Der Volksrepublik China ist unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) seit Ende der 1970er Jahre durch die von Deng Xiaoping initiierte Reform- und Öffnungspolitik eine Entwicklungsleistung gelungen, die sich fundamental von der Bilanz anderer sozialistischer Länder unterscheidet und die Output-Legitimität des Systems miterklärt.
Während die Politik Dengs und die seiner unmittelbaren Nachfolger durch Pragmatismus, kollektive Führung und internationale Zurückhaltung geprägt war, hat sich China in den vergangen zehn Jahren deutlich gewandelt. Durch gewachsene wirtschaftliche und politische Kraft wurde die Logik chinesischer Außenpolitik verändert. Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen wurden neu priorisiert. So tritt Peking nach Außen zunehmend selbstbewusst und in Teilen robust auf. Die Welt soll vermehrt mit chinesischen Vorstellungen in Einklang gebracht werden, anstatt sich internationalen Normen und Regeln stetig anzupassen. Bisherige Strukturen internationaler Ordnung sollen nicht vollends ersetzt werden. Die KPCh ist jedoch gewillt, mithilfe regional wie global ausgerichteten chinesischen Initiativen und neu geschaffenen Institutionen, die Weltpolitik in einem chinesischen Sinne zu formen.
Nach der Phase aufholender Entwicklung verbunden mit großen Ressourcenverbrauch, hohen Investitionsquoten, Exportabhängigkeit und der Zielsetzung hoher Wachstumszahlen, strebt die KPCh nunmehr nach hoch-qualitativem Wachstum. Sie verspricht der chinesischen Bevölkerung dadurch eine erhöhte Lebensqualität, die auf Basis von eigenen Innovationen, Technologieführerschaft in Schlüsselbereichen, einer reformierten Berufsqualifizierung oder besserem Umweltschutz erreicht werden soll.
Dafür soll der Binnenmarkt endlich eine größere Rolle übernehmen, wobei unter dem neuen Entwicklungsparadigma der “Zwei Kreisläufe“, sich Binnen- und Außenmarkt künftig gegenseitig stärken sollen. Nicht mehr der Export, sondern der riesige Binnenmarkt – und damit eine gesteigerte Konsumquote – sollen zukünftig die Hauptstütze sein. Entwicklung und Sicherheit – die sich für die chinesische Führung gegenseitig bedingen – sollen in allen Politik-, Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen gemeinsam gedacht und operationalisiert werden.
Einem erfolgreichen Kurswechsel des chinesischen Wirtschafts- und Entwicklungsmodells stehen große Herausforderungen entgegen: Im Inland u.a. eine strukturell wie regional ungerechte Einkommensverteilung, eine schrumpfende und alternde Bevölkerung, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Verbindung von Wirtschaftsentwicklung und Umweltschutz, die bereits sichtbaren Folgen des Klimawandels oder die sozioökonomischen Kollateralschäden der COVID-19-Pandemie. Gleichzeitig sieht sich Peking einem zunehmend unvorteilhaften internationalen Umfeld gegenüber, dessen Kern die strategische Rivalität mit den USA bildet. Aber auch die Beziehungen zwischen China und seinen Nachbarländern sowie mit europäischen Ländern wie Deutschland sind nicht spannungsfrei und komplexer geworden.
Ziel der Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in China ist es, einen konstruktiv-kritischen Dialog mit chinesischen Partnerinnen und Partnern zu pflegen und verschiedene Ebenen des gesellschaftlichen Transformationsprozesses im Sinne gelebter Demokratie, einer inklusiven Gesellschaft und einer ökologisch-nachhaltigen Entwicklung zu begleiten. Die FES tritt mit ihren chinesischen counterparts in den Diskurs wie China entsprechend seines gewachsenen regionalen wie internationalen Gewichts in eine universelle Vorstellung des 21. Jahrhunderts nachhaltiger integriert werden kann. Zugleich arbeitet die FES daran mit, wie die Beziehungen zwischen Deutschland, Europa und China entlang des Wandels in China und angesichts globaler Umbrüche neujustiert werden können, so dass deutsche und europäische sowie beidseitige Interessen zur Geltung kommen.
Schwerpunkte des politischen und fachlichen Dialogs, den die FES in China gemeinsam mit ihren Partnern und deutschen Expert_innen und Funktionsträger_innen aus politischen Parteien, Regierung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft führt sind daher Rechtsstaatsentwicklung, Menschenrechte, die soziale und ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, nachhaltige Entwicklung in China wie in Drittländern, der Ausbau sozialer Sicherungssysteme, der Wandel der Arbeitswelt, Gewerkschaftsarbeit, Geschlechtergerechtigkeit. Weiterhin spielen die internationale Politik und Sicherheit in Zeiten zunehmender geopolitischer Konfrontation und regionaler Spannungen sowie die Vermittlung von europäisch/deutschen Interessen und Erfahrungen wichtige Rollen. Die chinesische Seite integriert den Dialog ihrerseits in ein breites Spektrum von Regierungsstellen, der KPCh, Gewerkschaften, Hochschulen, Forschungsinstituten und Verbänden.
Bereits zu Beginn der 1980er Jahre, im Zuge der eingeleiteten Reform- und Öffnungspolitik, nahm die FES die Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern auf. Mit ihren Büros in Peking und Shanghai und der Projektarbeit in einer Vielzahl chinesischer Provinzen versteht die FES ihre Arbeit in China als integralen Bestandteil der komplexen Beziehungen zwischen verschiedenen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China.
Erfahren Sie mehr über unsere Arbeit in China auf der Website des Landesbüros China