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Am 2. Dezember 2019 wurde in Berlin die Studie "Smart City in der sozialen Stadt - Menschen in den Mittelpunkt stellen" vorgestellt und diskutiert.
Smart City neu denken
„Was kann Digitalisierung leisten - für die Menschen, nicht für den Profit?“ Diese Frage muss ins Zentrum der Debatte, forderte Werner Faber vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Er gehört zum Autor_innenteam der Studie Smart City in der sozialen Stadt, die die Friedrich Ebert Stiftung am 2. Dezember in Berlin vorstellte. Entscheidend sei, welche Vorgaben es für die technischen Entwicklungen gibt, führte Faber aus und machte das am Beispiel Stauvermeidung deutlich: Geht es darum, dass Geräte einzelnen Autofahrern freie Fahrt verschaffen – oder soll das Gesamtsystem „runtergedimmt “ werden durch bessere Bedingungen für Fuß-, Fahrrad- und öffentlichen Verkehr? „Die Politik muss die Gestaltungskraft zurückgewinnen“, ergänzte Tilmann Heuser, Berliner Landesgeschäftsführer beim BUND. Bisher sehen sich viele Kommunen mit Smart-City-Angeboten großer Konzerne konfrontiert, die sie nicht beurteilen und schon gar nicht dem eigenen Bedarf entsprechend gestalten können.
„Das Konzept Smart City war zunächst ein neoliberales Konzept“, führte der DGB-Mann Martin Stuber aus. Um die neuen Techniken fürs Gemeinwesen nutzen zu können, brauche es qualifiziertes Personal in den Verwaltungen. Vor allem dafür müsse Geld ausgegeben werden – nicht in erster Linie für die Anschaffung neuer Gerätschaften. „Die Städte wissen am besten, was gebraucht wird – und dafür benötigen sie Personal und Finanzen“, bekräftigte der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Groß diese Position. Auch Lars Purkarthofer vom Paketdienstleister UPS wünscht sich für die Zusammenarbeit gut ausgebildetes, für Neuerungen offenes Personal in den Kommunalverwaltungen. „Was sie nicht gemessen haben, können sie nicht gestalten,“ beschreibt er die Schwierigkeiten, Mikrodepots in Innenstädten zu etablieren.
Dass eine fitte Kommunalverwaltung in Kooperation mit örtlichen Unternehmen und Bürger_innen viel für den eigenen Ort viel erreichen kann, belegt die 14.000-Einwohner-Gemeinde Wennigsen. In der digitalen Musterkommune südlich von Hannover fand nicht nur früh Bürgerbeteiligung statt mit gleichermaßen digitalen und analogen Zugängen. Gegenwärtig entsteht dort im ehemaligen Raiffeisenspeicher neben dem Bahnhof ein Coworking-space. „Wir wollen qualifizierte Menschen im Ort halten“, erläuterte Bürgermeister Christoph Meineke. Er sieht in der Digitalisierung vor allem neue Möglichkeiten: Kooperationen werden einfacher und die Ortsverwaltung wird von Routinearbeiten entlastet, was angesichts des demografischen Wandels wünschenswert sei.
Auch Elke Pahl Weber, Professorin am Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin, betonte die Chancen für die Stadtentwicklung. Gegenwärtig agierten Ressorts wie Umwelt, Verkehr, Wohnen, Soziales „als Silos“ fast unverbunden nebeneinander, was Planungen schwerfällig und uneffektiv macht. Um drängende Probleme wie den Klimawandel in den Griff zu bekommen und gute Bedingungen für die Bewohnerschaft zu schaffen, müssten gemeinsame Lösungen erarbeitet werden. Es gelte, die verschiedenen Politik- und Verwaltungsressorts, aber auch Bürger_innen und Unternehmen von Anfang an einzubinden. Aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge und Wechselwirkungen sei der Einsatz digitaler Instrumente unabdingbar. „Die jeweiligen Einflüsse aufeinander abzusehen kann der menschliche Geist nicht leisten,“ so Pahl-Weber.
Wer aber soll die Hoheit über die Daten haben? Gegenwärtig sammeln bei uns Google und Co ohne wesentliche Einschränkungen. In Singapur dagegen ist es der Staat. Seit den 1960er Jahren findet dort eine integrierte Stadtplanung statt: Bei der Entwicklung eines neuen Viertels werden alle Aspekte von Anfang an zusammen betrachtet; durch die Digitalisierung ist es immer einfacher geworden, Wechselwirkungen zu simulieren. „Dort sitzen hochqualifizierte, gut bezahlte Menschen in der Stadtverwaltung“, fasste Tilman Heuser eine Erkenntnis der Redaktionsgruppe zusammen. Pahl-Weber warnte vor den Risiken: Die NS-Zeit habe gezeigt, wie gefährlich es sei, wenn der Staat allein agieren könne. Sie plädierte dafür, den Kommunen zwar die Hoheit über die Daten zuzugestehen – aber deren Einsatz und Nutzung zu kontrollieren.
Menschen in den Mittelpunkt stellen / René Bormann, Antje Christmann, Werner Faber, Tine Fuchs, Michael Groß, Tilmann Heuser, Annette Jensen, Elke Pahl-Weber, Christiane Schönknecht, Martin Stuber, Petra Weis. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik, 2019. - 50 Seiten = 1,5 MB PDF-File. - (WISO-Diskurs ; 2019,11)Electronic ed.: Bonn : FES, 2019ISBN 978-3-96250-428-1
Zum Download (PDF) (1,5 MB PDF-File)
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