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Stresstest für Argentiniens Demokratie: Die Bilanz nach einem Jahr Milei

Am 27. November 2024 haben die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung gemeinsam mit argentinischen Expert_innen und Mandatsträger_innen die Auswirkungen der Politik der Regierung Milei ein Jahr nach dessen Amtsantritt diskutiert.

Bild zeigt eine Frau, die vor einer Gruppe von Polizisten steht

Bild: von picture alliance - Miguel M. Caamano/NurPhoto

Stresstest für Argentiniens Demokratie: Die Bilanz nach einem Jahr Milei

Seit einem Jahr regiert Javier Milei in Argentinien: Als Anhänger eines selbstdefinierten „Anarchokapitalismus“ baut er den argentinischen Staat radikal und rücksichtslos zurückfördert in einer Mischung aus ideologischem Starrsinn und kalter Gleichgültigkeit soziale Verelendung und gefährdet de facto Menschenrechte und demokratische Beteiligungsformen. Bei den Wahlen profitierte Milei von der zweifelsohne schlechten sozioökonomischen Situation im Land und einer Proteststimmung gegen „das System“, „die Elite“, „die da oben“.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung haben gemeinsam am 27. November 2024 mit argentinischen Expert_innen und Mandatsträger_innen über die Folgen der Politiken der Regierung Milei ein Jahr nach seinem Amtsantritt gesprochen. Zu Wort kamen der Ökonom und Journalist Alejandro Bercovich, Claudia Albornoz, Vertreterin der sozialen Organisation La Poderosa, der Abgeordnete Itai Hagman (Patria Grande Front), Paula Litvachky von der Menschenrechtsorganisation Centro des Estudios Legales y Sociales (CELS) und die Feministin und Journalistin Ingrid Beck. Jan Dieren, MdB für die SPD, kommentierte die Situation in Argentinien aus einer globalen Perspektive.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Debatte waren:

  • Nach einem Jahr Milei ist für die Mehrheit der Argentinier_innen keine Besserung der Lage eingetreten, entgegen der Versprechungen Mileis zu Beginn seiner Amtszeit. Dennoch genießt er weiterhin eine relativ große Unterstützung - trotz Rezession, Arbeitslosigkeit, einer wachsenden informellen Wirtschaft und sozialer Verelendung.
  • Die anhaltende dirigistische Währungspolitik und zunehmend unklare Aussichten über die Fähigkeit des Landes, seine Schulden nachhaltig zu bedienen, sorgen mittlerweile auch unter liberalen Ökonomen und Investoren für Zurückhaltung. Die Inflation ist zwar nominell zurückgegangen, doch prägen weiterhin exorbitante Preisanstiege in bestimmten Bereichen und geringe Einkommen die soziale Lage.
  • Zusätzlich droht durch ein vom Parlament erteiltes Notstandsgesetz tendenziell ein Wegfall parlamentarischer Kontrollinstanzen und ein Machtmissbrauch der Exekutive, wie beispielsweise in der anstehenden Privatisierungswelle.
  • Jan Dieren, MdB, verwies in seinem Beitrag auf die Gefahr der Aufkündigung des sozialen Friedens und die damit verbundenen Auswirkungen auf die politische Stabilität und das demokratische Gefüge. Er warnte davor, dass Argentinien unter Präsident Milei als Blaupause für den Abbau sozialer Rechte weltweit genutzt werden könnte.
  • Demokratische Debatten und Aushandlungsprozesse werden zudem gezielt geschwächt durch einen ohrenbetäubenden, auf allen digitalen Kanälen geführten politischen Kulturkampf.
  • Es wurde deutlich, dass die Reformen der Regierung Milei Teil eines größeren strategischen Projektes sind, um zu deregulieren, delegitimieren und Staat und Gesellschaft auf eine Art und Weise umzubauen, die zum einen den ideologischen Zielen Präsident Mileis zuträglich ist. Zum anderen dienen sie auch dem Machterhalt und -ausbau und verfestigen den autoritären Charakter der Regierung. Dies ist weit über Argentinien hinaus von hoher Relevanz und reiht sich in eine globale autoritäre Bewegung ein.

Anbei finden Sie auf Spanisch und auf Deutsch die Aufzeichnung der Veranstaltung:

ES: https://youtu.be/abN0RQY_JCg

DE: https://youtu.be/NNGJsZM89Fk

 

Von Dr. Svenja Blanke und Annette Lohmann, 9.12.2024


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