Stine Klapper, Panelistinnen aus Hamburg und Umgebung zusammen: Annkathrin Behr, Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, Tanja Chawla, Vorsitzende des DGB-Hamburg, Stevie Schmiedel, Autorin und Genderforscherin und die Schauspielerin Nina Petri tauschten sich über Möglichkeiten aus, Geschlechtergerechtigkeit im lokalen und kulturellen Kontext zu stärken.
Eindrücklich berichteten die Panelistinnen davon, wie ihnen im professionellen und privaten Umfeld Antifeminismus begegnet und welche Strategien helfen, um Hate Speech und Sexismus abzuwehren.
Einig waren sich die Panelist:innen darin, dass der zunehmend beobachtbare Antifeminismus dazu geführt hat, dass Geschlechterfragen auf der politischen Prioritätenliste bereits spürbar weit nach unten platziert werden. Sowohl die kulturelle und gesellschaftliche Weiterentwicklung von Selbstbestimmung und Teilhabe der LGBTIQ*-Community und weiterer vulnerabler Gruppen, als auch die Entkriminalisierung von Abtreibungen durch die Streichung des §218 scheinen zudem in weite Ferne gerückt.
Mit Blick auf die Soziale Demokratie sind sich die Diskutant:innen einig, dass die Frage nach Geschlechtergerechtigkeit immer auch die Frage nach Ankerpunkten in jedem sozio-kulturellen Milieu mitdenken muss. Feminist:innen sollten deutlicher als bislang die Überwindung von Klassenunterschieden und den Abbau struktureller Benachteiligungen in den Blick nehmen.
"Wir Gewerkschafter:innen setzen uns natürlich für Feminismus ein. Es geht uns um gute Arbeitsbedingungen, es geht um Gleichstellung im Berufsleben, es geht uns darum, uns gegen Sexismus am Arbeitsplatz einzusetzen und auf den verschiedensten Ebenen Strukturen zu verändern." - Tanja Chawla
"Wir feiern den Feminismus als wäre es so ein Feiertagsereignis. Aber wie sollen wir denn für unsere Rechte eintreten, wenn wir das nur unter uns abmachen?" - Nina Petri
"Wir müssen mit den Leuten mehr ins Gespräch gehen." - Annkathrin Behr
"Wir brauchen neue Strategien. Und dazu gehört, dass wir wissen müssen: gestresste Menschen lernen nichts. [...] Ich glaube, wenn wir über Antifeminismus sprechen, dann müssen wir auch über die sprechen, die auf dem Weg dahin sind, irgendwann blau zu wählen." - Stevie Schmiedel
Musikalisch und poetisch eingerahmt wurde der Abend durch die zauberhaften und energiegeladenen Auftritte der indischen Hip Hop-Crew Wild Wild Women und der Poetry Slammerin Isa Bögershausen.
Wild Wild Women – „India’s first all-female hip hop collective“ – feierten ihren Premierenauftritt auf einer europäischen Bühne und wussten das Publikum mit ihrer Performance in fünf verschiedenen Sprachen zu begeistern.
Isa Bögershausens tolle Spoken-Word Performance erinnerte uns zudem auf künstlerische Art: Demokratie ist kompliziert, gerade in einer großen, immer komplexer werdenden Welt. Aber wir haben die Sprache. Sie ist das Mittel, um andere zu erreichen. „Hört nie auf, miteinander zu reden!“ – nur so können wir uns gegen Ausgrenzung und Hetze wehren.
Einlass – Besuch der digitalen Ausstellung „Feministischer Zeitstrahl“
Begrüßung
Musikalisches Warm-Up mit Wild Wild Women, India's first all-female hip hop collective
Internationales Podium zum Thema:
Demokratie braucht Demokratinnen! Was setzen wir dem Erstarken des Antifeminismus entgegen?
Moderation: Stefanie Elies, Genderkoordinatorin der Friedrich-Ebert-Stiftung
Spoken Word: Isa Bögershausen (Poetry Slammerin, Hamburg)
Fishbowl zum Thema:
Wir sind Viele! Vor Ort! Bündnisse der Gleichstellung als Bollwerk gegen Antifeminismus
Moderation: Stine Klapper, Leiterin Regionalbüro für Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, Friedrich-Ebert-Stiftung
Musikalischer Ausklang mit Wild Wild Women, India's first all-female hip hop collective
und anschließender Empfang
Durch den Abend führen: Ursula Bitzegeio (Referentin für Geschlechtergerechtigkeit und Gender) & Christine Strotmann (Referentin des Regionalbüros für Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein), Friedrich-Ebert-Stiftung