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Europäische Souveränität: Demokratisch, sozial-ökologisch, partnerschaftlich, handlungsfähig.

Ein Projekt der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Welt in der Krise

Aus Sicht ihrer Bürgerinnen und Bürger ist das vergangene Jahrzehnt für die Europäische Union durch einen permanenten Zustand von (Welt-)Unordnung und Krise gekennzeichnet: Von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, der Eurokrise, der Migrationskrise bis hin zur Coronakrise mit ihren tiefgreifenden gesundheitlichen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Folgen. Hinzu kommen veränderte außen- und sicherheitspolitische Bedingungen. Sowohl der Aufstieg des Systemrivalen China, der Handelsstreit zwischen den USA und China, die aggressive Politik Russlands als auch die nicht gelösten Konflikte im Nahen- und Mittleren Osten betreffen Europa und die EU unmittelbar.

Europa im Umbruch

Die Corona-Pandemie hat noch einmal die grundsätzlichen strukturellen und politischen Defizite der EU verdeutlicht: Ihre Institutionen, deren Zusammenspiel und besonders die Entscheidungsmechanismen müssen reformiert werden. Anstelle nationaler Alleingänge und gegenseitiger Blockaden müssen die 27 Mitgliedsländer stärker gemeinsam und entschlossen handeln. Dass sie dazu in der Lage sind, haben sie im Fall des Brexit, bei der Verabschiedung des historischen Wiederaufbaupakets sowie in den - wenn auch verzögerten – dann jedoch koordinierten Aktionen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gezeigt. Dennoch: Die EU muss ihre Prozesse und Strukturen stärken, um aus dem ad hoc Krisenreaktionsmodus herauszukommen. Es braucht eine starke und handlungsfähige EU mit einer klaren Strategie, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen meistern zu können.

Hierfür müssen sich die Mitgliedsländer der EU ihrer Herausforderungen bewusst werden.

  • Transnationalität: Krisen und existenzielle Herausforderungen übersteigen die Lösungs-, Gestaltungs- und Schutzmöglichkeiten von Nationalstaaten.   
  • Wechselseitige Abhängigkeit: Die europäischen Länder sind aufeinander angewiesen. Nur im solidarischen Zusammenschluss einer souveränen EU können sie ihre Handlungsfähigkeit stärken. Sie müssen überall dort gemeinsam agieren, wo Nationalstaaten an ihre Grenzen stoßen.
  • Reformbedarf: Die EU muss in vielen Politikfeldern grundlegende Reformen umsetzen und ihre institutionelle Architektur sowie ihre Entscheidungsmechanismen den Herausforderungen anpassen. Nur so kann sie nach innen wie nach außen ein wirklich gestaltungs- und handlungsfähiger Akteur werden.  

Antworten der Sozialen Demokratie

Während die Bürgerinnen und Bürger Europas Antworten auf die Fragen erwarten, in was für einem Europa, in was für einer Welt sie leben werden und wie sie ihre Lebensträume und Wertvorstellungen gegen Widerstände von innen und außen durchsetzen und verwirklichen können, verlangen die  Nachbarländer und globalen Akteure einen starken und verlässlichen Partner.

Die Soziale Demokratie hat sich daher die Aufgabe gestellt, ein überzeugendes Narrativ für die Zukunft Europaszu entwerfen. Also eine nach vorn weisende sozialdemokratische Idee von Europa, die die Menschen anspricht und mobilisiert.

Europa souverän

Der Begriff der „Souveränität“ wird in Europa zumeist mit der uneingeschränkten Hoheitsgewalt des Nationalstaates nach innen und außen verbunden. Im aktuellen europapolitischen Diskurs wird der Begriff inzwischen - gemeinsam mit dem Begriff „Autonomie“ - auch verwendet, um die zukünftige globale Rolle Europas zu bestimmen. Dabei wird deutlich, dass beide Begriffe zwar mit zum Teil verschiedenen Inhalten und Bedeutungen verbunden werden – sehr unterschiedliche historische Erfahrungen spielen hierbei eine wichtige Rolle -, dass aber stets die eigene politische Handlungsfähigkeit im Mittelpunkt der Überlegungen steht.

Im Kern geht es in dieser Debatte um die Frage nach Europas Platz und Rolle in einer sich tiefgreifend und schnell verändernden Welt. Einer Welt, die zunehmend geprägt ist von einer erodierenden internationalen Ordnung und einer eskalierenden Rivalität der Großmächte. Der französische Präsident und die deutschen Verteidigungsministerin lieferten sich im Rahmen dieser Debatte einen öffentlichen Schlagabtausch darüber, ob man sich von den USA unabhängig machen oder weiter eng mit ihnen kooperieren sollte. Aber diese Auseinandersetzung verstellt den Blick auf die eigentliche Herausforderung, mit der Europa und damit die EU konfrontiert sind: Nämlich auf eigenen Füßen zu stehen!Nicht Spielball im Konflikt der Großmächte zu werden, sondern selbst ein handlungsfähiger Akteur zu sein!

