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FES diskurs | Gerechte Preise für eine nachhaltige Zukunft

Vier Thesen für eine soziale und ökologische Reform der Mehrwertsteuer

Sie macht 31 Prozent der staatlichen Gesamteinnahmen aus und ist nach der Lohnsteuer die wichtigste Finanzierungsquelle des Staates. Wir bezahlen sie jeden Tag – egal ob an der Supermarktkasse oder im Restaurant. Die Rede ist von der Mehrwertsteuer.

Berüchtigt ist sie vor allem auf Grund einer Reihe von Ausnahmen, die oft befremdlich anmuten und keiner klaren Logik zu folgen scheinen. Frische Früchte, Smoothies, und Marmeladen werden beispielsweise mit 7 Prozent besteuern, auf Säfte wird der volle Steuersatz von 19 Prozent fällig. Schwarzer Kaffee-to-Go? 19 Prozent. Beim Latte Macchiato fallen hingegen nur 7 Prozent an.

Seit längerer Zeit schwelt daher eine Diskussion über eine grundlegende Reform des Mehrwertsteuersystems, die den Dschungels an Ausnahmen lichtet und das System der Mehrwertsteuer gleichermaßen an ökologischen und sozialen Kriterien ausrichtet.

Die neue EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie gibt Deutschland nun große Spielräume für eine solche Mehrwertsteuerreform. Dadurch gibt es ein Möglichkeitsfenster, Menschen bei ihren Grundbedarfen zu entlasten, zur Förderung von Nachhaltigkeit im privaten Konsum beizutragen und Zukunftsinvestitionen zu unterstützen.

Dieser FES diskurs des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beleuchtet den Status quo des deutschen Mehrwertsteuersystems und macht konkrete Vorschläge, an welchen fiskalischen, sozialen und ökologischen Leitplanken sich eine notwendig Modernisierung orientieren sollte.

 

Vier Thesen für eine soziale und ökologische Reform der Mehrwertsteuer
 

These 1: Es gibt wenig Appetit für ein komplexes Mehrwertsteuersystem

Ein Mehrwertsteuersystem mit vielen unterschiedlichen Sätzen wird als ineffizient und intransparent an­gesehen. Geringe Unterschiede zwischen Steuersätzen bieten kaum Signalwirkung und schaffen zusätzliche Komplexität. Vorschläge wie die steuerliche Befreiung bestimmter pflanzlicher Grundnahrungsmittel wurden hingegen positiv aufgenommen.

These 2: Ermäßigte Steuersätze für Grundbedarfe und Zukunftsinvestitionen nutzen

Ermäßigte Mehrwertsteuersätze sollten sich auf wesent­liche Güter des Grundbedarfs wie pflanzliche und gesunde Lebensmittel konzentrieren. Darüber hinaus könnten sie für private Investitionen in gesellschaftlich erwünschte Bereiche wie Gebäudedämmung oder kli­maneutrale Heizungen in Betracht gezogen werden, sofern diese Vorteile gegenüber anderen Förderinstru­menten bieten.

These 3: Verteilungswirkungen sind zentral für politische Mehrheitsfähigkeit

Ermäßigte Steuersätze sollten vor allem einkommens­schwachen Haushalten zugutekommen, die prozentual mehr für Grundbedarfe wie Lebensmittel und Energie ausgeben. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass einkommensstärkere Haushalte von steuerlichen Entlastungen, wie z. B. für pflanzliche Lebensmittel, überproportional profitieren. Steuererhöhungen auf Fleisch könnten sozial schwächere Gruppen belasten und die Akzeptanz der Reform gefährden.

These 4: Die Mehrwertsteuer sollte konsistent sein und mit anderen Instrumenten zusammen lenken

Die Mehrwertsteuer kann durch eine konsistente Gestaltung andere politische Ziele unterstützen, auch wenn ihre Lenkungswirkung im Vergleich zu anderen Instrumenten begrenzt ist. Sie sollte umweltfreundliche und sozial gerechte Entscheidungen fördern, vor allem im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen wie För­derprogrammen, Labels oder Informationskampagnen.

Bär, Holger; Steinmeyer, Luisa

Gerechte Preise für eine nachhaltige Zukunft

Vier Thesen zur Reform der Mehrwertsteuer
Berlin, 2024

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Über die Autor_innen

Holger Bär ist wissenschaftlicher Referent beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Er beschäftigt sich mit der Frage, welche Herausforderungen der Klimawandel, Natur- und Umweltschutz für die Umgestaltung der öffentlichen Finanzen bedeuten und wie eine nachhaltigere Steuer-, Subventions- und Haushaltspolitik gelingen können. Er schreibt Studien zu einzelnen Steuern und ökonomischen Instrumenten auf der Einnahmenseite, Analysen zu öffentlichen Ausgaben sowie Ansätzen für eine konsistentere Ausgestaltung von Finanz- und Umweltpolitik.

Luisa Steinmeyer war Praktikantin beim FÖS. Sie studiert im Master Umweltwissenschaften mit dem Schwerpunkt Wildtierökologie und Biodiversität an der Universität Freiburg.


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