Progressive Männlichkeit
Unsere Veranstaltungsreihe
In der Männlichkeiten-Reihe der FES wurden seit 2022 verschiedene Fragen zum Verhältnis von Männern zur feministischen Bewegung verhandelt. Ausgangspunkt war die Abgrenzung von Formen der toxischen Männlichkeit und die Suche nach einem progressiven Gegenbild. Diese Suche wurde immer auch als ein Prozess verstanden, wo es um kritische Selbstreflexion und um die Vielfalt von Männlichkeitsvorstellungen ging.
Zum Abschluss der Reihe möchten wir einige der Diskussionen nochmal aufgreifen und im aktuellen gesellschaftlichen Kontext diskutieren. Schließlich geht es uns immer auch um politische Schlussfolgerungen, um die Bildung von Allianzen und das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten.
Kontakt
Verantwortlich
Philipp Kauppert
philipp.kauppert(at)fes.de
Organisation
Tobias Silbermann
vielfalt(at)fes.de
Kommunikation
Dorina Spahn
dorina.spahn(at)fes.de
Unsere Veranstaltungen aus der Reihe
Progressive Männlichkeit - Review
17.01.2025 | BuM Berlin
Review: Abschluss der Reihe über 'progressive Männlichkeit'
mit Fikri Anıl Altıntaş, Sineb El Masrar, Christoph May & Christian Dittloff
Moderation: Philipp Kauppert, FES
In der Bestandsaufnahme ging es zunächst um die Dominanz der traditionellen Bilder von Männlichkeit. Dies betrifft die Popkultur sowie Filme und Serien, die unsere Vorstellungen darüber prägen, „wie ein Mann zu sein hat“. Aber auch politisch könnte die Debatte um Männlichkeiten kaum aktueller sein. Der Anti-Feminismus ist seit einiger Zeit fester Bestandteil rechter Diskurse, und wir haben länger über die Frage diskutiert, ob wir gerade einen konservativen Backlash erleben. Ein Gegenargument dazu war, dass wir die Institutionen und Strukturen des Patriarchats nie überwunden hatten und große Teile der Gesellschaft sich von den progressiven Gegenbewegungen nicht angesprochen fühlten.
Die feministischen Bewegungen der letzten Jahre haben durchaus versucht, Männer anzusprechen und sie in Allianzen für mehr Gleichberechtigung einzubinden. Dennoch fehlt es an einer klaren Vorstellung, wie eine „progressive Männlichkeit“ aussehen könnte. Konsens war, dass es eine utopische Projektion wie „Progressivität“ braucht, dies jedoch einen Reflexions- und Suchprozess beinhalten muss. Dies sollte auf der Basis von Werten wie Empathie, emotionale Offenheit und die Anerkennung von Vielfalt geschehen. Kritisch angemerkt wurde, dass eine „weichere Form“ der Männlichkeit allein nicht ausreiche, solange an den strukturellen Ungleichheiten nichts verändert werde. Außerdem gibt es durchaus eine wachsende Anzahl an Männern, die verschiedene Aspekte der Selbstfürsorge nutzen, ihre gesellschaftlichen Verhaltensweisen aber nicht verändern oder ihre Privilegien infrage stellen bzw. gar abgeben.
Schließlich haben wir über die Verhandlungen von Männlichkeiten in migrantischen Milieus gesprochen. Einwanderungsgesellschaften zeichnen sich oft dadurch aus, dass es eine Vielzahl von Normen und Werten gibt, die gleichzeitig und parallel zueinander existieren und sich ggf. widersprechen. Daraus können Konflikte entstehen, dabei spielen kulturelle, soziale und ökonomische Faktoren eine Rolle. Wir haben uns die Frage gestellt, wie wir junge Menschen, die von Unsicherheiten und Spannungen hinsichtlich ihrer Identität betroffen sind, in den Dialog über Männlichkeit konstruktiv mit einbeziehen können. Der Workshop mit Heroes hat dafür viele konkrete Anknüpfungspunkte geliefert und insgesamt eine positive, zuversichtliche Stimmung geschaffen.
