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„Make taxation great again“: Nach dem Brexit stehen die Chancen für eine effektive Bekämpfung von Steuervermeidung in der EU gut.
Bild: Tax von Hamza Butt lizenziert unter CC BY 2.0
Stellen Sie sich vor, Sie könnten bei Ihrer Steuererklärung angeben, wie viel Prozent Sie gerne bezahlen wollen. Name, Anschrift – und die Multiple Choice-Auswahl mit verschiedenen Steuersätzen. Großunternehmen in der europäischen Union ergeht es fast genauso. Im europäischen Binnenmarkt können nicht nur Waren, Menschen und Dienstleistungen von einem Land ins andere passieren – sondern auch Kapital. Dass diese Regel durchaus nicht nur im Grundsatz gilt, zeigen zahlreiche Richtlinien, die Großkonzernen auch den steuerfreien Transfer von Profiten innerhalb ihrer Firmengeflechte erlauben – wie etwa die wunderschön betitelte „Mutter-Tochter-Richtlinie“. Dass multinationale Unternehmen diese Regelungen dazu nutzen, ihre Gewinne in Ländern mit niedrigen Steuersätzen dem Fiskus zu melden, und nicht dort, wo sie erwirtschaftet worden sind, ist mittlerweile hinlänglich bekannt.
Denn aller Integration beim Binnenmarkt zum Trotz, sind die Steuersätze für Unternehmen nach wie vor fest in nationaler Hand. Die europäischen Staaten werden so in einen fatalen Unterbietungswettbewerb gezogen. Das Ergebnis ist nicht nur, dass Unternehmenssteuersätze in der EU aus Angst vor Verlagerungen und Jobverlusten praktisch nicht mehr angehoben werden können. Sondern auch, dass sich die Hauptlast bei der Steuer vom hochmobilen Faktor Kapital auf den nach wie vor weniger mobilen Faktor Arbeit verlagert. Bei breiten Bevölkerungsteilen in der EU stößt das auf Unverständnis, und löst ein Gefühl der Ungerechtigkeit aus.
Die „Luxemburg Leaks“ aber haben gezeigt, dass Staaten wie die Niederlande, Irland, und natürlich Luxemburg selbst den Unternehmen nicht nur mit niedrigen Steuern halfen – sondern darüber hinaus auch noch im Voraus großzügige Steuergeschenke zusagten. Solche Praktiken werden nicht nur als ungerecht empfunden – sie sind auch illegal. Und veranlassten die EU-Kommission, Staatsbeihilfeverfahren gegen die Länder anzustrengen. Als Irland sich weigerte, Steuern von Apple nachzufordern, wurde die Absurdität der Situation auf die Spitze getrieben. Denn nur die oben genannten kleinen Staaten können das sinkende Steuerniveau durch die Ansiedlung großer Unternehmen ausgleichen. Für sie entsteht ein Geschäftsmodell – während für die Gesamtunion unterm Strich ein Minus steht.
In einer neuen Studie des Friedrich-Ebert-Stiftung analysiert der Politikwissenschaftler Lukas Hakelberg einen Vorschlag der EU-Kommission zum Ausweg aus der Misere: Die Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB). Was nicht unbedingt wie ein Meilenstein der politischen Kommunikation anmutet, hat es in sich: Die Steuern für Großkonzerne mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro sollen nur an ihrem Hauptsitz bemessen werden. Das Steueraufkommen soll danach formelhaft auf alle EU-Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden, in denen das betroffene Unternehmen tätig ist. Wichtig ist hier, dass dieser Formel realwirtschaftliche Faktoren wie Arbeitskräfte, Umsatz und Sachanlagen zugrunde liegen – und nicht bloß ein zu einem Briefkasten verdichteter „Hauptsitz“. So werden Steuern auch dort gezahlt, wo Gewinne erwirtschaftet werden.
Die GKKB vereinheitlicht also (noch) nicht die Unternehmenssteuersätze in der EU, sondern bekämpft zunächst einmal die gezielte Steuervermeidung. Und ganz nebenbei reduziert sie auch den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Staaten massiv: Ein in der EU tätiges Großunternehmen reicht nur noch in einem Mitgliedsstaat eine Steuererklärung ein. Auch die Mehrfachbesteuerung von transnationalen Wertschöpfungsketten in mehreren EU-Staaten wird so verhindert.
Bisher stellten sich Staaten wie Irland, die Niederlande und Luxemburg im Ministerrat vehement gegen derartige Vorschläge der EU-Kommission. Sie sehen ein etabliertes Geschäftsmodell bedroht. Doch neben den Verfahren der Kommission gegen diese Länder wegen den unzulässigen Steuergeschenken übt noch ein weiterer Faktor Druck aus: Im Falle eines „hard Brexit“ hat Theresa May angekündigt, mit aggressivem Steuerdumping Unternehmen auf die Insel locken zu wollen. Bei den 27 verbleibenden Mitgliedsländern könnte deswegen die Erkenntnis einkehren: Die EU kann einer solchen Drohung nur begegnen, wenn sie sich nicht auch noch intern bei der Steuer über Kreuz liegt. Und wenn sie Unternehmensverlagerungen aus der EU heraus ihrerseits konsequent besteuert – wie im Entwurf zur GKKB schon vorgesehen.
Ansprechpartnerin in der Stiftung
Dominika Biegoń
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