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Politische Akademie

Personalbedingte Bremsen lösen: Das Beispiel Bauverwaltung

Neue Akzente staatlichen Handelns erfordern einen Aus- und Umbau des öffentlichen Dienstes. Die Gewinnung qualifizierten Personals ist dabei die vorrangige Aufgabe. Ein Debattenbeitrag von Volker Halsch und Heinrich Tiemann.



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Eine nachdrückliche Verbesserung der Performanz des Staates hat vor allem mehr hoch- und höchstqualifizierte Beschäftigte zur Voraussetzung. Neben der Bewältigung des Fachkräftemangels und den Herausforderungen der Digitalisierung ist für neue Akzente staatlichen Handelns ein weitreichender Aus- und Umbau des öffentlichen Dienstes notwendig. Stellvertretend seien der Kitaausbau, die Gesundheitsförderung und die Bekämfpung des Klimawandels genannt. Nur mit mehr Kooperation und besserer Koordination lässt sich Organisationsversagen für die Zukunft vermeiden. Die neue Politik der Modernisierung muss durch einen anspruchsvollen mittelfristigen Umbau der Institutionen, Verfahren und Prozesse staatlichen Handelns unterstützt werden. Das Beispiel Bauverwaltung zeigt, wir müssen größer denken.

Modernes staatliches Handeln

Die Coronapandemie hat in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft einerseits als extremer Modernisierungsbeschleuniger gewirkt, andererseits Schwachstellen und einen enormen Aufholbedarf offengelegt. Die Krise hat zugleich große Innovationsbedarfe und -potenziale sichtbar gemacht.

Die Modernisierung des Staates erfordert heute und in der Zukunft mehr als den Abbau von Bürokratie. Hinter vielen Änderungen der Politikziele verbirgt sich die Notwendigkeit staatsorganisatorischer Veränderungen, von institutionellen und prozeduralen Regelungen. Die Politik gerät mit ihren Absichten fast immer massiv an die Grenzen des verfügbaren Personals. Innovationen unterbleiben oftmals, weil die Fachkräfte zu ihrer Umsetzung fehlen. Die Qualität und die Quantität des Staatspersonals sind inzwischen in vielen Bereichen ein massives Strukturproblem, das trotz seiner praktischen Bedeutung in der Öffentlichkeit wenig Beachtung findet.

Der Weg ins digitale Zeitalter wird also nicht allein von umfangreichen Investitionen in Hard- und Software geprägt sein, sondern auch von organisatorischen Veränderungen und einem weitreichenden Umbau der Schwerpunkte und Arbeitsweisen des öffentlichen Dienstes. Zusammen mit mehr qualifizierten Mitarbeiter_innen sind sie der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands.

Das Beispiel Bauverwaltung

Neben Kapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft stellt die mangelnde Leistungsfähigkeit der Bauverwaltung ein entscheidendes Hemmnis der öffentlichen Investitionstätigkeit dar (Scheller et al. 2021: Baustelle zukunftsfähige Infrastruktur, WISO Diskurs 12/21, S. 14ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2021: Jahresgutachten 21/22, S. 163ff.).

Neben der Intensivierung von Aktivitäten zum Bürokratiekostenabbau mit einem besonderen Fokus auf investitionsrelevante Genehmigungsprozesse („cutting the red tape“) stellt die Stärkung der Bauverwaltung den zweiten Hebel zur Beseitigung dieses Hemmnisses dar.

Eine schnelle Besetzung von freiwerdenden oder neu geschaffenen Stellen scheitert oft an der hohen Fachkräftekonkurrenz mit der Privatwirtschaft oder verwaltungsinternen prozessualen Schwachstellen. Darüber hinaus war die Bauverwaltung nicht vorbereitet auf die Situation schnell wachsender Investitionsmittel.

Da sich Maßnahmen zur Verbesserung der Attraktivität öffentlicher Arbeitgeber und damit verbunden nachhaltige Verbesserungen bei den Stellenbesetzungen wenn überhaupt allenfalls mittelfristig durchsetzen bzw. einstellen werden, sind kurzfristig alternative Wege zu forcieren, um die öffentliche Investitionstätigkeit qualitativ und quantitativ zu stärken.

Zur besseren Steuerung der begrenzten personellen Kapazitäten in der Bauverwaltung sollten vier Maßnahmen schnell umgesetzt werden: Vorhandene Investitionsmittel müssen zielgerichtet und gesteuert eingesetzt werden. Genehmigungsverfahren sollten wo möglich gebündelt bearbeitet werden. Der Abruf von Fördermitteln kann durch die Einschaltung von Intermediären beschleunigt und vereinfacht werden. Und: Das Fachpersonal für Planung muss von administrativen Aufgaben entlastet werden und sich auf seine Kernaufgabe konzentrieren. Dem dient auch eine Umwidmung von an anderen Stellen freizusetzender Ressourcen innerhalb der öffentlichen Verwaltung.

Digitale Infrastruktur ausbauen

Aus der Praxis beim Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland bedeutet das konkret:

  • Aufbau einer zentralen Informationsstelle für den Ausbau der digitalen Infrastruktur, um eine Fehlallokation von Ressourcen zu vermeiden. Ziel ist die geografische Konzentration von Ausbaumaßnahmen auf Gegenden, wo der Bedarf am dringendsten ist. Über eine vorgelagerte Identifizierung solcher Gebiete, die nicht eigenwirtschaftlich ausgebaut werden können, soll dafür gesorgt werden, dass Fördergelder nicht eingesetzt werden, um Gebiete zu erschließen, die der Markt auch eigenwirtschaftlich ausgebaut hätte. Ergänzend können alternative Förderinstrumente – wie z. B. die Ausreichung von Gigabit-Voucher, die an Endkund_innen ausgegeben werden, und einen Teil der Anschlusskosten decken – den eigenwirtschaftlichen Ausbau weiter stimulieren und die Ressourcen der öffentlichen Verwaltung auf die Deckung der oben genannten dringendsten Bedarfe fokussieren.
     