Review: Unsere Workshops mit Christoph May, Christian Dittloff und Heroes
Workshop 1 - Können Männer Feministen sein?: Detox masculinity Workshop mit Christoph May
Toxische Männlichkeit prägt seit Jahrhunderten Kunst, Kultur und Gesellschaft und führt zu Misogynie, Gewalt und anderen gesellschaftlichen Problemen. Männerbünde dominieren viele Lebensbereiche und behindern Fortschritte in Klimaschutz, Diversität und Gleichstellung. Im Workshop wurden anhand verschiedener Medien (Musik, Film, Kunst) diese Strukturen sichtbar gemacht und hinterfragt. Anschließend wurden Abwehrstrategien aufgezeigt und diskutiert.
Workshop 2 - Vorbilder und Antivorbilder: Wer prägt mein Männlichkeitsbild?: Literarisches Schreiben mit Christian Dittloff
Im Workshop reflektierte der Schriftsteller Christian Dittloff, wie Kindheit, Jugend und verschiedene Einflüsse seine Identität geprägt haben. Er las aus seinem Roman „Prägung - Nachdenken über Männlichkeit“ und thematisiert die Schwierigkeiten, sich mit traditionellen männlichen Vorbildern zu identifizieren. Anschließend konnten die Teilnehmenden in einem literarischen Workshop über ihre eigene Prägung nachdenken und ihre Verantwortung erkunden.
Workshop 3 -Männlichkeit(en) - wie intersektional wird gedacht und welche Nuancen gibt es?: Rollenspiele mit Ali Ahmad und Koray Diler
Im Workshop bei HEROES - "Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre - Für Gleichberechtigung" teilten sie ihre Erfahrungen mit Schüler:innen und zeigten, wie sie im Peer-to-Peer Ansatz arbeiten. Sie nutzten Rollenspiele, um Themen wie Männlichkeit, Gleichberechtigung, Feminismus und Diskriminierung zu behandeln. Zudem beleuchteten sie Konzepte wie hegemoniale und kritische Männlichkeit sowie Intersektionalität und deren Dynamiken.
Weitere vergangene Veranstaltungen aus der Reihe
Progressive Männlichkeit und Social Media
Fishbowl | 01.07.2024
Schnelle Autos, hartes Training und das richtige Mindset: Es gibt Influencer, die vermeintlich genau wissen, was einen Mann zum Mann macht. Zuhauf werden auf Social Media-Plattformen Angebote für männliche Identitätsmuster und Anforderungen kommuniziert. Gleichzeitig gibt es auch eine Gegenbewegung von Influencer*innen, die mit den traditionellen Männlichkeitsbildern brechen und progressive Angebote formulieren.
Nachdem wir im November 2023 über das Konzept der Progressiven Männlichkeit diskutiert haben, wollten wir nun Social Media als Orte der Verhandlung von Männlichkeit betrachten - und als Bühnen für progressiv männliche Positionen. Mit dieser Veranstaltung schufen wir Sichtbarkeit für Überzeugungen, die Männern eine aktive Rolle im Kampf um Gleichberechtigung zuspricht und eine konsequente Selbstreflexion einfordert.
Wie können diese und weitere progressive Positionen auf kommerziellen Plattformen Verbreitung finden? Welche Instrumente und Strategien gibt es, um gehört zu werden? Was können Einzelne tun, um Stellung zu beziehen und progressive Inhalte zu fördern?
Dies diskutierten mit euch:
Tara-Louise Wittwer, Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Content-Creatorin (@wastarasagt)
Simon Hurtz, Journalist und Mitbetreiber des Social Media Watchblog
Moderation: Claudia Wallner, Diplom-Pädagogin und Doktorin der Philosophie
Progressive Männlichkeit!?
Fishbowl | 16.11.2023
"Wann ist ein Mann ein Mann?", fragte Herbert Grönemeyer bereits 1984. Seitdem wurde viel debattiert über toxische Männlichkeit und über strukturelle Ungleichheit, zu Recht. Dabei bleibt die wohl wichtigste Frage oftmals unbeantwortet: welche alternativen Konzepte gibt es? Gemeinsam möchten wir daher über „progressive Männlichkeit“ sprechen.
Welche positiven Erzählungen, Vorbilder und Ansatzpunkte gibt es für eine progressive Ausgestaltung von Männlichkeit, jenseits der tradierten Rollenbilder und Vorstellungen? Inwiefern knüpfen diese Punkte an die feministische Agenda an, und wo gibt es möglicherweise auch Widersprüche und Reibungspunkte?
