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Die Bonner Klimakonferenz endete mit ernüchternden Ergebnissen. Unsere Klimaexpertin Yvonne Blos berichtet, welche Bereiche besonders betroffen sind.
von Yvonne Blos, Referentin für internationale Klimapolitik (FES)
Vom 3. - 13. Juni kam die internationale Klimadiplomatie auf der Bonner UN-Klimakonferenz zusammen. In diesen - eher technisch ausgerichteten Zwischenverhandlungen - werden alljährlich die Verhandlungen für die Weltklimakonferenz (Conference of Parties – COP) vorbereitet, die im November 2024 in Aserbaidschan stattfindet.
Das alles überragende Thema war dabei das neue Klimafinanzierungsziel (New Collective Quantified Goal – NCQG), das sowohl die Verhandlungen vor Ort als auch die Berichterstattung dominiert hat. Hierbei geht es vor allem darum festzulegen, welches Volumen die jährlichen Beiträge der Klimafinanzierung zukünftig haben sollten – in der Fachsprache als „Quantum“ bezeichnet. Dieses neue Ziel bzw. Quantum soll die aktuell geltende Vorgabe ablösen, nach der die Industrieländer sich verpflichtet haben, die Entwicklungsländer ab 2020 mit 100 Milliarden jährlich im Bereich der Klimafinanzierung zu unterstützen. Auch wenn es keine offiziellen Zahlen zum Quantum gibt, so gibt es doch die informelle Einschätzung, dass sich der Betrag vermutlich auf mindestens eine Billion verzehnfachen wird, da die Bedarfe enorm sind.
Gestritten wird jedoch nicht nur über das Quantum, sondern auch darüber, wer sich zukünftig an den Zahlungen beteiligen soll. Insbesondere Deutschland und andere Geberländer wollen eine Verbreiterung der Geberbasis erreichen und Staaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder China in die Pflicht nehmen sich an den Zahlungen zu beteiligen. Denn diese Länder gelten nach wie vor in der UN-Klimarahmenkonvention als Entwicklungsländer, da die Einstufung aus dem Jahr 1992 stammt. Zudem pochen die Industrieländer auf eine Mobilisierung anderer privater und öffentlicher Finanzierungsquellen, um das notwendige Kapital zu mobilisieren. So wird von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze in diesem Zusammenhang z.B. eine Reichensteuer vorgeschlagen, die auch bei der internationalen Zivilgesellschaft auf viel Zustimmung stößt.
Die zivilgesellschaftliche Seite und auch die Entwicklungsländer pochen andererseits vor allem darauf, dass die Industrieländer ihren Verpflichtungen nachkommen, als historisch größte Emittenten diejenigen Länder bei der Bekämpfung der Klimakrise angemessen zu unterstützen, die bisher am wenigsten dazu beigetragen haben. Zudem betonen sie, dass alle neuen Klimafinanzierungszusagen neu und zusätzlich sein müssen, um eine bloße Umetikettierung bereits gemachter Zusagen zu vermeiden. Auch der Zugang zu den Geldern ist insbesondere für besonders vulnerable Länder besonders schwer, sodass auch dieser dringend verbessert werden muss.
Historisch vorgesehen ist, dass die Gelder je zur Hälfte für Anpassung und Minderung des Klimawandels vorgesehen sind. In der Realität wird jedoch ein Großteil der Gelder für Minderungsmaßnahmen ausgegeben. Neu ist zudem die Forderung, dass auch Schäden und Verluste über die Klimafinanzierung abgedeckt werden sollen. Das versuchen die Industrieländer jedoch ebenfalls zu verhindern. So fristete auch der unter großem zivilgesellschaftlichem Applaus auf der COP27 im November 2022 eingerichtete Fonds für Schäden und Verluste ein Schattendasein bei den Verhandlungen.
Keine Fortschritte im Bereich Minderung
Neben dem sogenannten NCQG erhielt die anstehende Überarbeitung der nationalen Klimaschutzpläne (Nationally Determined Contributions – NDCs) viel Aufmerksamkeit bei den Bonner Klimaverhandlungen, u.a. durch zahlreiche Veranstaltungen. Laut dem Pariser Abkommen sind alle Länder verpflichtet diese Pläne in regelmäßigen Abständen zu überarbeiten. Die nächste Aktualisierung steht im nächsten Jahr zur COP30 in Brasilien an. Hierbei geht es vor allem darum die Pläne nach zu schärfen und die eigenen Ambitionen zur Reduzierung von Emissionen bis 2030 zu steigern. Dies wird als wichtiger Zwischenschritt gesehen, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Denn die aktuellen Ziele in den NDCs reichen aktuell bei Weitem noch nicht, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Sie laufen laut Climate Action Tracker aktuell auf einen 2,5-Grad-Pfad hinaus – mit verheerenden Folgen für Menschen und Umwelt.
Hier müssten insbesondere die Industrieländer mit den historisch meisten Emissionen mit gutem Beispiel vorangehen, was jedoch in Bonn nicht geschehen ist. Zwar hat sich die COP-Troika – ein Zusammenschluss der vergangenen, aktuellen und zukünftigen COP-Präsidentschaften (Vereinigte Arabische Emirate, Aserbaidschan, Brasilien) – zum Ziel gesetzt, zu einer Steigerung der Ambitionen in diesem Bereich beizutragen. Bisher haben jedoch laut Climate Action Tracker nur 68 Staaten ein aktualisiertes NDC vorgelegt – und nur 5(!) von diesen NDCs enthalten tatsächlich ehrgeizigere Minderungsziele. 127 Staaten haben dagegen noch gar kein Update vorgelegt. Bis zur COP30 bleibt also noch viel zu tun. Das Thema Minderung liegt traditionell vor allem den Industrieländern am Herzen. Sollten diese jedoch keine Zugeständnisse bei der Klimafinanzierung machen, so sind auch keine großen Fortschritte im Bereich der NDCs zu erwarten.
Vom Erfolg zum zahnlosen Tiger – das Just Transition Work Program
Ein weiteres Thema, das v.a. zivilgesellschaftliche und gewerkschaftliche Beobachter_innen auf der Bonner Klimakonferenz beschäftigt hat, war die inhaltliche Ausgestaltung des sogenannten Just Transition Work Programme (JTWP), das auf der letzten COP28 im Dezember 2023 beschlossen und als Erfolg gefeiert wurde. Nach knapp einem halben Jahr ist jedoch bei allen Beteiligten bereits Ernüchterung eingekehrt. Zwar bezieht sich das JTWP auch auf die wichtige Bedeutung von Arbeitsrechten sowie die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure. Die Verhandlungen drehten sich jedoch im Kreis und es ging hauptsächlich um prozedurale Elemente. Die eigentlich zentrale inhaltliche Frage, wie globaler Klimaschutz gestaltet werden muss, um einen sozial gerechten Strukturwandel zu erreichen, trat in den Hintergrund.
Überlagert wurden die klimapolitischen Verhandlungen von den Solidaritätsaktionen internationaler klimapolitischer Aktivist_innen, die sich für ein Ende der Kampfhandlungen in Gaza einsetzten. So wurden drei Aktivist_innen des internationalen klimapolitischen Netzwerks Climate Action Networkvon den weiteren Verhandlungen ausgeschlossen, nachdem sie auf der Eröffnungsveranstaltung eine Palästina-Flagge hochhielten. Da das Zeigen von Flaggen auf dem UN-Gelände in dieser Form nicht gestattet ist, wurden ihre Akkreditierungen für die Teilnahme an den weiteren Verhandlungen suspendiert.
Und nicht zuletzt spielte natürlich auch die allgemeine politische Großwetterlage eine wichtige Rolle bei der Bonner Klimakonferenz, die sich vermutlich nicht so bald ändern wird. Insbesondere die Ergebnisse der EU-Wahlen vom 9. Juni 2024, die Debatten zum bundesdeutschen Haushalt sowie die Ungewissheit mit Blick auf die US-Wahlen im November 2024 haben wahrscheinlich zur Zurückhaltung der Industrieländer beigetragen. Dies betrifft v.a. finanzielle Zusagen, die jedoch für Fortschritte bei allen weiteren Themen zentral sind. Auch wenn es durchaus üblich ist, dass in Bonn noch keine großen Durchbrüche stattfinden, so sind die Vorzeichen für die COP29 deshalb trotzdem eher schlecht.
Nichtsdestotrotz bleiben die multilateralen Klimaverhandlungen gerade in politisch schwierigen Zeiten das wichtigste internationale Forum zur Bekämpfung der Klimakrise.
Der Ausstieg aus den fossilen Energien bleibt eine Illusion. Die COP-Karawane zieht mit überwiegend schwachen Beschlüssen im Gepäck weiter.
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