Innerhalb der Demokratischen Partei können vier Lager identifiziert werden: die Liberalen, die konservativen Demokraten, die Progressiven und die demokratischen Sozialisten. Trotz der zwei Jahre währenden Präsidentschaft Donald Trumps haben sich die innerparteilichen Konflikte, welche die Partei in den Vorwahlen zwischen den Lagern von Hillary Clinton und Bernie Sanders gespalten haben, tendenziell eher verstärkt als abgeschwächt. Ehemalige Außenseiterthemen wie die einheitliche Krankenversicherung oder eine kostenfreie College-Ausbildung sind dank Politiker_innen wie Bernie Sanders oder Elizabeth Warren innerhalb der Partei salonfähig geworden. Der unerwartete Sieg Trumps bei den Präsidentschaftswahlen beeinflusst die innerparteilichen Konflikte weiterhin stark. Einige demokratische Politiker_innen argumentieren, dass man durch eher gemäßigte Positionen versuchen sollte, Wähler_innen zurückzugewinnen. Andere fordern hingegen, dass der Fokus auf starke linke Positionen gelegt werden müsse oder dass marginalisierte Minderheiten und neue Wähler_innen durch starke progressive Politikvorschläge wie dem Schutz der LSBTI-Community oder einem besseren Zugang zu Abtreibungen überzeugt werden müssen. Während »#Resistance« in den letzten zwei Jahren als politisches Schlagwort für die meisten Demokraten fungierte, zeigen die Positionen in der politischen Landschaft, wie dieser Widerstand gegen Trump die Unterschiede bezüglich wichtiger politischer Themen verdeckt.
1. Liberale
Die Liberalen vertreten eine Kombination aus sozial-progressiven Positionen und gemäßigter wirtschaftsfreundlicher Politik. In der politischen Landkarte (siehe Schaubild) ist zu erkennen, wie die liberale Kandidatin Diane Feinstein (Kalifornien) im Vergleich zu den anderen demokratischen Kandidat_innen auf die rechte Seite der wirtschaftlichen Achse strebt, weil sie die Ausweitung von Freihandelsabkommen und die Absenkung von Steuern für Unternehmen (Körperschaftssteuer) unterstützt. Gleichzeitig fordert sie neue Antidiskriminierungsgesetze für LSBTI und den Schutz für unregistrierte Kinder (DREAMer), weshalb sie auf der konservativ-progressiven Achse auf der progressiven Seite verortet wird.
2016 gewann Hillary Clinton, die für den liberalen Flügel der Demokraten steht, die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin gegen ihren linken Herausforderer Bernie Sanders (Vermont). Die meisten älteren Kandidat_innen dieser Gruppierung haben, wie Hillary Clinton oder der Senator Virginias, Tim Kaine, ihre politischen Wurzeln in der »New-Democrat«-Strömung, die von Bill Clinton in den 1990er Jahren unterstützt wurde. In den letzten Jahren haben die Liberalen jedoch verstärkt sozial-progressive Positionen eingenommen, wie beispielsweise zu den Themen Waffengesetzgebung, Abtreibung, gleichgeschlechtliche Ehe, Zuwanderungsreformen und Klimawandel. Trotz dieser progressiven Positionen gehen die Liberalen auf Distanz zu wirtschaftspolitisch linken Forderungen und befürworten stattdessen die Ausweitung von Freihandelsabkommen und Steuersenkungen. Obwohl sie sich als strikte Gegner der Außenpolitik von George W. Bush und Donald Trump präsentieren, befürworten viele Liberale ebenfalls eine starke interventionistische Linie. Zum Beispiel Sanktionen gegen den Iran und Russland sowie eine Aufrechterhaltung der Militärpräsenz im Ausland.
Senatorin Diane Feinstein (oben in der Grafik) ist die prominenteste Vertreterin des liberalen Flügels der Demokratischen Partei. Sie vertritt eine Kombination aus gemäßigten Mitte-Positionen bezüglich der wirtschaftlichen Links-Rechts-Achse und eindeutig libertär-progressive Positionen auf der vertikalen Achse. Obwohl Feinstein viele Positionen der Progressiven befürwortet, hat sie sich bislang gegen die Unterstützung einiger linker Forderungen wie einer einheitlichen Krankenversicherung ausgesprochen.
2. Konservative Demokraten
Die konservativen Demokraten unterstützen sozialkonservative Positionen in den Bereichen Abtreibung, Waffengesetze und Umweltschutz. Sie scheinen auf den ersten Blick eher republikanischen Positionen näherzustehen. Im Gegensatz zu den republikanischen Politiker_innen im Kongress vertreten konservative Demokraten jedoch eher linksgerichtete wirtschaftspolitische Positionen; sie unterstützen beispielsweise Gewerkschaften und treten als Gegner von Freihandelsabkommen auf. Während die konservativen Demokraten einst die Mehrheit innerhalb der Partei repräsentierten, haben sie in den letzten Jahren an Zuspruch verloren. Durch Kandidat_innen wie Heidi Heitkamp (North Dakota), Joe Manchin (West Virginia) und Conor Lamb (Pennsylvania, 18. Distrikt) haben sie aber kürzlich eine größere Medienpräsenz erhalten. Diese Kandidat_innen versuchen, Sitze in Wahlgebieten wiederzuerlangen, die 2016 eindeutig mehrheitlich für Trump stimmten. Durch die zunehmende Polarisierung in den USA sind die konservativen Demokraten in einer vertrackten Situation: Sie wollen den Einfluss der Progressiven eindämmen, um die weiße Arbeiterschaft, die in den letzten Jahren mehrheitlich republikanisch gewählt hat, als Stimmen zu gewinnen.
