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Pandemie, Krieg, Klimakrise, Inflation – die Welt hat sich verändert, seit wir 2019 zum ersten Mal nach dem Vertrauen in Demokratie gefragt haben. Umso erfreulicher: Die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie ist trotz vielfältiger Krisen stabil und steigt sogar leicht. Das zeigen die Ergebnisse unserer aktuellen Studie, die im April 2023 erschienen ist.
Allerdings bleibt Anlass zur Sorge. Eine Mehrheit ist weiterhin unzufrieden. Die regionalen Unterschiede haben sich im Vergleich zu 2019 noch einmal verschärft, die Schere zwischen Ost und West hat sich weiter geöffnet. Und noch immer gibt es große Unterschiede in der Demokratiezufriedenheit je nach sozialer Lage. Menschen, denen es ökonomisch schlechter geht, sind wesentlich unzufriedener. Hier wird deutlich, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie in hohem Maße auch von gerechten Politikergebnissen abhängt. Eine gerechte Verteilungspolitik ist auch gute Demokratiepolitik.
Politische Probleme werden als (zu) komplex wahrgenommen, parallel dazu scheint sich eine Sehnsucht nach einfachen und vermeintlich sachlich-neutralen Antworten zu zeigen: Die Zustimmung zu Direkter Demokratie und Expert_innenregierung steigt. Für die repräsentative Demokratie heißt das, dass sie ihre Stärken – einen fairen Interessenausgleich und die Organisation von gesellschaftlichem Zusammenhalt – besser zur Geltung bringen und neue Wege der Beteiligung eröffnen muss.
Ein weiterer beunruhigender Befund: Verschwörungserzählungen verfangen zumindest in Teilen der Bevölkerung und finden gerade im rechten politischen Spektrum relativ hohe Zustimmung, was fast immer mit einer negativen Bewertung der Demokratie korreliert.
Die Demokratie in Deutschland ist robust, aber sie muss sich derzeit in außergewöhnlichen Krisenzeiten bewähren. Der Anspruch Sozialer Demokratie, gleiche Teilhabe für alle zu garantieren, in politischer und sozialer Hinsicht, bleibt aktuell, aktueller denn je.
Gesamte Studie 2023 herunterladen
Auf einen Blick - Kurzfassung 2023 herunterladen
Die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie bleibt trotz multipler Krisen stabil und steigt sogar leicht um 2 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019. Allerdings bleiben die Zufriedenheitswerte weiterhin knapp unter 50%.
Weiterhin gibt es große Unterschiede in der Demokratiezufriedenheit je nach sozialer Lage. Menschen, denen es ökonomisch schlechter geht, die niedrigere Bildungsabschlüsse haben oder sich der Unter- oder Arbeiterschicht zurechnen, sind deutlich unzufriedener.
Während die Zufriedenheit im Westen um 2,5 Prozentpunkte gestiegen ist, hat sie im Osten um 2 Prozentpunkte abgenommen.
In den alten Bundesländern ist nun gut die Hälfte (52%), in den neuen Bundesländern nur noch ein Drittel (34%) mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden.
Die zunehmende Komplexität der politischen Probleme stellt die Bürger_innen und die repräsentative Demokratie vor Herausforderungen. Mehr als drei von vier Befragten geben an, dass politische Probleme heute so kompliziert scheinen, dass sie schwer zu durchschauen sind. Gleichzeitig wünschen sich die Menschen mehr Beteiligungsmöglichkeiten.
Parallel dazu scheint die Sehnsucht nach Einfachheit und vermeintlich klaren Antworten anzusteigen. Der Anteil derjenigen, die politische Entscheidungen Expert_innen überlassen wollen oder auf Ja/Nein-Entscheidungen in Volksabstimmungen setzen, ist deutlich gestiegen. Paradoxerweise werden beiden Modelle gerade von denjenigen überproportional präferiert, die angeben, sich nicht für Politik zu interessieren.
Innovationen zur Erneuerung der repräsentativen Demokratie wie der Bürger_innenrat und der legislative Fußabdruck stoßen auf große Zustimmung. Aber auch die Vetoinitiative als Element direktdemokratischer Einflussnahme erhält Zuspruch.
Die Demokratiezufriedenheit hängt auch davon ab,ob die Politikergebnisse als gerecht empfunden werden. Fast immer sind diejenigen, denen es materiell gut geht, zufriedener und diejenigen, die finanziell unter Druck stehen, unzufriedener. Eine Politik, die auf mehr Verteilungsgerechtigkeit und sozialen Ausgleich setzt, kann auch das Vertrauen in die Demokratie wieder steigern. So spricht sich eine deutliche Mehrheit der Befragten beispielsweis für höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen aus.
Der Klimawandel und ein zunehmend feindseliges gesellschaftliches Klima sind die größten Sorgen der Menschen, gefolgt von Krieg und einem Verlust sozialer Sicherheit. Im Osten Deutschlands sorgen sich die Menschen stärker um die ökonomischen Entwicklungen und eine mögliche Kriegsgefahr.
Verschwörungserzählungen verfangen zumindest in Teilen der Bevölkerung. 54 % der Befragten stimmen mindestens einer der fünf abgefragten Verschwörungserzählungen zu, mehr als 1/3 zweien. Gerade im ganz rechten politischen Spektrum finden Verschwörungserzählungen relativ hohe Zustimmung, was fast immer mit einer negativen Bewertung der Demokratie korreliert.
Alina Fuchs und Jochen Dahm
Referat Demokratie, Gesellschaft und Innovation
+49(0)30 26935 7327alina.fuchs(at)fes.de
+49(0)228 883 7106jochen.dahm(at)fes.de
Johannes Damian
Stabsstelle Kommunikation
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Die Studie basiert auf einer repräsentativen Befragung von wahlberechtigten Deutschen ab 18 Jahren in Privathaushalten. Die Umfrage fand als mixed mode-Befragung statt (computergestützte Telefonumfrage – CATI plus Onlineumfrage). Für die telefonische Befragung wurden 60 Prozent Festnetz- und 40 Prozent Mobilfunknummern angerufen.
Die repräsentative Zufallsstichprobe umfasst 2.536 Befragte (1.658 Telefoninterviews und 878 Online-Interviews). Der Erhebungszeitraum lag vom 11. Juli bis 9. August 2022. Durchgeführt wurde die Befragung vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap unter Leitung von Roberto Heinrich und Nico Siegel.