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Vom 9. bis zum 14. August fand in Montréal das 15. Weltsozialforum statt. Die restriktive kanadische Visa-Politik verhinderte die Teilnahme vieler Globalisierungskritiker_innen aus dem Globalen Süden. Alternativen zur rücksichtslosen Ausbeutung von Mensch und Natur standen trotzdem ganz oben auf der Agenda.
Bild: von Alexander Geiger/FES Teilnehmer_innen beim Eröffnungsmarsch des Weltsozialforums 2016 protestieren gegen den Ausschluss von Aktivist_innen aus dem Globalen Süden. Foto: FES
Seit 2001 trifft sich die globalisierungskritische Bewegung jährlich zum Weltsozialforum, um über Alternativen zur neoliberalen Globalisierung zu diskutieren. Zehntausende Aktivist_innen aus Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, linken Parteien, Kollektiven, indigenen Organisationen und sonstigen Gruppierungen kommen so regelmäßig beim Forum zusammen und fordern eine gerechtere Verteilung der weltweiten Ressourcen.
In diesem Jahr waren es weniger – und es war weniger bunt. Grund war vor allem der Veranstaltungsort: Montréal. Zum ersten Mal fand das Weltsozialforum nicht im Globalen Süden, sondern im Norden statt. Naomi Klein, seit Jahren eines der prominentesten Gesichter der Globalisierungskritiker_innen, nannte das diesjährige Forum daher auch das erste „First World Forum“. Teilnehmer_innen aus den USA, Kanada und Europa dominierten die Veranstaltungen. Viele Aktivist_innen aus Afrika, Asien und Lateinamerika hatten kein Visum erhalten, selbst eine ganze Reihe Parlamentarier_innen.
Klimawandel und Gerechtigkeit
Themen und Forderungen änderten sich damit nicht. Der drohende Klimakollaps und die rücksichtslose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen blieben genauso wie die Frage nach sozialer Gerechtigkeit die zentralen Anliegen des Forums. Damit zeigte sich immerhin, dass auch eine breite Zivilgesellschaft im Norden eine Globalisierung ablehnt, deren Preis vor allem die ärmsten und marginalisiertesten Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden zahlen.
Dass es zwischen Klimawandel und Gerechtigkeitsfragen einen engen Zusammenhang gibt, unterstrichen die zahlreichen Veranstaltungen zu verschiedenen Aspekten der Klimagerechtigkeitsdebatte. Wir haben dazu zusammen mit Brot für die Welt die Podiumsdiskussion „Talking about Climate Justice – Climate Induced Migration and Displacement from an International Perspective“ organisiert. Im Zentrum stand die Frage, inwieweit der Globale Norden die Länder des Globalen Südens dabei unterstützen kann und muss, mit Migrationsbewegungen umzugehen, die durch den Klimawandel verstärkt werden. Zwei der Sprecher, Harjeet Singh aus Indien und MD Shamsuddoha aus Bangladesch, betonten, dass es dabei im Kern um Solidarität und Gerechtigkeit geht.
Auf dem Weltsozialforum ist seit vielen Jahren „common sense“, dass die Globalisierung vor allem ökonomische Interessen fördert und multinationale Konzerne zu den Hauptgewinnern macht. In einer Podiumsdiskussion zu „Investment Chapters in Trade Agreements: From Rights to Responsibilities“ haben wir über Möglichkeiten diskutiert, wie Unternehmen stärker zur Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Arbeitsstandards verpflichtet werden können. Piedad Mancero aus Ecuador und Jay Jay Clement Denis aus Malaysia schilderten eindrucksvoll, welche negativen Folgen das unkontrollierte Handeln ausländischer Großkonzerne in ihren Ländern in jüngster Zeit hatte. Diese Schieflage spüren inzwischen auch Menschen in den industrialisierten Ländern – und so verbündet sich der Protest von Nord und Süd und entfaltet einen umso stärkeren, öffentlichen Druck auf die politisch Handelnden.
Das Weltsozialforum ist wichtig – aber es müssen vor allem die Betroffenen zu Wort kommen
Wenn allerdings nur Akteure aus dem Norden über diese Themen diskutieren, dann können Veranstaltungen leicht zu Selbstgesprächen werden. Das muss nicht schlecht sein – bei unseren Gesprächen konnten wir viele spannende Einsichten gewinnen. Dennoch fehlten die Perspektiven von Menschen aus dem Globalen Süden, auch deshalb, weil sie von den negativen Auswirkungen der Globalisierung und des Klimawandels besonders betroffen sind.
Wir brauchen das Weltsozialforum, weil es ein freies Gesprächsforum sein kann, in dem wir abseits der „großen Politik“ auch einmal querdenken und über den Tellerrand hinausblicken können. Genau darin liegt die Bedeutung des Forums, die künftig auch erhalten bleiben muss: es ist das einzige globale Treffen zivilgesellschaftlicher Akteur_innen, das nicht an einen Regierungsgipfel angehängt ist, sondern von Vertreter_innen von NGOs und Zivilgesellschaft selbständig organisiert wird. Damit hat es eine spezielle identitätsstiftende Bedeutung für Globalisierungskritiker_innen weltweit. Aber die Diskussionen erhalten mehr Glaubwürdigkeit, wenn sie in Zukunft wieder im und mit dem Globalen Süden geführt werden.
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