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Euro-Reformen: Tauziehen löst keine Knoten

Das Kopfzerbrechen nimmt kein Ende: Wie soll es mit Griechenland speziell und der Eurozone allgemein weitergehen, wie können verhärtete Positionen versöhnt werden und was kann sich die europäische Politik vor Wahlen überhaupt noch trauen?

Bild: tug-of-war von Urbán Tamás lizenziert unter CC BY-SA 3.0

Das unwürdige Gezerre um Hilfskredite, Sparpolitik und Reformen in Griechenland geht gerade in die nächste Runde. Der deutsche Finanzminister spielt dabei eine schwierige Rolle, die mehr und mehr kritisiert wird. Doch die Positionen zu Griechenland sind in der Bundesregierung polarisiert. Und nicht nur dort: auch etwa gleich große Teile der deutschen Bevölkerung sind für beziehungsweise gegen einen Schuldenschnitt. Selbst in pessimistischen Szenarien gilt ein Grexit zwar nicht mehr unbedingt als der Untergang des Euro, unkontrollierbare Turbulenzen in Italien dagegen schon. Auf der anderen Seite ist die EU-Kommission so optimistisch, den Euro bis 2025 in allen Mitgliedstaaten einführen zu wollen.

Der Knoten platzt nicht von selbst

Nicht nur für dieses Vorhaben, sondern grundlegend dafür, Krisen in Zukunft besser abfedern zu können, müssen die Konstruktionsfehler des Euro dringend angegangen werden. Die sind zwar (spätestens) seit seiner Einführung bekannt und die politischen und wirtschaftlichen Argumente für eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion sind seit Jahren die gleichen. Aber in der Konzentration auf Griechenlands Staatsschulden, die vom Sonderfall mit landesspezifischen Hintergründen zum Kernproblem verantwortungsloser Haushaltspolitik in der Eurozone verklärt werden, festigt sich ein gordischer Knoten aus fehlgeschlagener Krisenpolitik, ideologischer Verhärtung und selektiver Wahrnehmung. Ansätze, diesen Knoten zu lösen, wurden bei der Veranstaltung „Der liebe Euro“ der Friedrich-Ebert-Stiftung in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg vom Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der Vorsitzenden der Arbeitnehmer im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss Gabriele Bischoff sowie von Dr. Philipp Steinberg aus dem Bundeswirtschaftsministerium diskuterit.

Ein Haushalt für die Eurozone mit demokratischer Kontrolle muss her, darin waren sich die Diskussionsteilnehmer_innen einig – um besser auf wirtschaftliche Schocks reagieren zu können, öffentliche Investitionen abzusichern oder langfristig zum Beispiel eine europäische Arbeitslosenversicherung aufzubauen. Das Misstrauen der deutschen Regierung – beziehungsweise das den Finanzminister stellenden Koalitionspartners – gegenüber solchen Vorschlägen ist bekannt, zumal sich vor der Bundestagswahl im Herbst ohnehin nichts mehr tun wird. Danach stehen bald Parlamentswahlen in Italien an, was eine weitere Verlängerung des Stillstandes bedeuten könnte. Irgendwo ist immer eine Wahl und die Politik traut sich nicht mehr, ihren Bevölkerungen in Sachen Europa etwas „zuzumuten“.

Wer hat Angst vor Flexibilität?

Immerhin scheint sich der Konsens zu bilden, dass mehr politische Integration in der Eurozone notwendig ist. Flexible Integration, also dass nicht alle EU-Mitgliedstaaten in allen Politikfeldern mitziehen, ist einerseits schon lange Realität. Andererseits ist klar, dass die Eurozone als stärker integriertes „Kerneuropa“ für die gemeinsame Währung ein solideres Fundament braucht. Aber auch hier könnten strenge Regeln durch flexiblere Lösungen ergänzt werden – für die unterschiedlichen Wirtschaftsmodelle in der Eurozone, die zum Teil drastisch von der für eine Währungsunion optimalen deutschen Verbindung von Exportwirtschaft und Tarifautonomie als Lohnkostenkontrolle abweichen. Und für ihre asynchronen Konjunkturzyklen, angesichts derer ein einheitlicher Leitzins im Euroraum sowohl für boomende als auch für kriselnde Mitgliedstaaten problematisch ist, weil er sich am Durchschnittswert der Inflation im Euroraum orientiert – und so meistens niemandem gerecht werden kann. Dabei könnte auch eine Sichtweise helfen, die Krisenländer nicht über Gebühr brandmarkt, sondern auch als Verlierer weltwirtschaftlicher Dynamiken und Umschwünge anerkennt. Krisen würden dann weniger als Schuld für das Alte gesehen werden und vielmehr als Chancen des Neuen und der Umschwünge, die es solidarisch zu unterstützen und gemeinsam zu bewältigen gilt. Wer Solidarität verweigert, wenn er stark ist, sollte daran denken, dass sich die Dinge schnell ändern können: Deutschland als „kranker Mann Europas“ – so lange ist es nicht her.

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