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Handel in und mit Afrika: Paradigmenwechsel gefordert

Welches Potenzial in der Nutzung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone liegt, beleuchtet David Luke (Hrsg.) in seinem Buch „How Africa Trades“.

Über ein Jahr haben David Luke, Professor am Firoz Lalji Institute for Africa an der London School of Economics (LSE), und sein Forschungsteam Interviews geführt, Literatur analysiert und Daten ausgewertet. Ergebnis ist der im Frühsommer 2023 erschienene Sammelband „How Africa Trades“. Er analysiert den Status Quo zum Thema Handel in und mit Afrika und spricht konkrete Politikempfehlungen dazu aus, wie das Potenzial von Handel als Instrument für nachhaltige Entwicklung besser genutzt werden kann. Aktuell betrage der Anteil afrikanischer Länder am Welthandel lediglich 2,3 Prozent, obwohl auf dem Kontinent 17 Prozent der Weltbevölkerung leben. Davon konzentriert sich der Großteil des Exports auf Rohstoffe, die für das Funktionieren moderner Industriestaaten unabdinglich sind. Konzeption und Erstellung des Buches wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt.

Fragmentierung des Kontinents in verschiedene Handelsregime

Die Autoren kommen zum Schluss, dass die bestehenden, asymmetrischen Handelsregime den eigentlichen Bedarfen afrikanischer Länder für wirtschaftliche Entwicklung nicht gerecht werden. Neben einer Analyse der wichtigsten Handelsabkommen afrikanischer Länder mit UK, USA und China werfen sie auch einen kritischen Blick auf die aktuellen Vereinbarungen mit der Europäischen Union. Hier bilden bilaterale Verträge mit einzelnen Ländern (EPAs) sowie mit den Regionalen Wirtschaftszonen (z.B. SADC, ECOWAS) die regulatorischen Rahmenbedingungen. Laut Luke resultiert daraus eine Zersplitterung des kontinentalen Marktes, was afrikanischen Ländern die koordinierte Umsetzung gemeinsamer Handelsprojekte erschwert und das volle Potenzial von interafrikanischem Handel nicht ausschöpft. Die Rolle der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) wird dabei von vielen afrikanischen Ländern mit Frustration wahrgenommen: So erfülle sie nicht ihre eigentliche Aufgabe, sich für ein freies und nicht-diskriminierendes multilaterales Handelssystem einzusetzen. Stattdessen integriere sie Entwicklungs- und Schwellenländer in das gegenwärtig als unfair empfundene Weltwirtschaftssystem und verfestige somit die historisch asymmetrisch gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen.

Neues Abkommen für nachhaltige Entwicklung

Um den Handel in und mit Afrika zu verbessern und dabei das volle Potenzial auszuschöpfen, ist laut den Autoren ein Paradigmenwechsel bei der Neuregelung bestehender Handelsabkommen dringend erforderlich. In das Inkrafttreten der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (African Continental Free Trade Agreement, AfCFTA) legen sie dabei große Hoffnung: als vertieftes Handelsabkommen zwischen 54 Mitgliedsländern der Afrikanischen Union beinhaltet es auch Maßnahmen zur Beseitigung non-tarifärer Handelshemmnisse sowie zu Wettbewerbspolitik, Investitionen, Gender und Jugend sowie intellektuellen Eigentumsrechten – Maßnahmen, deren Effekte deutlich über die von traditionellen Handelsabkommen hinausgehen dürften. Ein solcher integrierter afrikanischer Binnenmarkt würde, ergänzt durch faire Handelsabkommen mit anderen Wirtschaftsräumen, einen deutlich attraktiveren Marktplatz als bislang schaffen und böte Raum für das enorme Wachstumspotenzial des afrikanischen Kontinents. Luke erwartet als Folge mehr nachhaltige industrielle Entwicklung und wirtschaftliche Diversifizierung, die mit regional vernetzten Lieferketten und einer Erhöhung des Produktionsanteils landwirtschaftlicher Güter und Industrieerzeugnisse einhergehen könnte. Bei einem neuaufgesetzten Handelsabkommen mit der AfCFTA sollten, laut den Autoren, allen afrikanischen Ländern zoll- und quotenfreier Marktzugang zur EU gewährt werden, um den Kontinent zu unterstützen. Reziprozität, also Gegenseitigkeit, so wie sie in den Handelsbeziehungen mit der EU aktuell Praxis ist, sollte jedoch erst nach erfolgreicher Umsetzung der AfCFTA eingeführt werden.

Freisetzung von Potenzialen durch strategische Koordination

Durch gezielte Förderung des Handels könnten nach Ansicht der Autoren die globale Armut reduziert und die Bekämpfung von Instabilität und Fragilität vorangetrieben werden. Dies würde Afrika und damit auch die Welt insgesamt zu einem wohlhabenderen und sichereren Ort machen. Dabei liege ein wirtschaftlich integriertes Afrika auch im Interesse der Länder des sogenannten Globalen Nordens – gehen Prognosen doch davon aus, dass der Kontinent in 40 Jahren mehr Einwohner_innen haben wird als Indien und China zusammen. Für die EU wäre die Einführung eines umfangreichen und fairen Handelsabkommens nicht nur aus entwicklungspolitischer, sondern auch aus strategischer und geopolitischer Perspektive von Vorteil, macht doch insbesondere China aktuell kein attraktives Angebot. Um die notwendigen Handelsreformen im Rahmen der AfCFTA umzusetzen und dabei auch den Entwicklungsbedarfen gerecht zu werden, müssen sich afrikanische Länder strategischer koordinieren und eine einheitliche Stimme in Handelsfragen finden.

 

Luke, David; MacLeod, Jamie

A new trade deal for Africa, please!

Bonn, 2023

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