Die Verortung von Joe Manchin in der Grafik oben zeigt, wie konservativ seine Positionen sind, selbst im Vergleich zu eher moderaten republikanischen Kandidat_innen. Durch seine starke Kritik an umweltpolitischen Regulierungen des Kohleabbaus, als Gegner von Abtreibungen und Befürworter von Trumps Grenzmauer zu Mexiko nimmt Manchin, der auch für die Nominierung von Richter Brett Kavanaugh gestimmt hat, gezielt Gegenpositionen zu seiner Partei ein. Er möchte in seinem Staat, der mit 42 Prozentpunkten Vorsprung für Trump stimmte, sichtbar bleiben. Da er sich jedoch mit der Arbeiterschaft von West Virginia solidarisiert und beispielsweise höhere Einfuhrzölle fordert, nimmt er stärker linksgerichtete Wirtschaftspositionen als der wirtschaftsfreundliche liberale Flügel ein, der durch Feinstein vertreten wird.
3. Die Progressive
In den letzten Jahren hat eine neue Generation von Politiker_innen innerhalb der Demokratischen Partei an Einfluss gewonnen, die sowohl in wirtschaftlichen als auch gesellschaftlichen Fragen eindeutig progressive Ansichten vertritt. Politikerinnen wie Kamala Harris (Kalifornien), Elizabeth Warren (Massachusetts) und Kirsten Gillibrand (New York) konzentrieren sich auf linke Themen wie eine einheitliche gesetzliche Krankenversicherung, einen höheren Mindestlohn (»Fight for 15 Dollar«) und die Erhöhung von Unternehmenssteuern, um durch die Mehreinnahmen den Wohlfahrtsstaat ausbauen zu können. Damit bilden sie einen Gegenpol zu den Liberalen und den frühen Clinton-Demokraten, die sich vornehmlich auf die Stimmen der politischen Mitte konzentrier(t)en. Die Progressiven kritisieren den Staat für seine exkludierende und sozialkonservative Politik und setzen damit Themen wie den Toilettenzugang für Transgender, den Rassismus in der Polizei und die Abschaffung der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) auf die politische Agenda. Die Progressiven stehen in starker Opposition zur IdentitätspPolitik von Donald Trump, sind aber gespalten in der Frage, ob sie sich als Gegenpol zu Trump eher auf ökonomische Fragen wie die Einkommensungleichheit oder auf kulturelle Fragen konzentrieren sollten, um Frauen, Minderheiten und junge Wähler_innen zu mobilisieren.
Die Vorsitzende der Progressiven, Elizabeth Warren, ist auf der wirtschaftlichen Achse deutlich links verortet, so wie auch Diane Feinstein (siehe Grafik). Die Progressiven teilen die Kritik am transatlantischen Freihandelsabkommen mit den konservativen Demokraten wie Joe Manchin, sind aber in sozialen Fragen eindeutig progressiv und daher im Quadranten links oben verortet. Insgesamt teilen die Progressiven viele Anliegen der »Demokratischen Sozialisten«, den Sanders-Anhängern, wie die Grafik zeigt. Uneins sind sich die beiden Gruppierungen häufig darüber, ob der linke Wandel aus den Strukturen der Demokraten heraus entstehen kann oder nicht.
4. Demokratische Sozialisten
Die Vorwahl-Kampagne von Bernie Sanders (2016) hat den amerikanischen Wähler_innen linksradikale Forderungen nähergebracht, welche die Demokratische Partei sich zuvor nicht traute zu thematisieren. In der Folge gründete sich die innerparteiliche Gruppierung der demokratischen Sozialisten. Durch diese Gruppierung bewegten sich linke Themen wie die einheitliche Krankenversicherung und freie College-Bildung von den links-progressiven Rändern hin zur Mitte. 2018 haben Kandidat_innen der demokratischen Sozialisten, die von Sanders unterstützt werden, bereits in den Vorwahlen Siege erzielen können, unter anderem Rashida Tliab (Michigan, 13. Distrikt) und Alexandria Ocasio-Cortez (New York, 14. Distrikt). Sie stehen damit auch vor Siegen in ihren stark demokratisch geprägten Bezirken. Die meisten Kandidierenden dieser Gruppierung werden von Sanders’ Komitee »Our Revolution« (Unsere Revolution) unterstützt oder sind Mitglieder der Demokratischen Sozialisten von Amerika (Democratic Socialists of America, DSA), der größten und am schnellsten wachsenden sozialistischen Organisation in den USA. Die selbsternannten demokratischen Sozialisten haben eine angespannte Beziehung zur Demokratischen Partei, die sie zwar als Hindernis der linken »Revolution« in Amerika sehen, aber auch als einzig realistische Machtoption im amerikanischen Zweiparteiensystem.
Es ist bemerkenswert, dass Bernie Sanders als »Anführer« der demokratischen Sozialisten in der politischen Landschaft eine ähnliche Position wie die progressive Elizabeth Warren einnimmt. Beide vertreten ähnliche links-progressive Positionen. Die demokratischen Sozialisten haben jedoch weniger Probleme damit, auf aggressive Art und Weise die Normen der amerikanischen Politik herauszufordern wie in der Israelpolitik oder in der Wirtschafts- und Unternehmenspolitik. Obwohl die demokratischen Sozialisten sehr in kulturellen Fragen sehr fortschrittlich sind, ähnlich wie die Progressiven in der Partei, ist in wirtschaftlichen Fragen ein deutlich marxistischer Einfluss hinsichtlich der »Ungleichheit der Klassen« erkennbar. Zwar treten die demokratischen Sozialisten von Amerika formell für die Abschaffung des Kapitalismus ein und wollen den privaten Sektor durch Unternehmen ersetzen, die durch staatliche Stellen und durch Arbeiter_innen kontrolliert werden.