Aus Sicht  der Sozialen Demokratie ist europäische Souveränität die Fähigkeit der EU, die eigenen Interessen und Werte eigenständig zu definieren und auf dieser Basis nach innen und nach außen regelbasiert und inklusiv zu handeln. Europäische Souveränität beschränkt die Handlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten nicht, sondern erhöht diese durch gemeinsames europäisches Handeln. Souveränität bedeutet demnach nicht Abschottung, sondern die Bildung von Allianzen mit Partnern. Sie ist die selbstbestimmte Handlungsfähigkeit und Selbstbehauptung in der Außen- und Sicherheitspolitik genauso wie in wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und technologischen Fragen. Mehr Souveränität verlangt auch eine Weiterentwicklung des institutionellen und instrumentellen Gefüges der EU sowie des solidarischen Zusammenhalts im Innern. Nur eine nach innen entscheidungs- und handlungsfähige Union wird in der Lage sein, die globale Ordnung mitzugestalten, ihre Interessen durchzusetzen und die eigenen Bürger zu schützen. Auf eine Formel gebracht: Ziel ist ein souveränes demokratisches Europa mit einer EU, die sozial-ökologisch, partnerschaftlich, handlungsfähig und wertebasiert agiert.

Europa solidarisch

Aus Sicht der Sozialen Demokratie heißt das auch: Ein souveränes Europa kann nur ein solidarisches Europa mit einer solidarischen EU sein! Damit ist Solidarität nach innen und nach außen gemeint. Hierzu zählen Geschlechtergerechtigkeit, gleichwertige Lebensstandards auf Basis eines sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftssystems, ein gerechtes Steuersystem, Investitionen in die Daseinsvorsorge und eine soziale Einhegung der Digitalisierung. Aber eben auch: globale Verantwortungsübernahme in der Sicherheits- und Friedenspolitik in Kooperation mit NATO, OSZE und UNO angesichts einer Schwächung der regelbasierten Weltordnung und einer sich erneut drehenden Rüstungsspirale. Sowie im Klimaschutz und der Unterstützung für den globalen Süden u.a. durch sozial und ökologisch gerechte Handels- und Lieferketten sowie eine von Menschenrechten und sozialen Kriterien geleitete Migrations- und Asylpolitik.

Europäische und nationale Souveränität Hand in Hand

Die Debatte um die europäische Souveränität wird nicht nur von Politiker_innen und Expert_innen geführt. Sie ist inzwischen auch im Bewusstsein der europäischen Bürgerinnen und Bürger angekommen. Eine Mehrheit von ihnen spricht sich dezidiert für eine Stärkung der europäischen Souveränität aus, um dadurch globalen Herausforderungen wie Klimakrise, Terrorismus oder Gesundheitskrisen besser begegnen und sich in Auseinandersetzungen der Großmächte behaupten zu können. Sehr bemerkenswert ist, dass dieser Wunsch nach einer Stärkung europäischer Souveränität begleitet wird von einem genauso starken Plädoyer für die Stärkung nationaler Souveränität. Beide werden nicht als Widerspruch und sich ausschließend angesehen, sondern sollen Hand in Hand gehen und einander ergänzen. Darin zeigt sich eine sehr differenzierte Einstellung der Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht auf eine allgemeine Forderung nach mehr oder weniger Europa beschränkt.

Die FES hat sich die Aufgabe gestellt, diese Debatte zu begleiten und hierzu das Projekt Souveränes Europa gestartet. In 5 Handlungsfeldern entwickeln wir gemeinsam mit Partnern in unserem weltweiten Netzwerk Ideen und Vorschläge, wie die EU weltpolitikfähiger werden kann: Demokratie und Werte, Sozial gerechte Wirtschaft, Sozial-ökologische Transformation, Handlungsfähige Friedensmacht, Multilateralismus und Geopolitik.

Souveränes Europa Aktuell

Umfrage: Europäische Souveränität

In wenigen Punkten scheinen sich europäische Politiker_innen so einig zu sein wie in diesem: Es braucht mehr europäische Souveränität, um als globaler...


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Eine goldene Statue von Hinten mit Europaflagge

Analyse der von Ipsos für die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Jean-Jaurès-Stiftung durchgeführten Umfrage

Welches Verständnis und welche Wahrnehmung haben die Europäer_innen vom Konzept der europäischen Souveränität? Wie wird es in unterschiedlichen...


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Plädoyer für ein souveränes Europa (Veranstaltungsmitschnitt)

Online-Debatte vom 2. März 2021 mit Martin Schulz, Jean-Marc Ayrault u.a.


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Begrenzt handlungsfähig? Die Souveränität der Europäischen Union bleibt eine Willensfrage

In Krisen zeigt sich Stärke: Wer in schwierigen Situationen sicher und selbstbewusst handelt, agiert souverän. Wie souverän also ist die Europäische...


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Koordination

Dr. Ralf Hexel

030 26935-7711
Ralf.Hexel(at)fes.de

Ansprechpartnerin

Adriana Hornung

030 26935-7709
Adriana.Hornung(at)fes.de

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