Die Struktur der internationalen Finanzarchitektur sowie ihr Ziel, wesentliche Gemeinschaftsgüter wie Finanzierung für Entwicklung und ein globales finanzielles Sicherheitsnetz bereitzustellen, hat sich seit ihren Anfängen im Jahr 1944 bedeutend weiterentwickelt. Ein gewichtiger Faktor war der Aufstieg Chinas in seiner Rolle als Mitglied bestehender multilateraler Finanzinstitutionen und auch als Gründer neuer Institutionen. Während besonders die G7-Länder versucht haben, sich mit Chinas Aufstieg innerhalb des multilateralen Systems zu arrangieren, belasten wachsende geopolitische Konflikte die bestehende Architektur nun zusätzlich.
Um Chinas Rolle in der globalen Finanzarchitektur besser zu verstehen, hat das Referat Asien-Pazifik der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) kürzlich einen neuen Bericht von Paola Subacchi mit dem Titel China and the Global Financial Architecture - Keeping Two Tracks on One Path veröffentlicht. Subacchi ist derzeit Professorin für Internationale Wirtschaft an der Queen Mary University of London und war zuvor über zehn Jahre lang Direktorin für Internationale Wirtschaftsforschung bei Chatham House. Ihr Bericht liefert wichtige Hintergrundinformationen für zentrale Diskussionen über die globale Wirtschaft und Entwicklung, die durch die jüngsten geopolitischen Ereignisse und geoökonomischen Verschiebungen noch wichtiger geworden sind.
Subacchi kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Bretton Woods-Institutionen reformiert werden müssen, wenn man China in das sich verändernde internationale System integrieren wolle. Davon hänge es ab, ob man ein internationales Gleichgewicht in den globalen Prozessen der Festlegung wirtschaftlicher Regeln erreichen könne. Gleichzeitig sind neue Institutionen notwendig, um Chinas Streben nach einer besser verteilten Steuerung entgegenzukommen. Die Integration alter und neuer Institutionen im gleichen System sollte zu einer verbesserten und inklusiveren Bereitstellung globaler Gemeinschaftsgüter führen.
Die Herausforderung für die G7 – aber auch für gleichgesinnte Länder der G20 – ist es, herauszufinden, wie man im Umgang mit China das bestmögliche Ergebnis erreicht. In anderen Worten: Was kann man tun, um China zu ermuntern, ein produktiver und engagierter Partner zu sein und so die Bedingungen für ein harmonisches Miteinander mit dem Rest der Welt zu schaffen?
Für Subacchi ist es von zentraler Bedeutung, die “tiefhängenden Früchte” zu bestimmen und in Bereichen tätig zu werden, wo die politischen Entscheidungsträger, die die internationale Finanzarchitektur steuern, bereits seit langem zusammenarbeiten. Gemeinsame Interessen sollten die Grundlage bilden für internationalen Dialog und politische Zusammenarbeit. Dieser Bericht ermittelt diese Interessen in bestimmten Bereichen wie Entwicklungsfinanzierung und Investitionen in Infrastruktur, Schuldenerlass und Schuldentragfähigkeit, Zusammenarbeit zur Stärkung des makroökonomischen Rahmens innerhalb der Staaten, Wirtschaftswachstum und die Herausforderung der ökologischen Nachhaltigkeit, sowie ein starkes und reaktionsfähiges finanzielles Sicherheitsnetz, unterstützt durch einen reformierten und repräsentativeren Internationalen Währungsfonds.
Schlussendlich sollten Maßnahmen auf Bereiche ausgerichtet sein, in denen bereits echte Lernerfahrungen aus einem gemeinsamen Engagement vorliegen – beispielsweise bei der Wirtschaftsentwicklung. China durchläuft einen komplexen und allmählichen wirtschaftlichen und sozialen Wandel, der erst in zwei oder drei Jahrzehnten vollständig abgeschlossen sein wird. Um China in die Weltwirtschaft zu integrieren, ist ein institutioneller Rahmen erforderlich, der inklusiv und regelbasiert ist. Die Länder sollten in globalen wirtschaftlichen Angelegenheiten gemeinschaftlich arbeiten, und diese Zusammenarbeit sollte eher auf gemeinsamen Interessen gründen als auf gemeinsamen Werten. Andernfalls besteht das Risiko, dass die größten Volkswirtschaften der Welt und China zwei getrennte Wege verfolgen werden, ohne dass diese irgendwann zusammenlaufen.