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Coca Buena, Coca Mala: Die Drogenproduktion in Peru

Welche Folgen hat die nach Kolumbien weltweit höchste Koka- und Kokainproduktion in Peru sowie deren staatliche Bekämpfung vor Ort?

Denkmal für die Koka-Pflanze in Monzón

Bild: Denkmal für die Koka-Pflanze in Monzón, Bild von Christoph Heuser

Antidrogenpolizist bei der Zerstörung einer Kokainproduktionsstätte

Bild: Antidrogenpolizist bei der Zerstörung einer Kokainproduktionsstätte, Bild von Christoph Heuser

 

Über seinen Dokumentarfilm sprechen wir mit Christoph Heuser, bis 2019 Referent der FES Berlin u. a. für die Projektarbeit in Peru und das regionale Sicherheitsprojekt in Kolumbien (ab März Leiter des FES-Büros in Brasilien).

 

Wie ist der Titel »Coca Buena, Coca Mala« zu verstehen?

Der Titel bedeutet wörtlich übersetzt »gute Koka, schlechte Koka« und ist ein Hinweis auf die zwiespältige Bedeutung der Pflanze. Prinzipiell ist die Kokaproduktion in Peru nicht illegal, und es gibt sie seit Jahrhunderten in der Andenregion. Für die einen ist die Pflanze also ein Kulturgut mit z. T. sakraler Bedeutung und auch die ökonomische Lebensgrundlage vieler Menschen. Für andere stellt die Pflanze schlicht den Grundstoff für die Herstellung von Kokain dar und muss daher zerstört werden. In dieser Absolutheit wird sich die Problematik nicht lösen lassen.

Es bedarf einer sachlichen Analyse, gerade wenn der oft gewählte Ansatz die Bekämpfung durch restriktive Maßnahmen und die Zerstörung der Kokaplantagen ist. Ein besonderer Fokus sollte vielmehr auf der Förderung von alternativen Einkommensquellen, der Verbesserung von Infrastruktur und staatlichen Leistungen liegen. Nur so lässt sich die Lebensqualität der lokalen Bevölkerung verbessern und dann die Drogenproduktion eindämmen.

Was hat Dich dazu bewogen, einen Dokumentarfilm zu diesem Thema zu machen?

Der Film will die Realitäten in den Kokaanbauregionen Perus zeigen. Über die Produktion von Drogen und die Auswirkungen in den Produktionsregionen ranken sich viele Mythen. Während sich die öffentliche Debatte häufig um Drogenkartelle dreht - durch Serien wie Narcos beeinflusst -, finden die Regionen des Anbaus und der Produktion wenig Beachtung. Dabei wird gerade dort das Dilemma der weltweit dominierenden, restriktiven Drogenpolitik deutlich. Die Bekämpfung des Anbaus trifft die schwächsten Glieder in der illegalen Wertschöpfungskette und erreicht höchstens eine Verlagerung des Problems. Gleichzeitig ist eine Duldung des Drogenanbaus für die betroffenen Staaten häufig aus normativen Gründen keine Option. Eine bloße Bekämpfung der Drogenproduktion läuft also ins Leere, wenn nicht gleichzeitig ökonomische Alternativen geschaffen werden. Analysen und wissenschaftliche Arbeiten über dieses Spannungsfeld arbeiten dies gut heraus, erreichen aber häufig nicht die breite Öffentlichkeit. Hier setzt der Film an und lässt verschiedene Perspektiven zu Wort kommen, von der Kokapflückerin über den Plantagenbesitzer bis hin zur Antidrogenpolizei sowie Vertreter_innen der nationalen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Der Film problematisiert damit das Spannungsfeld der Drogenthematik am Beispiel von zwei konkreten Regionen Perus.

Was sind das für Regionen?

Es handelt sich um das Valle Alto Huallaga, speziell den Distrikt Monzón, und das Valle de los Ríos Apurímac, Ene und Mantaro (VRAEM) im nördlichen und südlichen Zentrum Perus. Das Valle Alto Huallaga ist das historische Zentrum der Kokaproduktion für die Kokainherstellung. Hier wurde die Koka 2013 fast vollständig vernichtet, und die sozioökonomischen Auswirkungen sind bis heute spürbar. Das VRAEM ist hingegen der aktuelle Hotspot für die illegale Kokaproduktion mit schätzungsweise 19.000 ha Koka. Während die Region durch schwache Infrastruktur gekennzeichnet und schwer zu erreichen ist, gibt es durch die Drogenproduktion durchaus Zeichen relativen Wohlstands, der aber nicht gleich verteilt ist. Der Vergleich dieser beiden Regionen ist besonders aufschlussreich, da sich daran sowohl die sozialen Auswirkungen der restriktiven Bekämpfung wie auch das Leben in der Illegalität zeigen lassen.

Die ökonomische Notwendigkeit für den Anbau von Koka leuchtet ein, aber inwiefern ist die Drogenproduktion auch ein soziales Problem?

Die Regionen liegen in der staatlichen Peripherie, und der einzige Bezug zum Staat wird häufig über Sicherheitsorgane hergestellt (s. hierzu dieser Artikel zu staatlichen und nichtstaatlichen Machtdynamiken im VRAEM). Die soziale Ordnung aber wird zumeist über nichtstaatliche Akteure gesichert, die ihre Rolle in der Gesellschaft nicht zuletzt durch ihren Bezug zum Kokaanbau besitzen (s. hierzu dieser Artikel zu den gesellschaftlichen Auswirkungen von illegalen Einkommensquellen in der Peripherie). Das ist weniger ein Problem, als eine Struktur, die es zu verstehen gilt, bevor die Koka vernichtet wird. Letztlich ist die Drogenproduktion im Kern ein soziales und ein wirtschaftliches Entwicklungsproblem. Selbst wenn die Drogenproduktion aus der Sicht des Staates zu bekämpfen ist, sollten die sozialen Konsequenzen also bedacht werden. Strukturen werden häufig zerstört, und dann dauert es meistens Jahre, bis alternative Einkommensquellen für die Menschen geschaffen sind.

 

Die FES arbeitet seit Jahren zur Drogen- und Sicherheitspolitik insbesondere in Lateinamerika (s. regionales Sicherheitsprojekt in Kolumbien), auch mit internationalen Expert_innen (s. Conference Report »Being tough is not tough enough«).


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