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Referat Naher/Mittlerer Osten und Nordafrika

COP27: Frauen und Klimagerechtigkeit in Afrika

Auf der COP27 fordern afrikanische Frauen Maßnahmen angesichts von Überschwemmungen und Dürren. Ihr Hauptkritikpunkt: Gelder kommen an der Basis nicht an, vor allem Frauen sind davon betroffen.

 

Es war Mitte Juli und die Regenfälle in der nigerianischen Region Nord-Zentral hatten weiter zugenommen. Die Bäuerin Asibi Gade, allgemein bekannt als Mama Asibi, sah hilflos zu, wie die Fluten ihre Ernte wegschwemmten.

Anfang des Jahres hatte Mama Asibi, die außerdem Witwe ist, gehofft, dass ihr Land genug Ertrag abwerfen würde, damit sie von dem Gewinn die Schulgebühren ihrer Kinder in Höhe von rund 150.000 Naira (190 US-Dollar) bezahlen könnte. Doch während unseres Gesprächs erzählte mir Mama Asibi, dass sie von ihren anderthalb Hektar bewirtschaftetem Ackerland nicht einmal einen Sack landwirtschaftliche Erzeugnisse herausbekäme.

Die Überschwemmungen hatten alles zunichte gemacht.

„Ich habe alles verloren“, klagte sie. „Es gab nichts, was ich [nach den Überschwemmungen] von meiner Farm noch hätte abernten können.“

Auch die sechzigjährige Laraba Danlami ist Bäuerin. Sie pflanzte Yamswurzeln und andere Feldfrüchte in der Hoffnung auf einen kleinen Gewinn an, aber die Fluten haben alles weggespült. Jetzt lebt sie mit einer hohen Schuldenlast, da sie sich 500.000 Naira (620 US-Dollar) von einem lokalen Darlehensgeber geliehen hatte und jetzt Wucherpreise bezahlen muss, um ihren Gläubiger zu befriedigen.

„Die Flut kam und zerstörte den Mais, den Maniok und die Yamswurzeln, die ich auf meinen Feldern angepflanzt hatte. Ich war so wütend. Ich hatte so tief in die Tasche gegriffen, um die Felder zu bewirtschaften und mir sogar 500.000 Naira dafür geliehen, aber jetzt ist alles futsch.“
 

Landwirtinnen stark vom Klimawandel betroffen 

In diesem Jahr erlebte Nigeria die schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten. Mehr als 2,5 Millionen Menschen waren betroffen und über 300.000 Hektar Ackerland fielen der Zerstörung anheim, darunter auch die Ländereien von Mama Asibi und Laraba.

Aber sie sind nicht die einzigen. Die Geschichte ist überall in Afrika die gleiche. Frauen auf dem afrikanischen Kontinent werden besonders stark durch die Auswirkungen des Klimawandels beeinträchtigt. Dürren in Kenia und im Südsudan, Überschwemmungen in Nigeria und Südafrika sowie die Flächenbrände in Tansania stellen eine Bedrohung für die Landwirtinnen und damit die Ernährungssicherheit dar.

Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden mehr als die Hälfte der weltweit angebauten Lebensmittel von Frauen erzeugt, und in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara entfallen 60 bis 80 Prozent der Arbeit in der Erzeugung und im Verkauf von Lebensmitteln auf Frauen.

Doch mit der aktuellen Gefährdung der Nahrungsmittelerzeugung durch den Klimawandel ist die Zahl der Menschen, die Mangelernährung und Hungertod ausgesetzt sind, dramatisch gestiegen.
 

Afrikanerinnen drängen auf der COP27 auf Gerechtigkeit

Am 6. November war die COP27 im ägyptischen Scharm El-Scheich eröffnet worden. Am 7. November kamen afrikanische Frauen dort auf einer Pressekonferenz zusammen, um ihre Forderungen zu verkünden und die Konferenz aufzufordern, die Bedürfnisse von Frauen wie Mama Asibi und Laraba in den Mittelpunkt zu stellen.

 

 

Anne Songole, Koordinatorin für Klimagerechtigkeit beim African Women's Development and Communication Network (FEMNET), erklärte, dass afrikanische Frauen nicht so sehr unter einer Krise zu leiden haben sollten, die sie nicht verursacht haben.

Songole vertritt die Meinung, dass bei der Klimafinanzierung eine Rechenschaftspflicht eingefordert werden muss und dass der Klimaschutz mit sozialem Schutz einhergehen sollte, damit die Mittel auch wirklich Frauen zugutekommen.