Wir möchten Sie herzlich einladen zu einem interaktiven Gespräch mit unseren Gästen:
Eldem Kurnaz, Gruppenleiterin bei Heroes; Christian Dittloff, Schriftsteller; Mehmed König, Vorsitzender der SPDqueer Berlin; Michael Tunç, Professor für Soziale Arbeit an der HAW Hamburg
Männer für Frauen: Warum es nur gemeinsam geht
Buchvorstellung und Diskussion | 13.03.2023
Zum internationalen Frauentag 2023 nehmen wir auch die Rolle von Männern im Feminismus in den Blickpunkt. Und wir fragen: Können Männer Feministen sein?
In vier Schritten zum Feministen – das verspricht „Das Buch, das jeder Mann lesen sollte“, erschienen bei BELTZ. Es ist nicht zu viel verraten, wenn wir sagen, das Autor_innenteam des Feminist Lab weiß eine Antwort:
Ja, Männer können Feministen sein und es führt zu einer Welt, in der es auch Männern besser geht!
Wo Männer die Gleichberechtigung zu ihrer eigenen Sache machen, profitieren alle Geschlechter – auch sie selbst. Tradierte Männerbilder bringen häufig auch Ängste und Belastungen mit sich. Das Buch lädt zu einem Perspektivwechsel ein und zeigt in vier konkreten Schritten und mit 30 Aktionspunkten auf, wie Männer zu Verbündeten für Geschlechtergerechtigkeit werden können.
Bei der Veranstaltung lernten wir die 7 Autor:innen des Feminist Lab kennen, u.a. Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer, und erfahren sie mehr über den interessanten Entstehungsprozess des Buches. Den Auftaktimpuls gab Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland. Außerdem freuten wir uns über einen Impuls des Aktivisten und Autors Raúl Aguayo-Krauthausen.
Wir heißen Menschen aller geschlechtlicher Identitäten willkommen und freuen uns über ein diverses Publikum, das vielfältige Perspektiven & Erfahrungen mit einbringt.
Wer sind die „letzten Männer des Westens“?
Lesung und Diskussion | 14.12.2022
Mit dem Wandel gesellschaftlicher Normen und Rollenbilder haben sich Erwartungen und Vorstellungen von Männlichkeit transformiert und sind vielfältiger geworden. Diese Umorientierung zerrt an tradierten Männerbildern, die von Dominanz geprägt sind, und führt für manche zu Ängsten und Verunsicherungen. Gleichzeitig verschärfen sich im digitalen Raum und rechten Kreisen Gegenreaktionen und Aggressionen, befördert von dem vielfach diskutierten Phänomen der „toxischen Männlichkeit“, die sich oft in sozialen Medien multiplizieren und die antifeministische Bewegung des Maskulismus befeuern.
Einer, der diese Welt hautnah kennengelernt hat, ist Tobias Ginsburg. In seinem Buch „Die letzten Männer des Westens“ gibt er Einblick in seine Erfahrungen aus anderthalb Jahren verdeckter Recherche unter fiktiven Identitäten in rechtsextremen Netzwerken, faschistischen Männerbünden und antifeministischen Organisationen. Günther Wallraff spricht in seinem Vorwort zum Buch von einem „Höllengang in ein Finsterreich des Männlichkeitswahns“. Ginsburg gibt nicht nur investigative Einblicke in diese gefährlichen Parallelwelten, er versucht auch zu ergründen, welcher Reiz von ihnen ausgeht, weshalb sich Menschen ihnen zuwenden und wie sie sich im Hass verlieren.
Was kann kritische Männlichkeit dem entgegensetzen?
Inwiefern ist das Thema Männlichkeit auch politisch?
Was kann durch Gesetzgebung bewirkt werden und wo ist die
Gesellschaft in der Pflicht?
Diese und weitere Fragen haben wir mit Euch in der Fishbowl diskutiert und bekamen dafür im Anschluss an eine spannende Lesung von Tobias Ginsburg.
Wir sprachen unter anderem mit:
Falko Droßmann MdB, Sprecher der AG-Queer der SPD Bundestagsfraktion
Najib Faizi, Performer und LGBTQ-Media-Aktivist
und Tobias Ginsburg, Schriftsteller und Theaterregisseur
Gender Matters
Mehr zur geschlechter-politischen Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung.