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Umfrage: Europäische Souveränität

Umfrage in acht europäischen Ländern

In wenigen Punkten scheinen sich europäische Politiker_innen so einig zu sein wie in diesem: Es braucht mehr europäische Souveränität, um als globaler Akteur auf der weltpolitischen Bühne zu bestehen und internationale Politik zu gestalten. Das Souveräne Europa ist zum Sehnsuchtsort europäischer Hauptstädte geworden: herbeigewünscht und gefordert, aber doch nicht – noch nicht – erreicht. Was aber wird in der breiten Bevölkerung über das Konzept der europäischen Souveränität gedacht? Wie wird es in unterschiedlichen europäischen Ländern verstanden und bewertet? Wie souverän wird Europa jetzt schon gesehen?

Um diese Fragen zu beantworten, hat Ipsos zwischen dem 28. Dezember 2020 und dem 8. Januar 2021 8.000 Europäer aus 8 EU-Ländern über das Internet befragt: Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien, Lettland, Schweden, Rumänien und Polen.

In jedem dieser 8 Länder wurde eine repräsentative Stichprobe der jeweiligen Bevölkerung im Alter von 18 Jahren und älter befragt (Quotenverfahren).


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Ergebnisse

Jede_r Zweite sieht Europa heute als souverän an

51% der Europäer_innen sehen Europa heute als souverän an. Während die nord- und osteuropäischen Länder mehrheitlich von der Souveränität Europas überzeugt sind (61% in Schweden, 65% in Polen, 63% in Rumänien, 56% in Lettland und 57% in Deutschland), wird dies in Frankreich und Italien ganz anders gesehen (64% der Befragten in Frankreich und 54% in Italien sind der Meinung, Europa sei nicht souverän).  Die Spanier_innen sind hier gespalten, wobei eine knappe Mehrheit Europa dennoch als souverän betrachtet (53%).


Die befragten Europäer_innen definieren Souveränität in erster Linie als Unabhängigkeit von anderen (58% geben dies als eine der beiden Hauptbedeutungen von Souveränität an), als Leben nach eigenen Werten und Vorstellungen (57%) oder als Fähigkeit, die eigenen Interessen durchzusetzen (51%) – weit abgeschlagen folgt die Definition als eine frei gewählte Zusammenarbeit mit Partnern (35%).


Damit Europa souverän sein kann, ist für die meisten Befragten eine prosperierende Wirtschaft der wichtigste Faktor (69%), aber auch andere Aspekte werden als entscheidend angesehen. So hält es eine große Mehrheit der befragten Europäer_innen für unabdingbar, dass Europa eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik verfolgt (67%), dass in strategischen Bereichen wie der Nahrungsmittel- und Gesundheitsversorgung die Produktion in Europa stattfindet (65%), dass Europa über eigene Energieressourcen verfügt (60%), dass es seine Werte entschieden verteidigt (61%), dass es seine Außengrenzen kontrolliert (59%), dass es über gemeinsame Instrumente zur Bekämpfung ausländischer Einmischung verfügt (58%), dass es die Kontrolle über strategische Infrastrukturen hat (52%) und dass es über eigene Steuermittel verfügt (53%).

Fast drei Viertel der befragten Europäer_innen sind der Meinung, dass Europäische Souveränität gestärkt werden sollte

Auch wenn die große Mehrheit der befragten Europäer_innen der Meinung ist, dass die Souveränität ihres Landes gestärkt werden sollte (77% insgesamt, 70% in Frankreich und Spanien und 91% in Rumänien), steht dies nicht im Widerspruch zu dem Wunsch, die europäische Souveränität zu stärken. Tatsächlich sind 73% der Befragten der Meinung, dass die europäische Souveränität gestärkt werden sollte, insbesondere die Lett_innen (84%), die Rumän_innen (83%) und die Deutschen (83%), etwas weniger, aber immer noch mit großer Mehrheit in Spanien (73%), Frankreich (66%), Schweden (64%) und auch in Italien (60%).


