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Sachstandsbericht IPCC: Unser Planet ist auf Steroiden

Ein Kommentar von unserer Kollegin Yvonne Blos zu den Ergebnissen des am 28.2. veröffentlichen Berichts des Weltklimarats zu Folgen und Anpassung an den Klimawandel.

 

Überschattet vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurde am 28.2.2022 der zweite Teil des 6. Sachstandsbericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) über die Auswirkungen und Folgen des Klimawandels sowie die notwendige Anpassung an den Klimawandel veröffentlicht. Für diesen Bericht haben 270 Autor_innen aus 67 Ländern über 34.000 wissenschaftliche Papiere analysiert.

Hier können sie die Hauptaussagen des IPCC-Sachstandsbericht auf 6 Seiten nachlesen.

Unser Planet ist auf Steroiden

Die Botschaft, die die Wissenschaftler_innen aus allen Fachbereichen in ihrer Pressekonferenz eindrücklich darlegen, ist eindeutig: Der Klimawandel ist da – und hat bereits verheerende Folgen.  Auch wenn wir gerne vergessen, in welchem Maße wir trotz aller technischen Fortschritte von unserer Umwelt abhängig sind, wird durch den Bericht offensichtlich, dass wir zunehmend unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören. Der neue Bericht beschreibt eine Welt, in der Regionen unbewohnbar werden, die Natur zusammenbricht und Nahrungsmittel knapp werden. Unser Planet ist auf Grund der hohen CO2-Emissionen auf Steroiden. Bereits jetzt ist Anpassung schwierig. Über einer Erderwärmung von 1,5 Grad wird sie vielerorts nicht mehr möglich sein.

„Atlas des menschlichen Leids“

Zwar ist dies nicht der erste IPCC-Bericht zu diesem Thema (der letzte stammt von 2014). Er zeigt aber eindrücklich, dass die Größenordnung der Auswirkungen des Klimawandels viel größer sind als bisher angenommen. António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat den Bericht daher als „Atlas des menschlichen Leids“bezeichnet.

Der Bericht stellt fest, dass extreme, durch den Klimawandel verursachte Umweltrisiken in Zukunft mit „hoher Sicherheit“ weiter zunehmen werden. Dies sind vor allem Fluten und Starkregen, Hitzeextreme wie Dürren und Brände, Nahrungsmittelknappheit sowie Wassermangel. Dies hat schwerwiegende Folgen für die Menschheit, die Wirtschaft und unsere Ökosysteme – und beeinträchtigt unsere Infrastruktur und unsere Lieferketten, z.B. durch die schwankende Verfügbarkeit und höhere Preise. Die Frage ist daher nicht, wie viel uns Klimaschutz kosten wird, sondern vielmehr wie viel es uns kosten wird, wenn wir keine drastischen Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen des Klimawandels so gut wie möglich zu begrenzen.

Zwischen 3,3, und 3,6 Milliarden Menschen leben in „Klima-Hotspots“

Auch Deutschland und Europa sind zunehmenden Risiken ausgesetzt. Die Menschen im Globalen Süden – viele von ihnen schon jetzt besonders schutzbefürftig – sind jedoch am meisten gefährdet, denn die globalen Hotspots für Klimarisiken sind West-, Zentral- und Ostafrika, Südasien, Mittel- und Südamerika sowie insbesondere kleine Inselstaaten. Dort leben ca. 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen – das ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Der Anstieg des Meeresspiegels stellt für viele dieser Menschen eine existenzielle Bedrohung dar. Und das, was arme Länder leisten müssten, um sicher zu leben, ist im Vergleich zur Wirtschaftsleistung viel höher als in den entwickelten Regionen. Anders als die vorausgehenden Berichte legt der neue Bericht daher richtigerweise besonderen Wert auf soziale Gerechtigkeit. Er stellt zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit fest, dass die Klimakrise bestehende Ungleichheiten und Abhängigkeitsstrukturen verstärkt.

Raus aus der Trägheit!

Laut den Wissenschaftler_innen des IPCC sind die Optionen klar. Sie betonen daher stärker als bevor, dass es vor allem der politische Wille ist, der momentan fehlt, um die folgenden notwendigen Maßnahmen zu ergreifen:

  • Verstärkung von Anpassungsmaßnahmen: Der Bericht betont, dass die Unterstützung für die Anpassung unzureichend ist und massiv verstärkt werden muss, v.a. auch finanziell. Regierungen müssen den Schutz von Ökosystemen verstärken und die Möglichkeiten der Natur für Anpassung nutzen. Sie müssen Städte verändern und soziale Sicherungssysteme ausbauen – und vor allem auch kreative Lösungen finden, um mit dem Klimawandel umzugehen.
  • Unterstützung bei klimabedingten Schäden und Verlusten: Anpassung ist notwendig, aber nur noch zu einem gewissen Grad möglich. Auf Grund der aktuellen Erwärmung um 1,2 Grad Celsius befinden wir uns bereits im Zeitalter von klimabedingten Schäden und Verlusten. Die internationale Gemeinschaft muss die am meisten betroffenen Länder hier unterstützen und Finanzierung bereitstellen, wie dies u.a. auf der letzten Klimakonferenz COP26 gefordert wurde. Insbesondere die Industrieländer sind hier in der Pflicht.
  • Raus aus den fossilen Energien – und zwar schnell: Ohne dringende Maßnahmen zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C werden Anpassungsmaßnahmen bald komplett unmöglich. Die beste und einzige Möglichkeit, die Folgen der Klimakrise einzudämmen, ist deshalb die stärkere und schnellere Senkung der Treibhausgasemissionen. Daher müssen alle Staaten ihre Klimaziele verschärfen und so schnell wie möglich aus fossilen Energien aussteigen.

Um die schlimmsten und katastrophalen Folgen noch abzuwenden bleibt nur noch ein sehr kurzes Zeitfenster. Der letzte Satz in der Zusammenfassung des Berichts bringt es auf den Punkt: “The cumulative scientific evidence is unequivocal: Climate change is a threat to human well-being and planetary health. Any further delay in concerted anticipatory global action on adaptation and mitigation will miss a brief and rapidly closing window of opportunity to secure a liveable and sustainable future for all. (SPM.D.5.3)“

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.


Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik

Dr. Andrä Gärber
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Max Ostermayer
Dr. Robert Philipps
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