„Wir wollen sehen, dass das Geld in die Taschen der Frauen fließt, und wir wollen die Daten sehen, aus denen hervorgeht, wie dieses Geld geflossen ist und wohin es ging, denn genau diese Daten fehlen.“

Mwanahamisi Singano, Senior Global Policy Lead bei der Women's Environment and Development Organisation, erwähnte die „Frauen, die in den Gemeinschaften so hart gekämpft haben, um überhaupt das Wenige, das sie haben, aufzubauen“. Wenn diesen Frauen das Wenige dann noch weggenommen würde, sei es bedauerlich, „wenn niemand Anstalten macht, sie dafür zu entschädigen.“

Sie sagte, dass Frauen mit am Tisch sitzen müssen, um Entscheidungen darüber zu fällen, wie die Auswirkungen des sie betreffenden Klimawandels bekämpft werden können.

„Wir haben die Programme ja gesehen.  Zum Beispiel, dass ein Land X soundso viele Millionen zur Finanzierung von Klimaprojekten erhalten hat. Wenn Sie dann in die Gemeinschaften gehen und fragen, ob dieses Geld erhalten wurde, werden Sie feststellen, dass diese Mittel bei Frauen gar nicht ankommen.“

„Deshalb fordern wir, dass in den Programmen zur Klimagerechtigkeit der Fokus auf die Geschlechtergleichstellung gelegt wird. Wenn es darum geht, auf die Klimakrise zu reagieren, ihr vorzubeugen und sie zu bewältigen, dann wollen wir, dass Frauen dabei im Mittelpunkt stehen."

 

 

 

Frauen werden nicht länger über die Klima-Ungerechtigkeit schweigen

Trotz Gesprächen über die Freigabe von zusätzlichen Finanzmitteln für Lösungen zum Klimaschutz beklagen sich Landwirtinnen, dass die Gelder nie bei ihnen ankommen, selbst wenn sie hören, dass sie freigegeben wurden.

Die fünfundsechzigjährige Lashe Dangara erklärte, sie brauche die Staats- und Regierungschef_innen auf der COP27 zur Verteidigung der Landwirte und Landwirtinnen, da ohne Nahrung schließlich niemand überleben könne.

„Wenn sie Geld für uns haben, sollten sie es nicht an die Vorsteher unserer Gemeinden geben. Sie können von Haus zu Haus gehen, um uns das Geld zu geben“, machte sie geltend. 

Priscilla Achakpa, Global Lead des Women Environmental Programme (WEP), erklärte, das sei einer der Gründe, warum sie zur COP27 gekommen sei, nämlich um afrikanische Frauen zu vertreten. Sie fügte hinzu, dass es für die Frauen an der Zeit sei, sich zu mobilisieren und dafür zu sorgen, dass Gelder, die für Frauen bestimmt sind, tatsächlich auch an der Basis ankommen. 

„Bei der Mittelzuweisung müssen wir transparent sein“, stellte sie fest.

„Warum werden Mittel für die Basisarbeit und für Maßnahmen von Frauenorganisationen zugewiesen und kommen dann nicht an? Wir müssen das laut herausschreien, damit die Leute es auch hören. Denn nur dann wird es bis zu den Gebern vordringen, dass diese Mittel an die Frauenorganisationen an der Basis gehen müssen, die ja zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels unglaubliche und innovative Projekte durchführen."

Auf der laufenden COP27 verpflichten sich die Staats- und Regierungschef_innen zur Umsetzung. Jetzt werden die getroffenen Entscheidungen darüber bestimmen, ob Frauen wie Mama Asibi und Laraba in der Lage sein werden, sich von dieser Katastrophe zu erholen.

 

Vivian Chime, Nigeria

Vivian ist eine nigerianische Journalistin mit Berufserfahrung in der Berichterstattung über den Klimawandel, globale Gesundheit und Entwicklung. Sie ist Absolventin der Fakultät für Massenkommunikation der Universität von Nigeria und arbeitet derzeit als Reporterin zum Klimawandel. Ihre große Leidenschaft gilt dem Journalismus aufgrund seiner wirkmächtigen Bedeutung bei der Schaffung einer besseren und funktionsfähigen Gesellschaft. Sie ist Stipendiatin von Maternal Figures und dem African Resilience Network. Mit ihren Reportagen erreichte sie zudem internationale Anerkennung, was sich u.a. im International Center for Journalists Global Health Crisis Reporting Award ausdrückte.


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