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COP27: Die Debatte über „Rassismus“ in den Mittelpunkt der Diskussionen stellen

Auf der COP27 forderten führende Schwarze Vertreter_innen aus Brasilien, dass eine echte Debatte über „Rassismus“ in den Mittelpunkt der Diskussionen über den Klimawandel gestellt wird.

Führende Vertreter_innen des black movement in Brasilien sind mit einer grundlegenden Forderung im Gepäck zur COP27 ins ägyptische Scharm El-Scheich gekommen: Rassistische Diskriminierung in den Mittelpunkt der Klimaverhandlungen zu stellen, sowohl international als auch im eigenen Land.

Die 40-köpfige Delegation der Black Coalition for Rights, der mehr als 200 verschiedene Organisationen angehören, ist zur COP27 gekommen, um ihren Standpunkt darzulegen, dass es „Klimagerechtigkeit ohne Gerechtigkeit für rassistisch Diskriminierte“ nicht geben kann. Am 17. November nahmen Mitglieder der Koalition an einem Treffen zwischen dem designierten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und Vertreter_innen der Zivilgesellschaft teil, bei dem sie Lula ein Forderungsschreiben überreichten, in dem sie seine Regierung aufforderten, dafür Sorge zu tragen, dass der Kampf gegen Umweltrassismus ein zentrales Element bei der Gestaltung der „brasilianischen und gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ ist.

In Brasilien, einem Land, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung Schwarz ist, stellt der Umweltrassismus ein großes Problem dar. In vielen brasilianischen Großstädten leben überdurchschnittlich viele Bürger_innen, die sich als Schwarz bezeichnen, in den berüchtigten Favelas. Diese städtischen Gemeinden leiden oft unter einem Mangel an Basisdienstleistungen wie der Abwasserentsorgung und Müllabfuhr und sind zudem häufig von Überschwemmungen und Erdrutschen betroffen. Ihre Bewohner_innen gehören zu den weltweit mehr als drei Milliarden Menschen, die in Teilen der Welt leben, die als „hochgradig anfällig“ für die Auswirkungen des Klimawandels gelten, wobei diese Vulnerabilität durch Ungleichheiten aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht und Einkommen noch erheblich verschärft wird.

Douglas Belchior, Geschichtsprofessor und Leiter der Organisation für die Rechte von Schwarzen Uneafro weist auf Folgendes hin: „Es gibt keine soziale Krise in Brasilien, die nicht in erster Linie rassistisch begründet ist.“ Hier auf der COP27 konnte Belchior diese grundlegende Prämisse mit Aspekten wie den in Artikel 6 des Pariser Abkommens erwähnten CO2-Märkten verknüpfen. „Wir wollen dieses Verständnis auch hier vermitteln, indem wir fordern, dass die Reichen die Zeche zahlen, dass die CO2-Märkte sozial und unabhängig von der Hautfarbe gerecht ausgestaltet sind und dass die finanziellen Mittel die Bedürftigsten erreichen. Unsere Kernforderung ist, dass die Verhandlungsführer_innen diese unser Leben betreffenden Themen ansprechen.“

 

 

Die 26-jährige Amanda Costa, eine der wenigen offiziellen Jugendbotschafter_innen der Vereinten Nationen, ist eine weitere führende Schwarze Vertreterin hier auf der COP27, die ihr Augenmerk darauf richtet, die Bedeutung von Gerechtigkeit für rassistisch Diskriminierte bei den Klimaschutzmaßnahmen hervorzuheben. Als Direktorin des Instituto Perifa Sustentável („Institut für nachhaltige Peripherie“) und Bewohnerin von Brasilândia hat sie einen Großteil ihrer Zwanziger der Mobilisierung junger Menschen aus brasilianischen Favelas gewidmet und mit ihnen an Lösungen für die umwelt- und klimabezogenen Probleme gearbeitet, mit denen sie in ihren Stadtvierteln konfrontiert sind.

 

 

Costa hat mit jungen führenden Vertreter_innen in ganz São Paulo zusammengearbeitet, um Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit zu entwickeln. Das ist für Costa, die in einer Favela im Stadtteil Brasilândia in São Paulo geboren und aufgewachsen ist, wo sie auch heute noch lebt, besonders wichtig.

Wenige Tage vor ihrer Abreise nach Scharm El-Scheich führte Costas Organisation ein partizipatorisches Kartierungsprojekt mit Bewohner_innen des Viertels durch, um diejenigen Stellen ihres Stadtteils zu verorten, die am stärksten von umwelt- und klimabezogenen Problemen in ihrer Region betroffen sind, wozu auch Überschwemmungen und Erdrutsche sowie die Entsorgung gefährlicher Abfälle gehören.

 

 

„Das ist schon verrückt hier zu sein. Von Brasilândia wegzureisen und den Platz neben den größten Entscheidungsträger_innen Brasiliens einzunehmen, führt mir vor Augen, dass das hier viel größer ist als ich“, sagte Costa während der COP27. „Aber ich darf nicht naiv sein und diesen Ort verklären. Ich bin zwar hier, aber in der Gegend, in der ich lebe, gibt es Unmengen an Problemen. Es ist an der Zeit, eine Agenda für nachhaltige Entwicklung für die Menschen in der Peripherie, in den Favelas und in den Communities zu entwickeln“, fügte sie hinzu.

Auf der COP27 ging es Costa insbesondere darum, einige ihrer Erkenntnisse vorzustellen.

„Nur sehr wenige Schwarze haben es geschafft, Zutritt zu dieser Art von Raum zu erhalten und noch weniger Menschen aus den Favelas. Daher ist es für uns sehr wichtig, hier zu sein und unsere Daten und Erfahrungen zu teilen und unsere Argumente vorzubringen, die deutlich machen, womit wir bereits jetzt zu kämpfen haben“, erklärte sie.

„Es geht nicht nur darum, dass wir an der Konferenz teilnehmen. Es geht darum, Brasilândia zu vertreten und diesen Raum einzunehmen, Forderungen zu stellen und dann in unser Viertel zurückzukehren, um die Diskussion zu Hause zu gestalten.“

 

Anna Beatriz Anjos ist Enthüllungsjournalistin mit Sitz in São Paulo, Brasilien. Als Reporterin berichtet sie über die Auswirkungen der Klimakrise, sozio-ökologische Konflikte sowie indigene Völker und lokale Gemeinschaften. Sie hat an länderübergreifenden investigativen Projekten unter der Leitung des Internationalen Netzwerks Investigativer Journalisten (ICIJ) mitgearbeitet, nämlich den Pandora Papers (2021) und den Implant Files (2018).


Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik

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