Ende der Schuldenkrise auf Kosten eines radikalen Sparkurses
Die Schuldenkrise auf dem afrikanischen Kontinent spitzt sich zu: Die durchschnittlichen Zinsen sind mit 11,6% weder nachhaltig noch tragfähig und Ausgaben für den Schuldendienst gehen massiv auf Kosten von Zukunftsinvestitionen wie Bildung oder Anpassung an die Klimakrise. Viele Länder, die sich in großen finanziellen Schwierigkeiten befinden, scheuen aber das sogenannte Common Framework der G20 zur Schuldenerleichterung, da dies keine Garantien beinhaltet, und vor allem keine Gleichbehandlung von privaten und öffentlichen Gläubigern festschreibt. Diese Länder müssen sich dann einen radikalen Sparkurs auf Kosten der eigenen Bevölkerung verordnen, der die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) oder einer Just Transition weiter verschleppt.
Daher ist eine Reform des internationalen Staatsschuldenregimes dringend geboten, wie auch das Beispiel Ghana zeigt. Das westafrikanische Land befindet sich in einer systemischen Schuldenkrise. Es ist zwar der zweitgrößte Kakao-Produzent der Welt und größter Gold-Produzent Afrikas, doch große Schwankungen der Verkaufspreise der Rohstoffe und eine geringe Wertschöpfung im Land bleiben große Probleme. Nach dem Schock durch die Corona-Pandemie wurde Ghana zahlungsunfähig und musste bereits zum 17. Mal seit der Unabhängigkeit ein Programm mit dem IWF beginnen.
Durch Umschuldung aus der Krise?
Aufgrund der schwierigen Situation hat Ghana als viertes Land eine Umschuldung im Common Framework beantragt. Eine Umschuldung kann etwa Teile der Schulden vergeben oder die Tilgung weiter strecken, damit ein Land mehr Zeit für die Zahlungen hat. Dies kann den betroffenen Ländern helfen, aus einer Krise herauszukommen, doch muss dazu die Umschuldung auch groß genug ausfallen.
Alle weiteren Länder im Common Framework sind ebenfalls afrikanische Staaten: Tschad, Sambia und Äthiopien, doch hatten diese Verhandlungen kaum Ergebnisse geliefert oder - wie im Falle Sambias - sich sehr lange hingezogen. Dies sollte mit Ghana besser werden, auch um die Funktionsfähigkeit des Common Framework zu bestätigen.
Viele Risiken bleiben bestehen
Positiv ist, das es Ghana gelungen war, zum ersten Mal private Anleger in gleichem Maße wie öffentliche Gläubiger an der Umschuldung zu beteiligen. Zugleich verlief der gesamte Prozess deutlich schneller als etwa bei Sambia und wird als bislang „erfolgreichster“ Testfall des Common Framework angesehen.
Allerdings zeigt die FES-Analyse von Kristina Rehbein, Politische Koordinatorin des Bündnisses erlassjahr.de, dass die Bewertung nicht ausschließlich positiv ausfällt. So ist es fraglich, ob der Umfang des Schuldenerlasses ausreicht, um Ghana vor einer neuen Schuldenkrise zu bewahren. In den Verhandlungen wurde auf einen „Schock-Puffer“ verzichtet und so bleibt die Gefahr bestehen, dass Ghana trotzdem in eine neue Krise rutscht. Dies wird dadurch verstärkt, dass sich Ghana weiterhin nur zu sehr hohen Zinsen neue Gelder leihen kann. Zudem musste Ghana erst durch eine Umschuldung im Inland der eigenen Bevölkerung hohe Kosten aufbürden, um internationale private Gläubiger in die Umschuldung mit aufzunehmen. Hier fehlen dem Common Framework leider klare Regeln, nach denen private ausländische Gläubiger sich an dem Prozess beteiligen müssen.
Die südafrikanische G20-Präsidentschaft 2025 hat angekündigt, Vorschläge für die dringend notwendige Reformierung des internationalen Staatsschuldenregimes zu unterbreiten. Ein Vorhaben, das auch Unterstützung aus Deutschland verdient hat!
Über die Autorin
Kristina Rehbein, MSc. Global Development Management, ist bereits seit 2010 bei erlassjahr.de und seit Februar 2021 Politische Koordinatorin und Geschäftsführerin des Bündnisses.
Seit 2017 vertritt sie erlassjahr.de im Vorstand des europäischen Entschuldungsnetzwerks EURODAD.
Rehbein, Kristina
Umgang mit Ghanas Schuldenkrise
Bonn, 2024
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