  • Bündelung von Genehmigungserfordernissen durch einheitliche Ansprechpartner auf Landes- und/oder kommunaler Ebene sowie Genehmigungserleichterungen bei geringfügigen Baumaßnahmen. Eine koordinierte Vergabe von Fördermitteln auf Landkreisebene kann echte Synergien heben, eine weitergehende Koordination auf Landesebene ist wünschenswert.
     
  • Die Genehmigungsprozesse sind derzeit weitestgehend analog organisiert. Die laufenden Piloten im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes werden nicht rechtzeitig abgeschlossen, um kurzfristig Abhilfe schaffen zu können. Hier könnte eine Unterstützung durch private Partner Erleichterung schaffen, beispielsweise durch den Einsatz von (bereits existierenden) digitalen Plattformen in Verbindung mit Vorprüfungsleistungen durch einen oder mehrere zentrale Dienstleister.
     
  • Erfahrungsgemäß sinnvoll ist eine zentrale Bereitstellung und (verpflichtende) Verwendung von standardisierten Dokumenten (Musterdokumenten) für alle Phasen des Förderverfahrens. Die umfassende Nutzung von Musterdokumenten ist ein wichtiger Grund für die Abrufeffizienz von Förderprogrammen in Ländern wie Bayern.
     
  • Verstärkte Nutzung privatwirtschaftlicher Ressourcen durch einen Ausbau der arbeitsteiligen öffentlich-privaten Zusammenarbeit. Heute besteht insbesondere im Bereich der Wirtschaftsförderung, aber auch im Bereich gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Transformationsprozesse eine Vielzahl erfolgreich und effizient arbeitender Auslagerungen von Aufgaben in den Privatsektor im Sinne von „managed services“ – also von Dienstleistungen, die von Externen erbracht werden. Dieses Modell gilt es, verstärkt auch für die Kernverwaltung zu nutzen. Dabei kann dies auch nur mittelbar zu einer Stärkung der Bauverwaltung beitragen, in dem für einfachere Aufgaben der öffentlichen Verwaltung Resessourcen und Kompetenzen des privaten Bereichs genutzt werden und dadurch dort freiwerdende öffentliche Ressourcen entsprechend anderweitig eingesetzt werden können.

Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass sich in der Praxis kurzfristig einiges zum Besseren verändern ließe: durch mehr Koordination der Kommunen untereinander, mehr Unterstützung insbesondere seitens der Länder, das Öffnen für Intermediäre und nicht zuletzt durch bessere digitale Prozesse.

Vorrangige Aufgabe: Qualifiziertes Personal gewinnen

Das Beispiel der Bauverwaltung zeigt, dass eine nachdrückliche Verbesserung der Performanz mehr Personal, vor allem hoch- und höchstqualifizierte Beschäftigte, voraussetzt. Digitalisierung und organisatorischer Wandel der Verwaltungsleistungen allein können die Qualität der öffentlichen Verwaltung nicht sicherstellen. Neue Schwerpunkte staatlichen Handelns machen zusätzlich einen Umbau des öffentlichen Dienstes notwendig. Das heißt: Die neue Politik der Modernisierung wird in weiten Bereichen nur mit mehr Personal in modernisierten Strukturen und Institutionen gelingen.

Auch um die Effizienz des Staatssektors insgesamt zu erhöhen, müssen die öffentlichen Arbeitgeber endlich mit klaren Zielsetzungen in den Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft und zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes um gefragte Fachkräfte eintreten. Das setzt voraus, dass das Personal- und Organisationsmanagement im Veränderungsprozess die Initiative ergreift.

Das heißt:

  • Forcierte Gewinnung und Qualifizierung von zusätzlichen Beschäftigten durch höhere Arbeitgeberattraktivität, zum Beispiel durch verbesserte Vergütung, monetäre Anreize, mehr Aufstiegschancen und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Verwaltung.
     
  • Schnelle und nachhaltige Weiterbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter_innen, um den Kompetenzaufbau, die Beschäftigungsfähigkeit sowie die persönliche Zufriedenheit des Personals langfristig zu sichern.
     
  • Vereinfachung und Erleichterung des Personalaustauschs zwischen Verwaltung und Privatsektor, um insbesondere jungen Talenten die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Fähigkeiten pfadunabhängig in sinnstiftende öffentliche Projekte zu investieren und dadurch die Qualität öffentlicher Leistungen zu steigern.
     
  • Selektive Besserstellung, zum Beispiel Zuschläge für Mangelberufe, zum Anlass nehmen, um perspektivisch ein neues Tarif- und Dienstrecht zu forcieren. Dazu gehört der Abbau von dienstrechtlichen Hemmnissen, die die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber der Privatwirtschaft schwächen.

 

Über die Autoren

Voker Halsch arbeitet als Senior Advisor für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers GmbH (PwC). Er ist stellvertretender Sprecher des Managerkreises der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und war Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.

Heinrich Tiemann, Staatssekretär a.D., war Ministerialdirektor im Bundeskanzleramt und Staatssekretär in verschiedenen Bundesministerien. Er ist Mitglied im Arbeitskreis Nachhaltige Strukturpolitik der FES.


Ansprechpartner in der FES: Max Ostermayer

 


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