Europäische Souveränität sollte gestärkt werden, vor allem um die Bedrohung durch Terrorismus abzuwehren (37% geben dies als einen der beiden Hauptgründe an, besonders häufig in Frankreich, Polen, Rumänien und Schweden), die Herausforderung des Klimawandels zu bewältigen (34%, besonders häufig in Deutschland) und gesundheitliche Bedrohungen zu verhindern (31%, besonders häufig in Italien und Spanien). Diese globalen Herausforderungen erfordern ihrer Meinung nach eine europäische Antwort, da ihr Land alleine international zu wenig Gewicht hat (27% insgesamt und sogar 39% in Italien und 37% in Lettland) oder andere Akteure, allen voran China, nach Macht streben (20% insgesamt, 25% in Frankreich und 27% in Schweden). Russlands Machtstreben wird nur von 13% der Europäer als Motiv für eine Stärkung der europäischen Souveränität gesehen, allerdings von 30% in Polen und von 31% in Lettland.


Was die Realisierung von mehr europäischer Souveränität in den Augen der befragten Europäer_innen derzeit noch bremst, ist nicht der Unwille der Bevölkerung (nur 11% sind dieser Meinung), sondern vielmehr die Tatsache, dass einige europäische Länder von Nationalisten angeführt werden (23% insgesamt, 38% in Schweden und 35% in Deutschland), einige Länder, die kein Interesse an  einem starken Europa haben, dem entgegenwirken (22% insgesamt), die bestehenden europäischen Institutionen zu schwach sind (19%).

Unterschiedliche Bewertungen von „Souveränität“, „Europäischer Souveränität“ und „Strategischer Autonomie“

Der Begriff „Souveränität“ wird in den acht befragten EU-Ländern sehr unterschiedlich bewertet. Positiv wird er von einer großen Mehrheit der Deutschen (73%), Pol_innen (69%), Lett_innen (61%), Rumän_innen (60%) und in etwas geringerem Maße von den Schwed_innen (56%) bewertet.Hingegen gibt in Frankreich (29%), Spanien (28%) und Italien (21%) nur eine Minderheit positive Bewertungen ab. In Italien überwiegen die negativen Bewertungen sogar (35%).

Eine Mehrheit der befragten Europäer_innen assoziiert diesen Begriff weder mit der politischen Linken noch mit der Rechten (58%). Wer ihn politisch zuordnet, verknüpft ihn dann allerdings eher mit der Rechten (23% gegenüber 6%, die ihn der Linken zuordnen). Besonders in Deutschland gilt der Begriff als eher „unpolitisch“ (nur 8% verknüpfen ihn mit „links“ oder „rechts“). Viel politischer konnotiert ist er in den Ländern, die ihn negativ bewerten: In Italien (41%), Spanien (37%) und Frankreich (34%) wird er ganz überwiegend der politischen Rechten zugeordnet.


Immerhin 6 von 10 Europäer_innen geben an, dass sie eine Vorstellung davon haben, was „europäische Souveränität“ bedeutet (63%). In Frankreich und besonders in Italien wird der Ausdruck am wenigsten verstanden (nur von 54% in Frankreich und 45% in Italien). Besser verstanden wird er in Schweden (60%), Lettland (67%) und Deutschland (69%), vor allem aber in Spanien (71%), Polen (75%) und Rumänien (77%). In Frankreich und besonders in Italien wird dagegen der Begriff der strategischen Autonomie besser verstanden.


Bei der Bewertung des Begriffs sind die befragten Europäer_innen geteilter Meinung. In allen 8 Ländern zusammen betrachtet kaum mehr als jede_r Zweite den Ausdruck „europäische Souveränität“ als etwas Positives (52%). 26% sehen darin etwas Negatives und 22% weder das eine noch das andere. Das ist eine etwas weniger positive Bewertung als beim Begriff „nationale Souveränität“ (5 Prozentpunkte weniger). In vier der untersuchten Länder ist der Ausdruck „europäische Souveränität“ bei einer großen Mehrheit positiv besetzt: Deutschland (63%), Polen (69%), Rumänien (66%) und Lettland (68%). Deutlich gemischter sind die Meinungen in Spanien (49% sehen ihn positiv, 24% negativ), Schweden (48% positiv, 19% negativ), Frankreich (41% positiv, 35% negativ) und vor allem Italien (37% positiv, 47% negativ).

Kontakt zur Umfrage

Gesamtkoordination

Dr. Ralf Hexel

030 26935-7711
Ralf.Hexel(at)fes.de

Ansprechpartnerin

Adriana Hornung

030 26935-7709
Adriana.Hornung(at)fes.de


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