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Bei einer Podiumsdiskussion am 8.9.22 in der Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin wurde anlässlich der WM in Katar die aktuelle Lage der Gastarbeitenden und die angestrebten Reformen über die WM hinaus in den Blick genommen.
Die Lage der Menschenrechte in Katar wird seit der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2010 international in aufgeheizter Stimmung diskutiert. Forderungen nach einem Boykott halten bis heute an, internationale Medien berichten über miserable Arbeitsbedingungen von Gastarbeitenden, der Guardian sogar über Tausende von Toten in Verbindung mit den WM-Baustellen.
Am Abend des 8.9. lud die Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin zu einer Podiumsdiskussion ein, um die aktuelle Lage der Gastarbeitenden und die angestrebten Reformen über die WM hinaus in den Blick zu nehmen. Um die Diskussion nicht nur über Katar, sondern mit Katar zu führen, reiste der Generalsekretär des für die Austragung zuständigen Katarischen Supreme Committee Hassan Al-Thawadi an. Mit den kritischen Fragen der Moderatorin Marina Schweizer vom Deutschlandfunk konfrontiert betonte er, dass Katar sich um die Austragung der WM beworben habe um den Sport als Katalysator für positiven Wandel für Menschenrechte und Nachhaltigkeit zu nutzen. Dabei ginge es ihm jedoch nicht darum externen Erwartungen gerecht zu werden, sondern dem eigenen Wunsch Katars nach Wandel zu entsprechen.
Die seitens Katar angestoßenen Reformen zur Verbesserung der Rechte von GastarbeiterInnen werden von Katja Müller-Fahlbusch von Amnesty International zwar anerkannt; allerdings wurden diese erst Jahre nach der Vergabe angestoßen. Laut Dietmar Schäfers, der für die Bau- und Holzarbeiter Internationale seit vielen Jahren regelmäßig vor Ort unterwegs ist, entsprechen die Standards der WM Baustellen mittlerweile internationalen Kriterien und Arbeitsinspektionen werden durchgeführt. Die Umsetzung der Reformen gestaltet sich aber schwierig aufgrund erheblicher Wiederstände innerhalb der katarischen Unternehmer und Besitzenden. Trotzdem hat er ein „gutes Gefühl“ und blickt optimistisch in die Zukunft: Vereinbarungen mit dem katarischen Arbeitsministerium wurden bereits getroffen um die Umsetzung der Reformen weiter zu begleiten. Druck ist wichtig, so Schäfers, aber er rät zu Diplomatie, denn „draufhauen“ bewirke nur, dass die Reformverweigerer in Katar sich bestätigt fühlten.
Die ehemalige Nationaltrainerin der Fußballfrauen Katars (2013-2014) und aktuell Saudi-Arabiens, Monika Staab, ergänzte die Runde um ihre Erfahrungen vor Ort: sie berichtete, dass viele Frauen in Katar Fußball spielen wollten und konnten. Der Frauenfußball mache große Fortschritte in den Golfstaaten, auch hier spiegelt sich die gestiegene Anerkennung des Frauenfußballes weltweit wider.
„Sport bringt die Menschen zusammen“ betonte die sportpolitische Sprecherin der SPD Bundestagsfraktion Sabine Poschmann, dies sei der positive Aspekt der Vergabe an Katar: viel Aufmerksamkeit wurde seitdem gelenkt auf Katars Umgang mit Menschrechten. Die „Wahrheit ans Licht zu bringen“ sei wichtig, aber auch die Veränderungen zur Kenntnis zu nehmen.
Auf die Frage der Moderatorin wie wird es weitergehen wird nach der WM in dem Golfstaat, und ob eine „Vier-Wochen-Demokratie“ befürchtet werden müsse, fallen die Einschätzungen unterschiedlich aus. Die aktuellen Reformvorhaben in Kontext zu setzen sei wichtig, so Al-Thawadi, der Golfstaat sei noch jung, auch in anderen Ländern gäbe es Raum für Verbesserungen. Fahlbusch von Amnesty International forderte über die Umsetzung der Reformen hinaus ein Zentrum für Arbeitsmigrant*innen sowie Entschädigungszahlungen an Angehörige der verstorbenen Arbeiter*innen.
Fragen aus dem Publikum, unter anderem zum Umgang mit der LGBQTI Community, der Reform von Vergabekriterien der FIFA und der Doppelmoral in Bezug auf die angestrebten Energie-Importe aus Katar bereicherten die Debatte. Al-Thawadi betonte jeder sei willkommen und erhoffte sich durch die „One in a Lifetime Opportunity“ der WM am Golf, Vorurteile abzubauen durch Interaktionen vor Ort – in beide Richtungen. Laut Poschmann wurden bereits neue Richtlinien in die FIFA-Vergabe aufgenommen, die Menschenrechtliche und Nachhaltigkeitsgesichtspunkte beinhalten; allerdings sollte genauer hingeschaut werden, denn die Skandalisierung der Vergabe von sportlichen Grossevents beschränke sich derzeit in der Wahrnehmung auf die WM und Olympia. Auch eine integre Herangehensweise bezüglich in einer eventuellen Energiepartnerschaft mit Katar sei nötig. Auch Schäfers forderte hier eine konsequente Haltung.
Beck, Martin
Zur Debatte über soziale Menschenrechtsverletzungen im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2022 / Martin Beck. - La Marsa : Friedrich-Ebert-Stiftung, Regionalprojekt Gewerkschaftskoordination und Soziale Gerechtigkeit, August 2022. - 21 Seiten = 230 KB, PDF-File. - (Studie). - (Arbeit und soziale Gerechtigkeit)Electronic ed.: Tunis : FES, 2022
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